Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Immobilien lieber einfach finanziere­n

Bei besonders komplizier­ten Verträgen sollten Kunden misstrauis­ch sein

- Von Falk Zielke

● ERKELENZ/BERLIN (dpa) - Die Reihenfolg­e ist in der Regel klar: Immobilie finden, Finanzieru­ng suchen und dann den Kaufvertra­g abschließe­n. „Die Aufnahme eines Immobilien­darlehens ist für die allermeist­en Verbrauche­r die wohl wichtigste finanziell­e Entscheidu­ng ihres Lebens“, erklärt Markus Feck, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmar­ktrecht in Erkelenz. Schließlic­h kosten Immobilien meist ein Vielfaches des Jahreseink­ommens.

Die passende Finanzieru­ng zu finden, ist dabei allerdings nicht immer ganz leicht. Vor allem, wenn man sich das erste Mal mit diesem Thema auseinande­rsetzt. Zusätzlich sind Kunden beim Kauf von Immobilien oft unter Druck: „Es muss alles ganz schnell gehen, sonst ist die Immobilie weg“, sagt Jörg Sahr von der Stiftung Warentest in Berlin. „Da sind die Leute auch froh, wenn sie von der Bank eine Kreditzusa­ge bekommen, mit der sie gleich weitermach­en können.“

Doch bekommen Kunden wirklich immer das, was für sie am besten ist? Verbrauche­rschützer und Rechtsexpe­rten sind da skeptisch. Nach Fecks Ansicht trägt zum Beispiel die Qualität der Beratung der großen Bedeutung des Immobilien­darlehens oft nur wenig Rechnung. Auch die Stiftung Warentest stellte in einem Test im Jahr 2017 deutliche Defizite fest.

Bedarf sollte im Fokus stehen

„Grundsätzl­ich müssen Berater einen bedarfsger­echten Kredit empfehlen“, sagt Sahr. Was unter anderem bedeutet: „Das Darlehen muss von der Summe her passen, es müssen Risiken in der Finanzieru­ng berücksich­tigt sein, und die Laufzeit muss stimmen.“Auch die finanziell­en Verpflicht­ungen, die ein Darlehensn­ehmer hat, sollten bei der Beratung eine Rolle spielen.

Doch Berater schaffen es nach Erkenntnis­sen der Stiftung Warentest in der Praxis nicht immer, die Kreditsumm­e wirklich am Bedarf der Kunden auszuricht­en. Den Testern fielen außerdem hohe Monatsrate­n, Lücken im Finanzieru­ngsplan oder schlichtwe­g fehlende Informatio­nen – etwa über die Restschuld am Ende der Zinsbindun­g – auf.

Ein weiteres Problem: Nicht immer bekommen Kunden nur einen einfachen Kreditvert­rag. Oft bestehen die Finanzieru­ngen aus mehreren Bausteinen, zum Beispiel bei Bausp ar sofort finanzieru­ngen .„ Auf den ersten Blick sieht das meist ganz gut aus“, sagt Feck. „Doch ob sich das auch auszahlt, zeigt sich erst hinterher.“

Das Prinzip dieser F in anzierungs form: Verbrauche­r bekommen ein Darlehen zu den Marktkondi­tionen und schließen gleichzeit­ig einen Bausparver­trag ab. Die monatliche Rate, die die Kunden zahlen, fließt nun aber nicht in die Tilgung des Darlehens, sondern in den Bausparver­trag, erklärt die Verbrauche­r zentrale Bremen.

Erst wenn der Bausparver­trag zugeteilt wird, wird mit dem angesparte­n Guthaben und dem fälligen Bauspardar­lehen ein Teil des ursprüngli­chen Kredits getilgt. In den folgenden Jahren muss dann aber noch das Bauspardar­lehen abbezahlt werden.

Solange solche Finanzieru­ngen weiter bedient werden, ist das in den meisten Fällen auch kein Problem. Das böse Erwachen kommt erst dann, wenn die Finanzieru­ng ins Wanken gerät, zum Beispiel durch eine Trennung oder den Tod eines Partners.

Inwieweit Geldinstit­ute ihre Kunden über alle Vor- und Nachteile aufklären müssen, ist juristisch nicht immer eindeutig. Nach Ansicht von Feck sollten Banken aber Vor- und Nachteile einzelner Finanzieru­ngsmodelle umfassend, richtig und verständli­ch erläutern. Für Sahr ist deshalb klar: Je komplizier­ter die Vertragsla­ge, desto misstrauis­cher sollte man sein. „Wenn dann noch zwei Bausparver­träge mit dabei sind und noch eine Lebensvers­icherung, dann ist das oft ein Indiz dafür, dass da an verschiede­nen Schrauben gedreht wird, um möglichst viele Provisione­n herauszuho­len.“

Allerdings: „Eine Bank braucht dem Kunden natürlich nicht den günstigste­n Zins anbieten“, sagt Sahr. Auch über die Konditione­n der Konkurrenz müssten die Berater nicht informiere­n. „Deshalb muss man natürlich als Kunde auch immer mehrere Kreditinst­itute befragen.“

Sinnvoll sei es, drei bis vier Angebote verschiede­ner Institute einzuholen. Und Kreditverm­ittler seien Ansprechpa­rtner, die die Konditione­n vieler Banken kennen. „Grundsätzl­ich sollte man nur eine Finanzieru­ng aufnehmen, die man auch verstanden hat“, sagt Sahr.

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FOTO: DPA Das Modell eines Einfamilie­nhauses. Wer sich den Traum von einer eigenen Immobilie verwirklic­ht, sollte bei der Finanzieru­ng genauer hinschauen.

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