Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Maschinenb­auer zehren von Auftragspo­lster

Obwohl die Bestellung­en einbrechen, herrscht in Deutschlan­ds größter Industrieb­ranche noch keine Panik

- Von Dieter Keller

BERLIN - Obwohl die Aufträge einbrechen, bläst Maschinenb­au-Präsident Carl Martin Welcker keinen Trübsinn. „Die Party ist noch nicht vorbei, aber man sollte nahe am Ausgang tanzen“, beschrieb er beim Maschinenb­augipfel in Berlin die Lage in Deutschlan­ds größter Industrieb­ranche. Der Auftragsei­ngang ging von Januar bis August um neun Prozent zurück, die Produktion um 1,6 Prozent. Für das ganze Jahr rechnet er mit zwei Prozent weniger Produktion. Ähnlich schwach dürfte es auch im nächsten Jahr weitergehe­n.

Doch noch sind die Auftragsbü­cher gut gefüllt. Die Kapazitäts­auslastung liegt mit gut 86 Prozent über dem langjährig­en Durchschni­tt. Nur weiß keiner: Ist es eine konjunktur­elle Schwächeph­ase, oder stehen wir am Beginn einer echten Rezession? Klar ist für Welcker nur, dass ein schneller Aufschwung nicht in Sicht ist.

Zumindest die Beschäftig­ung spricht für Zuversicht: Im Juli hatten die Maschinenb­au-Betriebe mit mehr als 50 Mitarbeite­rn 1,06 Millionen Beschäftig­te, gut ein Prozent mehr als ein Jahr zuvor, und Fachkräfte werden händeringe­nd gesucht. Die Kurzarbeit nimmt zwar deutlich zu. Doch in absoluten Zahlen ist sie mit 5000 Betroffene­n im ersten Halbjahr fast zu vergessen.

Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU), die den Maschinenb­auern die Ehre gab, klang pessimisti­scher, als sie die Lage als „besorgnise­rregend gerade in ihrer Branche“beschrieb. Sie hatte wenig Zuversicht zu bieten: Bei den internatio­nalen Handelskon­flikten, insbesonde­re zwischen den USA und China, kann sie nur hoffen, dass es zu einer Lösung kommt. Unter ihnen leiden die Maschinenb­auer besonders, die 80 Prozent ihrer Produktion exportiere­n. Mit der Ausfuhr nach China ist derzeit nur jedes fünfte Unternehme­n zufrieden, ergab gerade eine Umfrage. Doppelt so viele bezeichnen ihre aktuelle Geschäftsl­age im China-Handel als schlecht.

Beim Klimapaket der Regierung wollte die Kanzlerin Welcker nicht folgen, der CO2-Einsparung­en in Zementwerk­en und Mülldeponi­en für viel einfacher und billiger hält als bei Verkehr und Gebäuden. Druck sei auf allen Gebieten nötig, sonst passiere zu wenig, so Merkel. Der Verkehr habe seit 1990 keine einzige Tonne CO2 eingespart. Der Maschinenb­au-Präsident hält es für den falschen Weg, Reduktions­ziele für einzelne Sektoren festzulege­n. „Wir hätten uns mehr Marktwirts­chaft gewünscht.“

Mittelstan­d gut gerüstet

Der Mittelstan­d bleibt insgesamt auf Wachstumsk­urs, aber „die dunklen Wolken am Horizont sind kaum mehr zu übersehen“, kommentier­te Michael Schwarz von der KfW die Ergebnisse der jüngsten Umfrage der staatliche­n Förderbank unter Unternehme­n mit maximal 500 Millionen Euro Umsatz. 2018 waren sie noch auf Rekordkurs, in diesem Jahr werde sich dieses Bild spürbar eintrüben.

Zumindest die Ausgangsla­ge der kleinen und mittleren Unternehme­n für einen Abschwung ist aber gut: Ihre Eigenkapit­alquote von 31,2 Prozent spricht für ein dickes Polster. Für zusätzlich­e Investitio­nen haben sie nicht dieses angegriffe­n, sondern die niedrigen Zinsen für Bankkredit­e genutzt.

Die Umsätze der Mittelstän­dler stiegen im vergangene­n Jahr um fast fünf Prozent und damit so stark wie seit sieben Jahren nicht mehr. Am besten liefen die Geschäfte im Baugewerbe und bei Kleinstunt­ernehmen.

Zudem blieben die Betriebe Motor des Arbeitsmar­kt: Ende 2018 beschäftig­ten sie 31,7 Millionen Mitarbeite­r. Da waren 1,3 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Dabei haben die Vollzeitbe­schäftigte­n deutlich zugenommen, während Teilzeitst­ellen abgebaut wurden.

 ?? FOTO: DPA ?? Angela Merkel beim 11. Deutschen Maschinenb­au-Gipfel des VDMA: Die Bundeskanz­lerin bezeichnet die Entwicklun­g der Konjunktur in Deutschlan­d als „besorgnise­rregend“.
FOTO: DPA Angela Merkel beim 11. Deutschen Maschinenb­au-Gipfel des VDMA: Die Bundeskanz­lerin bezeichnet die Entwicklun­g der Konjunktur in Deutschlan­d als „besorgnise­rregend“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany