Schwere Geräte am Schmiechener See
Für den Artenschutz schneiden aktuell Spezialmaschinen Gehölze aus dem Schmiechener See
SCHMIECHEN (sz) - Spezialmaschinen arbeiten derzeit am Schmiechener See. Der Artenschutz soll so verbessert werden.
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SCHMIECHEN - Das Vorhaben klingt paradox: Schwere Spezialmaschinen rollen derzeit auf den Flächen des Naturschutzgebietes Schmiechener See und schneiden kiloweise Gehölz aus dem sensiblen Areal – für den Artenschutz, wie Gebietsreferent Sven Jeßberger vom Regierungspräsidium Tübingen (RP) erklärt: „Der Schmiechener See ist eine Schatzkammer des Artenschutzes und deswegen werden Seggenbestände, Röhrichte und Kleingewässer von Gehölzen befreit. Damit werden Lebensräume für landesweit hochgradig gefährdete Arten entwickelt.“Auch Besucher, die rund um den See spazieren, profitieren von der Maßnahme, die rund 90 000 Euro kostet: Der Ausblick auf den eigentlichen See wächst.
Ziel der „größten Maßnahme“seit Jahren sei es, die Brutbedingungen für Wasservögel wie die bedrohte Krick- und Knäkente und Zwergtaucher in den dann gehölzfreien Uferbereichen der Tümpel zu verbessern. „Jetzt sieht es vielleicht noch etwas wüst aus, aber schon in einem Jahr wird hier alles wieder grün sein“, sagt Jeßberger bei einer Tour rund um den See. Auch der Laubfrosch, der hier die größte Population im ganzen Alb-Donau-Kreis hat, werde so noch mehr geschützt.
Möglich macht den Einsatz der schweren Geräte der niedrige Wasserpegel. Fällt viel Regen – etwa wie im Frühjahr 2018 – wächst das 50 Hektar große Feuchtgebiet auf 70 Hektar an. Bearbeitet werden aktuell rund drei Hektar – 2,5 Hektar davon sind Feuchtgebüsche, ein halber Hektar Röhrichte.
Die auf Landschaftspflege in nassem Terrain spezialisierte Firma R.-P. Meyer-Luhdorf aus Winsen an der Luhe (Niedersachsen) schickt dafür eigens angefertigte Maschinen ins Naturschutzgebiet. Deren Besonderheit: Während der Bodendruck eines Menschen bei rund 190 Gramm pro Quadratzentimeter liegt, kommen die Maschinen trotz hohem Eigengewicht auf lediglich 88 bis 120 Gramm pro Quadratzentimeter. Verantwortlich dafür sind sehr breite Ketten – aus diesem Grund können die Maschinen bei niedrigem Wasserpegel das Gebiet überhaupt befahren. „Das zudem höhere Fahrwerk dient auch dazu, dass sie nicht stecken bleiben, sollten sie etwas absacken“, erklärt Jeßberger. Im Einsatz sind die beiden erfahrenen Mitarbeiter des norddeutschen Unternehmens, Patrick Jacob und Jan Biermann.
Zwölf Teilflächen wurden seit 8. Oktober bis zum Mittwoch dieser Woche bearbeitet, sprich kleine Gehölze und sogenannte Bulte – die für solche Feuchtgebiete typisch bewachsenen Bodenerhebungen – der Sauergrasart Steife Segge werden abgesägt und in einem zweiten Schritt mit einem Forstmulcher noch weiter gestutzt. Selbst die Rillen, die die Geräte auf dem Boden hinterlassen, seien kein Nachteil der Maßnahme: „Hier fühlen sich sogenannten Schlammling-Gesellschaften wohl, weil die Oberfläche unterschiedlich stark feucht ist“, sagt Jeßberger.
Werde nichts von den Gehölzen entfernt, schreite der Bewuchs so stark voran, dass es „irgendwann einen Sumpfwald anstelle des Schmiechener Sees gibt“, sagt Jeßberger, der die Eingriffe der vergangenen Jahre selbst mitverfolgt hat. „Mit den Maßnahmen eifern wir historischen Nutzungsformen nach“, erklärt er.
Noch bis zum Zweiten Weltkrieg nämlich wurde das Gras von den Flächen rund um den See mit Hand und Pferden gestutzt und anschließend an die gehaltenen Tiere gefüttert. Das Material, das jetzt dem Gebiet entnommen wurde, wird noch vor Ort zu Hackschnitzeln verarbeitet und weiterverkauft. Die Wasserbüffel, die zwischen Mai und Oktober am Schmiechener See zu sehen sind, tragen ebenfalls dazu bei, die Verbuschung zurückzudrängen. Nach dem Schmiechener See warten schon die nächsten Landschaftspflegemaßnahmen des RP: Weiter geht es am Arnegger Ried und dann im Osterried bei Laupheim. Die Pflegemaßnahmen erfolgen im Rahmen des „Sonderprogramms zur Stärkung der biologischen Vielfalt“, das die Landesregierung Ende 2017 aufgelegt hat.