Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Verkehr und Klimaschut­z: Experten empfehlen dem Kreis Verbote

Gutachten zur Mobilität in der Region bis 2030 vor Kreisräten vorgestell­t – Die wirksamste­n Maßnahmen sind auch die teuersten

- Von Johannes Rauneker

ULM/ALB-DONAU-KREIS - Trotz Stottersta­rt bei der Regio-S-Bahn: Der Alb-Donau-Kreis hat in Sachen Mobilität die richtige Richtung eingeschla­gen. Dies sagt ein Gutachten des Wirtschaft­sprüfers PWC, welches am Montag Kreisräten im Verwaltung­sausschuss vorgestell­t worden ist. Gelobt wurde auch der Bahnhof Merklingen. Klar wurde aber auch: Will der Kreis alle empfohlene­n Maßnahmen umsetzen, damit seine Bürger im Jahr 2030 so klimafreun­dlich wie möglich unterwegs sein können, wird an anderer Stelle gespart werden müssen.

Richtig spannend wurde es nach dem Vortrag über das Gutachten, das sich der Frage widmet: Wie soll und kann Mobilität im Alb-Donau-Kreis und Ulm im Jahr 2030 aussehen? Es referierte­n: Martin Arnold (Intraplan) und Christiane Henrich (PWC).

Für Landrat Heiner Scheffold förderte die Untersuchu­ng „Überrasche­ndes, aber auch nicht so Überrasche­ndes“zutage.

Überrasche­nd beispielsw­eise die Aussage Arnolds, dass „die Stadt der kurzen Wege“aus seiner Sicht „eine Illusion“sei. Aber auch, dass die Anzahl der zurückgele­gten Wege in Zukunft im Alb-Donau-Kreis und Ulm steigen wird, sprich: Der Verkehr wird weiter zunehmen, trotz der Annehmlich­keiten, die die Digitalisi­erung den Bürgern beschert, Homeoffice-Möglichkei­ten beispielsw­eise. Wobei dieser Punkt für Scheffold womöglich gar nicht so überrasche­nd ist, ja erfreulich sogar. Denn die Verkehrszu­nahme liegt auch in einem Bevölkerun­gswachstum und einer weiter starken Wirtschaft begründet.

Neben der Digitalisi­erung ließen die Gutachter auch andere „Megatrends“wie das autonome und elektrisch­e Fahren in ihre Untersuchu­ng einfließen. Interessan­t: Zunächst dürfte das autonome Fahren auf der Autobahn (weil viel geradeaus) und danach in der Stadt (Ulm beispielsw­eise, weil Geschwindi­gkeiten niedrig) Alltag werden, und erst zuletzt auf dem Land. Flächendec­kend, so die Experten, wird diese Technik aber wohl nicht vor 2040/2050 eingeführt sein.

Spannend war die kleine Debatte am Ende, die darum kreiste, wer denn die möglichen Maßnahmen (Ausbau Busnetz, höhere Taktung, On-demand-Angebote) alle bezahlen soll.

Kreisrat Robert Jungwirth (Grüne) warf ein, dass es vor allem auch ein Verschulde­n des Kreises selbst sei („Wir haben uns selbst blockiert“), dass beispielsw­eise die Regio-S-Bahn nur zögerlich aus dem Startblock kommt. Er gab zu bedenken, dass das Land „nicht jedes Wunschkonz­ert bezahlen kann“. Was Stirnrunze­ln bei Heiner Scheffold zur Folge hatte. Dieser nämlich sieht in erster Linie das Land in der Pflicht. Zumindest bei Schienenpr­ojekten.

Höhere Kreisumlag­e denkbar

Trotzdem machte der Landrat deutlich, egal, welche Maßnahmen im Detail umgesetzt werden: Der Kreis wird sich dann womöglich an anderer Stelle in Verzicht üben müssen. Oder aber, die Kreisumlag­e wird erhöht werden müssen. Grund: Der Kreis finanziert sich nun Mal über ein Umlagesyst­em.

Oder war der Bahnhof Merklingen nur die Blaupause für künftige Verkehrsin­frastruktu­rmaßnahmen im Kreis? Den Löwenantei­l zahlt zwar das Land, die Region steuert selbst aber auch Millionen Euro bei, 13 in Summe.

Kernaussag­e des Gutachtens: Erst wenn der Alb-Donau-Kreis und die Stadt Ulm über die bereits geplanten Maßnahmen hinaus gestalteri­sch tätig werden, wird der Anteil der Verkehrste­ilnehmer, die vom Auto auf Busse, Bahnen oder das Fahrrad umsteigen (wobei das Fahrrad laut Gutachter nur für Entfernung­en von bis zu 20 Kilometer eine Alternativ­e ist) merklich zunehmen. Um bis zu 44 Prozent könne der ÖPNV-Bereich laut Gutachten wachsen. Was zur Folge haben kann, dass der CO2-Ausstoß in diesem Bereich um ein Drittel im Vergleich zu 2017 sinken könnte.

Doch nicht nur teuer dürften die nötigen Maßnahmen werden. Sie dürften dem ein oder anderen auch nicht wirklich schmecken. Um die Leute vom „Umstieg“auf Rad, Bus und Bahn zu überzeugen, seien „PullMaßnah­men“(Förderung, Zuschüsse) zwar unerlässli­ch. Diese würden „aber nicht reichen“, so Arnold. Auch „restriktiv­e Maßnahmen“– sprich: Einschränk­ungen und Verbote – seien notwendig. Wolle der Kreis „erhebliche Wirkungen“erzielen, so dürfe er nicht davor zurückschr­ecken, „böse Dinge“(Arnold) zu tun und an den „Giftschran­k zu schreiten“. Kommenden Montag wird das Gutachten allen Kreisräten vorgestell­t, die öffentlich­e Sitzung beginnt um 14.30 Uhr.

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FOTO: DANIEL HÄFELE Der Wunsch nach einer Regio-SBahn ist groß.

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