Merkel und Pompeo einig
Kanzlerin und US-Außenminister betonen Freundschaft
BERLIN (AFP) - Harmonisch verlief der Besuch von US-Außenminister Mike Pompeo am Freitag in Berlin. Angesichts der weltweiten Krisen beschworen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Pompeo die deutsch-amerikanische Zusammenarbeit. „Wir sind weiter Alliierte und Partner“, sagte Merkel und betonte, Deutschland wolle eine „aktive Rolle spielen“, um Probleme in der Welt zu lösen. Der US-Außenminister würdigte Merkel als „große Freundin der
USA“. Deutschland sei ein „enorm wichtiger Partner“. Beide Länder stünden vor großen Herausforderungen. Sie arbeiteten zusammen, um „nicht nur in autoritären Regimen in Europa, sondern in der ganzen Welt“Millionen Menschen aus schwierigen Situationen zu helfen.
Noch im Mai hatte Pompeo einen geplanten Berlin-Besuch kurzfristig abgesagt. Das Verhältnis von Merkel zu US-Präsident Donald Trump gilt als eher angespannt.
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BERLIN - Letztes Mal kam er gar nicht, diesmal kommt Mike Pompeo sogar zu früh. Eine Viertelstunde vor der Zeit, was nach den dicht getakteten internationalen Besuchsgepflogenheiten eine Ewigkeit ist, rauscht die Wagenkolonne des US-Außenministers auf den Hof des Berliner Bendler Blocks. Doch Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), ihre Delegation und die Presse stehen auf die Minute bereit, als Pompeo aus seinem gepanzerten Fahrzeug klettert. Händeschütteln für die Kameras, dann flüstert Kramp-Karrenbauer: „We have to work“(„Wir müssen arbeiten“), und die beiden verschwinden zusammen mit engsten Mitarbeitern und Übersetzern in einem Besprechungszimmer.
Zu bereden gibt es genug. Da ist zum Beispiel Kramp-Karrenbauers Idee einer Schutzzone für Nordsyrien, die sie gern als Erfolg präsentieren möchte. Die USA hatten sich da zuletzt abwartend gezeigt. Und auch im Inland, beim Koalitionspartner SPD, war sie damit auf taube Ohren gestoßen. „Die Sache ist tot“, heißt es dort. „Wenn Außenminister Heiko Maas von Journalisten nicht dauernd dazu gefragt würde, dann wäre sie schon längst vergessen.“
Doch die atmosphärischen Störungen zwischen den USA und Europa reichen weiter als zu internen Koalitions-Kabbeleien. Erst am Donnerstag hatte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron die Nato als
„hirntot“bezeichnet und zielte damit unter anderem auf die Alleingänge der Führungsmacht USA. Er stellte die Frage, ob die Nato noch die Verteidigung des Kontinents übernehmen könne oder ob das nicht besser die Europäer selber übernehmen sollten. Eine Herausforderung für den US-Außenminister.
Pompeo appelliert an Europäer
Pompeo geht darauf nicht direkt ein. Vielleicht ist er aber gerade deshalb gegenüber den Deutschen so versöhnlich, als er am Freitag vor der Körber-Stiftung in Berlin spricht. In seiner Rede zum 30. Jahrestag des Mauerfalls ruft er die Europäer zur Mitwirkung auf, um sich gegen das „Schreckgespenst des Autoritarismus“zu stellen, das in Form von China
und Russland um sich greife. Russland marschiere in Nachbarstaaten ein und bringe politische Gegner um, in der Ostukraine und auf der Krim würden oppositionelle Krimtataren und Ukrainer unterdrückt. In Tschetschenien verschwänden unerwünschte Personen. China überwache seine Bevölkerung und bedrohe mit seinen Stützpunkten im Südchinesischen Meer die Hoheit der Nachbarländer und überwache Aktivisten in Hongkong. Und Iran müsse man mit Druck dazu zwingen, „sich wie ein normales Land zu verhalten“.
Um die Errungenschaften der Demokratie zu retten, müsse man zusammenarbeiten, betont Pompeo. „Wir müssen anerkennen, dass die Freiheit niemals garantiert ist.“Das sei der Grund, warum die USA Druck machten, „damit Deutschland nicht abhängig von russischer Energie wird“und warum man die Nato-Partner um mehr Beiträge bitte. Er warnt vor dem Einfluss der Kommunistischen Partei Chinas durch den Kauf sensibler Technologiefirmen und ihr Vorhaben, die künftigen Netzwerke der Welt aufzubauen.
Am Nachmittag folgt dann Pompeos hochrangigster Termin: bei der Bundeskanzlerin. Von der Sky Lobby des Kanzleramts geht die Sicht weit über Berlin, rüber zum Reichstag im Osten und zum herbstlichen Tiergarten im Westen. Und ziemlich weit lassen auch Merkel und Pompeo ihre Blicke schweifen bei ihren Statements vor Beginn des Treffens. Während die Körpersprache der beiden doch sehr verhalten ist – Blicke, Lächeln und Gesten werden äußerst sparsam eingesetzt –, ist ihren Worten das Bemühen um Wertschätzung und Verbindlichkeit anzumerken.
Merkel berichtet, sie habe in Leipzig – wo Pompeo gerade am Tag zuvor noch mit seinem deutschen Amtskollegen Heiko Maas unterwegs war – Physik studiert, der US-Außenminister nennt seinen Besuch zum historischen Zeitpunkt ein „unglaubliches Privileg“, Merkel eine „großartige Freundin“und Deutschland einen „enorm wichtigen Partner“.
Doch all das täuscht nicht darüber hinweg, dass Bundeskanzlerin und US-Minister sich zumindest vor der Presse nichts Substanzielles zu sagen haben. Merkel listet Gesprächsthemen auf; Afghanistan, Ukraine, Russland und Syrien sind darunter, aber konkreter wird es nicht.