Nachzügler
Die Frage, ob Michael Bloomberg seinen Hut in den Ring wirft, gehört zu den Pflichtübungen amerikanischer Präsidentschaftswahlen, so obligatorisch wie der Konfettiregen nach vollzogener Kandidatenkür. Bereits 2008 spielte der New Yorker Unternehmer mit dem Gedanken, an den Start zu gehen, damals im Feld der Republikaner. Seitdem brodelt es alle vier Jahre in der Gerüchteküche. Diesmal allerdings scheint er es ernst zu meinen. Einer seiner engsten Vertrauten fasst die Ambitionen in Sätze, die zumindest suggerieren, dass es demnächst konkret wird.
Man müsse sicherstellen, dass Donald Trump 2020 besiegt werde, sagt Howard Wolfson, de facto der Sprecher des Magnaten. Bloomberg mache sich zunehmend Sorgen, dass das Kandidatenaufgebot der Demokraten „nicht gut positioniert“sei, um es zu schaffen. „Mike wäre in der Lage, in den Kampf gegen Trump zu ziehen und ihn zu gewinnen.“Spätestens am Super Tuesday Anfang März, wenn in 14 Bundesstaaten zugleich Vorwahlen stattfinden, deutete der Berater an, dürfte Bloomberg mit von der Partie sein.
Der Vorstoß kommt überraschend, weil der 77-Jährige noch im März seinen Verzicht erklärt hatte. In Joe Biden, dem Vizepräsidenten der Ära Barack Obamas, sah er den haushohen Favoriten. Mit der Zeit aber sind die Schwächen des vermeintlichen Spitzenmannes immer deutlicher hervorgetreten. Davon profitiert Elizabeth Warren, die Senatorin aus Massachusetts, die eine Vermögenssteuer fordert und private Krankenversicherungen durch ein steuerfinanziertes Gesundheitssystem ersetzen möchte. Was Zentristen wie Bloomberg fürchten lässt, die Demokraten könnten sich so weit nach links bewegen, dass sie das Finale verlieren. Gegen einen Mann, den er in den Worten seines Sprechers für eine „nie da gewesene Gefahr für unsere Nation“hält. Frank Herrmann