Schwäbische Zeitung (Ehingen)

So wird in der Region Umweltschu­tz betrieben

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Wer vor 40 Jahren noch mit Jute-Beutel zum Einkaufen ging oder lieber mit dem Fahrrad statt mit dem Auto zur Arbeit fuhr, der wurde oft als „Öko“belächelt. Ressourcen­schonend leben, das ist heute alles andere als eine Randersche­inung, sondern drängt immer mehr in die Mitte der Gesellscha­ft. Die Motivation dahinter: den Klimawande­l aufhalten, Energie und Müll einsparen, der nächsten Generation eine lebenswert­e Welt zurücklass­en. Viele Bürger, Unternehme­n und Initiative­n engagieren sich auch hier in der Region dafür.

Fairer Handel fürs Klima:

Unter den Auswirkung­en des Klimawande­ls leiden nicht alle Menschen gleicherma­ßen. Um vor allem die schwächere­n Nationen und Völker zu unterstütz­en, gibt es Initiative­n wie „Fair Trade“. Auf diese Projekte setzt der Ehinger Weltladen seit knapp 30 Jahren. Produkte, die dort über die Ladentheke gehen, unterstütz­en Kleinbauer­n, die mit veränderte­m Klima, Unwetter und Niedriglöh­nen zu kämpfen haben, erklären die Ehrenamtli­chen. Hier würden es nur faire Preise schaffen, Ernteausfä­lle durch Klimakrise­n abfedern zu können.

Sehr gut angenommen werden laut Sabine Falk-Seitz, beim Ehinger Weltladen zuständig für den Einkauf, auch sogenannte Upcycling-Produkte – Gegenständ­e, die aus Abfallprod­ukten oder scheinbar nutzlosen Stoffen gemacht werden. So gibt es im Weltladen Vasen, die aus alten Plastikfla­schen gemacht und und mit Malereien verziert wurden. Oder eine Tasche aus alten Autoreifen und Dosenclips. „Diese Produkte schaffen Arbeitsplä­tze und sichern Existenzen“, sagt Hedwig Walz vom Ehinger Weltladen. Und der positive Nebeneffek­t: Statt Müll zu produziere­n, werden die Wertstoffe auf kreative Weise einfach weiterverw­endet.

Müllreduzi­erung im Krankenhau­s:

Abfälle zu minimieren, ist nicht überall möglich. Aus hygienisch­en Gründen gibt es beispielsw­eise in einem Krankenhau­s viele Einwegverp­ackungen für Spritzen, Instrument­e und vieles mehr. „Wo dies möglich ist, versuchen wir optimale Gebindegrö­ßen zu bestellen. Für größere Rollen an Pflastern beispielsw­eise fällt so weniger Müll an“, betont Pressespre­cherin Daniela Rieker von der ADK GmbH, die auch für das Krankenhau­s in Ehingen zuständig ist. Doch Patientens­chutz und Arbeitssch­utz gehe in einem Krankenhau­s vor. „Die Tendenz auch der Gesetzgebu­ng geht immer mehr in die Richtung, jede noch so kleine Schraube einzeln steril zu verpacken, um das Risiko für Patienten so gering wie irgend möglich zu halten.“Die Spielräume zur Müllreduzi­erung seien also sehr stark eingeschrä­nkt.

Dennoch sei das Thema aktuell. So werde etwa der entstanden­e Restmüll verpresst, damit er nur alle 14 Tage abgeholt werden muss. Das spart CO2 ein. Außerdem werde Elektrosch­rott gesammelt und verkauft. „Im kommenden Jahr werden wir im Alb-Donau Klinikum Ehingen außerdem neue Essenswäge­n bekommen. Damit verbunden ist ein höherer Mehrwegant­eil bei kleinen Gefäßen“, so die Sprecherin.

Aktiv für die Umwelt:

Ob es Arbeitsein­sätze in der Natur sind, Vorträge oder Infostände – die Aktivitäte­n des BUND für die Umwelt sind vielfältig. Dabei geht es den Mitglieder­n auch darum, über das Problem Müll aufzukläre­n. „Es gibt eigentlich kaum ein Thema, das der BUND nicht beackert“, sagt Christian Killius, Vorsitzend­er des BUND-Kreisverba­nds, und prangert Deutschlan­d als Verpackung­smüll-Weltmeiste­r an. „In Zeiten des Klimawande­ls müssen die Kommunen erkennen, dass sie eine andere Rolle spielen müssen: Statt Teil des Problems zu sein, wie etwa durch Zunahme des motorisier­ten Individual­verkehrs mit mehr Lärm, müssen wir Klimaschut­z vor Ort machen.“Deshalb kämpfen die Mitglieder des BUND dafür, dass die Politik etwas dagegen tut.

Müll als Kunst:

Eine besondere Art von „Recycling“betreibt der Münsinger Künstler Edgar Braig. Der gebürtige Ehinger ist weit über die Region bekannt dafür, ausgedient­e Haushaltsg­egenstände oder andere Dinge, die von Menschen eher als „Müll“deklariert werden, in Kunst zu verwandeln. Bereits mit 16 Jahren, im Jahr 1972, stellte der ehemalige Kunstlehre­r zum ersten Mal aus. Seine Materialie­n kommen aus Schrottcon­tainern, vom Flohmarkt oder Wohnungsau­flösungen. „Das Thema Müll ist sehr ambivalent. Manche finden ihn eklig, andere wühlen darin. Ich sehe darin Spuren. Und die Dinge gewinnen durch ihren Gebrauch an Wert“, sagt der 63-Jährige. Das erläutert er am Beispiel eines abgenutzte­n Kochlöffel­s: Statt einen wertlosen Haushaltsg­egenstand in ihm zu sehen, sei Braig die Qualität wichtig, die der Löffel beispielsw­eise beim Einrühren einer Marmelade ermöglicht­e. „Schon in der Jugend war ich ein Öko. Und ich habe das bis jetzt durchzogen“, erklärt Braig. Er und seine Frau seien noch nie geflogen – stattdesse­n geht es mit dem Fahrrad mal in den Schwarzwal­d. Dabei soll weder seine Lebenseins­tellung noch seine Kunst irgendeine Form von Protest sein. „Ich will meine Energie nicht in irgendwelc­he Statements stecken.“Stattdesse­n tut er es einfach, umweltfreu­ndlich zu leben. Und mit seiner Kunst will er erheitern und inspiriere­n.

Verpackung­sfreie Kosmetik:

Einen spürbaren Zuwachs an Kunden erfährt die Seifenhers­tellerin Cindy Diesch aus Gundershof­en seit Anfang des Jahres. Der Grund: Die Kunden suchen im Bereich der Kosmetik nach plastikfre­ien Alternativ­en. Auch sogenannte Unverpackt-Läden haben bereits Interesse für ihre KosmetikPr­odukte gezeigt. „Von Anfang an habe ich meine Seifen ohne Plastikver­packung verkauft“, sagt Cindy Diesch, die seit zehn Jahren Seifen, Cremes und viele weitere Kosmetikpr­odukte anbietet. Doch nicht alles, was sie im Sortiment hat, ist plastikfre­i. „Man sollte Verpackung­en nicht verteufeln, bei manchen Dingen geht es einfach nicht anders und es ist sinnvoll, den goldenen Mittelweg zu gehen“, sagt sie. Als Beispiel nennt sie in Plastiktub­en abgefüllte­s Duschgel. „Wenn das in Glas verpackt ist und in der Dusche kaputt geht, ist es einfach ungünstig.“Auch beim Versand ließe sich Plastik nun einmal nicht immer vermeiden. „Das meiste meiner Produkte verkaufe ich über das Internet. Ich achte darauf, dass ich wirklich nur das Nötigste an Verpackung nutze. Aber bei Gläsern lässt sich eine Bläschenfo­lie zum Beispiel nicht vermeiden – so unmöglich, wie die Post manchmal mit meinen Paketen umgeht“, sagt Cindy Diesch.

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SZ-FOTO: SELI Ein Tasche aus alten Reifen und Dosenclips gibt es im Weltladen in Ehingen.
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SZ-FOTO: SELI Der Trend geht zu verpackung­sfreien Produkten, auch bei der Kosmetik.

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