Finanzieren im Schwarm
Hohe Rendite, hohes Risiko: Crowdfunding-Projekte sind etwas für erfahrene Anleger
GSTUTTGART - Historisch gilt die Finanzierung der Freiheitsstatue in New York als das weltweit erste Crowdfunding-Projekt. Nachdem der Börsenkrach von 1873 den Bau gefährdete, rief der Herausgeber der Zeitung „The New York World“, Joseph Pulitzer, dazu auf, die Freiheitsstatue durch Spenden zu realisieren. Innerhalb von fünf Monaten kamen auf diese Weise von mehr als 120 000 Spendern 101 091 Dollar zusammen. Die Statue konnte gebaut werden. Es gibt zwar noch mehrere dieser historischen Beispiele, aber richtig Fahrt aufgenommen hat das Crowdfunding erst im Internetzeitalter.
Das Typische an Crowdfunding ist, dass eine Vielzahl von Menschen ein Projekt finanziell unterstützt – oft mit kleinen Beträgen und aus idealistischen Gründen. Meist werden die Projekte direkt über das Internet organisiert. Für den Anleger ist es wichtig, dass er zwischen den drei verschiedenen CrowdfundingModellen zu unterscheiden weiß.
Beim klassischen Crowdfunding (reward-based) erhalten die Unterstützer in der Regel nurmehr ein Dankeschön in Form einer nicht-finanziellen Gegenleistung. Meist ist dies eine Ausfertigung des Projektergebnisses wie etwa ein Buch oder eine DVD. So hat etwa die „Käserei für stolze Kühe“in Stolzenhagen an der Oder für einen Fundingbeitrag von 25 Euro ein Kilo Käse versprochen. Crowdfunding eignet sich also für kulturelle, kreative, gesellschaftliche, ökologische und Sportprojekte.
Für Startups, kleinund mittelständische Unternehmen, Energieoder Filmprojekte kann sich Crowdinvesting (equity-based) anbieten, bei dem die Crowd, also die Masse an Unterstützern, am Projekterfolg beteiligt wird. Die Mikro-Investitionen haben eigenkapitalähnlichen Charakter und laufen meist über nachrangige Darlehen.
Beim Crowdlending (lending-based) vergibt die Crowd über eine feste Laufzeit einen Kredit zu einem vereinbarten Zins. Beim Crowd-Kredit handelt es sich um Fremdkapital. Diese Form des Crowdfunding gilt damit als eine Alternative zum klassischen Bankkredit.
Doch ist Crowdfunding oder Schwarmfinanzierung tatsächlich auch geeignet, rentabel Geld anzulegen? Aktuell bewirbt beispielsweise die Veganz AG auf der Plattform Seedmatch eine Anleihe, die mit einem stolzen Kupon von 7,5 Prozent ausgestattet ist. „Dies muss erst recht in Zeiten des Niedrigzinses auch ein Hinweis auf das Risiko sein, das Sie mit einem solchen Engagement eingehen“, sagt dazu Mario Buric, Gründungsberater in Stuttgart. Nicht von ungefähr sind sämtliche Crowdinvesting-Projekte mit der Warnung versehen, dass der Erwerb dieser Vermögensanlage mit erheblichen Risiken verbunden ist und zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens führen kann.
So müssen Anleger mit einer Ausfallquote von 20 bis 25 Prozent des eingesetzten Kapitals rechnen, wie eine Studie des Datenbankbetreibers Crowdinvest.de über Kampagnen der beiden führenden deutschen Crowdfunding-Plattformen Seedmatch und Companisto ergeben hat. Dennoch stehen Anleger damit gar nicht so schlecht da, denn historisch scheitert etwa jedes dritte Start-up.
Im Erfolgsfalle aber konnten die Anleger der Studie zufolge eine durchschnittliche Rendite von sage und schreibe 56 beziehungsweise 58 Prozent einstreichen. „Wenn das Schwarm-Projekt fliegt, dann kann es richtig nach oben gehen“, sagt Buric.
Hohen Renditechancen stehen also hohe Risiken gegenüber, die tendenziell sogar etwas niedriger sein mögen als sonstige Engagements mit Risikokapital in Start-ups. In einer eigenen Studie rechnet das Portal Seedmatch vor, dass ein Investment in Höhe von 250 Euro in jede seiner 68 Finanzierungsrunden von 2011 bis 2014 den Anlegern bis heute zwar eine Ausfallquote von 14 Prozent beschert hätte. Einschließlich dieser Insolvenzen aber stünde unterm Strich immer noch eine Gesamtrendite von ansprechenden 15 Prozent. „Eine breite Streuung reduziert eben die Risiken“, sagt dazu SeedmatchChef Johannes Ranscht.