Malariamedikament könnte Corona-Kranke heilen
Tübinger Forscher testen Mittel gegen Covid-19 – Ergebnisse in drei bis vier Wochen
GRAVENSBURG - Bis ein Impfstoff gegen das Coronavirus auf den Markt kommt, dauert es nach Einschätzung von Experten noch viele Monate. Deutlich schneller könnte aber ein Medikament gefunden werden, das Covid-19-Erkrankten nicht nur Milderung verschafft, sondern auch Heilung. Hoffnungen macht vor allem Hydroxychloroquin, ein Wirkstoff, der schon lange gegen Malaria eingesetzt wird und nun auch beim Coronavirus anschlägt.
„Im Reagenzglas funktioniert das schon sehr gut“, sagt Peter Kremsner, Direktor des Tübinger Instituts für Tropenmedizin, im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Das bedeutet: Unter Laborbedingungen vermag Hydroxychloroquin das Coronavirus abzutöten. Bleibt die Frage, wie das Malariamittel im menschlichen Körper reagiert.
Um das herauszufinden, startet das Institut noch diese Woche in Tübingen und Hamburg eine Versuchsreihe mit 240 Covid-19-Patienten. 120 von ihnen erhalten Hydroxychloroquin, die anderen 120 bekommen als Kontrollgruppe ein Placebo verabreicht. Nach drei bis vier Wochen ließen sich seriöse Angaben über die Wirkung machen.
Kremsner warnt allerdings vor voreiligen Schlüssen: „Es kann auch sein, dass das Mittel nicht wirkt oder sogar Schaden anrichtet.“An dieser Studie nehmen moderat kranke, hospitalisierte Patienten teil. Zeigt sich jedoch eine ähnlich positive Wirkung wie im Reagenzglas, könnte das Chloroquin den Krankheitsverlauf bei Patienten deutlich verkürzen und das Virus in Lunge und Rachenraum eliminieren – was wiederum die Verbreitung
von Covid-19 in der Bevölkerung erheblich eindämmen würde.
Ein wichtiger und bisher fehlender Schritt gegen die Pandemie wäre damit getan. „Bisher haben wir noch kein einziges Medikament, das hilft“, sagt Kremsner.
Auch anderswo läuft daher die Suche nach Medikamenten gegen das Coronavirus auf Hochtouren. Nach Angaben der französischen Forschungszentrale Inserm werden in insgesamt sieben EU-Ländern Mittel getestet, die sich gegen andere Viruskrankheiten schon bewährt haben. Darunter das Ebolamedikament Remdesivir, die Arzneimittel Lopinavir und Ritonavir, die gegen HIV eingesetzt werden, und eben Hydroxychloroquin.
Koordinierte Studien sind offenbar dringend notwendig, herrsche weltweit doch ein Durcheinander bei den Therapien, sagt Kremsner. „Jeder versucht irgendetwas, ohne dass es dafür fundierte Studien gibt.“Auch Hydroxychloroquin sei in China und Italien bereits bei Tausenden eingesetzt worden, allerdings mit anderen Substanzen durcheinandergemischt oder in sehr hohen Dosierungen. „Da wurde möglicherweise viel Schaden angerichtet“, so der Institutsdirektor. Die Tübinger Studie soll nun Klarheit schaffen, im Zweifel verhindern, dass der Wirkstoff fahrlässig und mit schädlichen Folgen verabreicht wird.
Einen Hoffnungsschimmer gibt es auch in China: Dort wird erstmals ein möglicher Impfstoff gegen die Lungenkrankheit Covid-19 geprüft. Die chinesischen Testpersonen leben nach Angaben der Zeitung „Global Times“alle in Wuhan, von wo aus sich das Coronavirus vermutlich in die Welt ausgebreitet hatte.