Vom gläsernen Profisportler zum informierten Patienten
„10x10 digital.konkret“bei der Sparkasse Ulm (vor Corona)
ULM (sz) - Wie wirkt sich die Digitalisierung in verschiedensten Bereichen aus? Darüber informiert mehrmals im Jahr die Vortragsreihe „10x10 digital.konkret“des Vereins „initiative.ulm.digital“. Jüngst haben vor allem zwei Mediziner mit ihren digitalen Aktivitäten die interessierten Gäste beeindruckt (noch vor Ausbruch der Corona-Pandemie), darunter Katrin Albsteiger, Alb-Donau-Landrat Heiner Scheffold und IHK-Hauptgeschäftsführer Max-Martin Deinhard.
Dr. Michael Lang, Ulmer Neurologe und Psychiater, entwickelt mit Martin Mayr von der NeuroSys GmbH seit einigen Jahren eine App für Patienten. Mit dieser setzt er den Gedanken seiner Patientenakademie NeuroPoint, mit der er seit 30 Jahren seine Patienten im Umgang mit ihrer Krankheit und den Therapien anleitet, in die digitale Welt um. Die App werde bereits von über 3000 Patienten und über 250 Praxen genutzt. Patienten mit chronischen Erkrankungen seien über die App stets mit der behandelnden Praxis verbunden. „Der Kontakt zwischen Patienten und ihren Praxen wird einfacher. Zudem gibt es Pillenwecker, Tipps zur Medikation und Ernährungs-und Alltagsratschläge“, erklärte Lang. Die Patienten bekämen beispielsweise einen Therapieplan. „Wenn der Patient nichts einträgt, sieht das der Arzt.“Dies wirke sich auch auf die Therapietreue aus. „Medikamente, die nicht genommen werden, wirken nicht“, sagte der Leiter der Patientenakademie. Die Therapietreue bei Patienten mit Diabetes, Epilepsie, mit hohem Blutdruck und sogar Multiple Sklerose liege durchschnittlich bei niedrigen 50 Prozent. Ganz anders die NeuroPoint-Patienten. „Wir erreichen eine Therapietreue von 95 Prozent, unsere Patienten nehmen also, auch dank der App, konsequent ihre Medikamente“, so Dr. Lang stolz.
Interessant auch der Vortrag von Dr. Michael Weiss, Inhaber und Geschäftsführer der Ulmer Zahnklinik Opus DC. In seiner Klinik sei ein digitaler Datensatz jedes Patienten hinterlegt, was den Service und die Diagnostik sehr verbessere. Der moderne Zahnarzt arbeite immer öfter mit einem „digitalen Finger“. Auch seien Abdrücke der Zahnreihen nicht mehr Stand der Dinge. Weiss: „Heute wird gescannt.“Die Digitalisierung habe die Zahnmedizin regelrecht revolutioniert. So schaffe das Digitalisieren des Kiefers eine Dreidimensionalität, Implantante könnten ohne offene Wunden und Blut und präziser gesetzt werden „und nach zwei Stunden ist alles fertig“. Das Digitalisieren ersetze auch das Röntgen, was die Strahlenbelastung
und den Einsatz von Chemikalien verringere. Die Entwicklung gehe weiter. „Die Zukunft sind online bestellte Implantate“, so Weiss.
Nicht minder beeindruckend waren die Beispiele aus dem Profisport. Thorsten Leibenath, Sportdirektor bei Ratiopharm Ulm, berichtete über die „datengetriebene Sportart“Basketball, die durch die Digitalisierung revolutioniert worden sei. Von jedem Spieler gebe es eine Unmenge an Daten, aber auch zu Körper und Gesundheit. Anhand der Daten werde ein Spieler verpflichtet und später dann das Training gesteuert, analysiert und abgestimmt.
Auch Holger Bachthaler, Chefcoach des SSV Ulm 1846, arbeitet mit digitalen Informationen. „Zuerst muss die Spielphilosophie klar sein, dann kann man die Daten richtig nutzen“, erläuterte Bachthaler, der nach jedem Spiel die Daten über Laufdistanz, Laufgeschwindigkeit, Anzahl der Sprints, Intensität und vieles mehr analysiert, da jeder Spieler einen GPSTracker trägt. Eine wichtige Rolle spiele auch bei dem Regionalligisten die Videoanlyse sowohl der eigenen Mannschaft als auch beim Scouting oder der Beobachtung des Gegners. „Wir können heute schon einzelne Spielszenen in der Pause zeigen“, sagte Bachthaler.
Stefan Bill, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Ulm, informierte über die „Digitalisierung des Bezahlens“, die sich in Deutschland noch nicht durchgesetzt habe. Bill: Der Deutsche ist bargeldverliebt“. Allerdings hätten im vergangenen Jahr erstmals mehr Menschen „mit Karte bezahlt als mit Bargeld“. Ziel sei es, den Kunden „eine zentrale Payment-Karte der Sparkasse“anzubieten.