Haushaltsbuch digital
Immer mehr Banken bieten Kunden automatische Analysen an – Was das Angebot taugt
GFRANKFURT/BREMEN (dpa) - Mal ehrlich: Wer weiß schon genau, wie viel Geld jeden Monat für Einkäufe, Unterhaltung, Apps und Kleinkram vom Konto abgeht? Die meisten wahrscheinlich nicht, denn die wenigsten dürften ein Haushaltsbuch führen. Wäre doch toll, wenn man seine Ausgaben ganz von allein analysiert bekommen könnte. Die gute Nachricht: Bei manchen Banken geht das schon.
Beim Fintech Revolut und der Direktbank ING heißt die Funktion schlicht Analyse, bei der Deutschen Bank Finanzplaner, die Comdirect nennt es Finanzmanager und bei N26 Automatische Kategorisierung. Allen Diensten gemein: Sie analysieren alle Transaktionen und kategorisieren sie. Das ist Miete, das ist Gehalt, das ist die Stromrechnung. So viel kommt rein, so viel geht raus und – hoffentlich – so viel bleibt übrig.
Teils ist der computergestützte Blick auf die eigenen Finanzen nur im Browser verfügbar. Teils geben Banken auch in der Smartphone-App Auskunft. „Im Prinzip ist es die Digitalisierung des analogen Haushaltsbuchs“, sagt Annabel Oelmann von der Verbraucherzentrale Bremen. Sie sieht Vorteile des noch recht neuen Service: So ließen sich auf die Art etwa Einsparpotenziale aufdecken und einfach sehen, wie Einnahmen und Ausgaben zusammenhängen oder ob langfristig Löcher in den eigenen Finanzen drohen. „Ich finde, das führt zu einer besseren Ausgangslage für die Finanzplanung“, sagt auch Julian Grigo. Er ist Bankingexperte beim Branchenverband Bitkom. Die Übersicht über Kontenbewegungen hatten Kunden ja schon vorher. Nun würden die Daten aber nach Kategorien geclustert und ließen sich so leichter überblicken.
Noch sind solche Angebote ganz am Anfang, sagt Jürgen von der Lehr, Leiter Banking und Zahlungsverkehr bei der Direktbank ING. Das hauseigene Analyseangebot kann derzeit Zahlungen kategorisieren und grafisch aufbereiten.
Kunden könnten außerdem ein wenig in die Zukunft schauen und sehen, welche Transaktionen bald anstehen. Das Hauptziel: „Transparenz“, sagt von der Lehr. „Wofür gebe ich mein Geld aus.“Es gehe darum, Erkenntnisse über die eigenen Ausgaben zu gewinnen.
Bislang habe die ING selbst wenig von dem Angebot, für das Software von außerhalb eingekauft wurde. Jürgen von der Lehr sieht es als Angebot zur Kundenbindung. Und als Hilfsmittel. „Getrieben ist das aus der Erkenntnis, dass der eine oder andere Kunde Schwierigkeiten hat, seine monatlichen Ausgaben im Griff zu halten.“Per Analyse kann man eben schnell sehen, wie die Kostenfaktoren aussehen.
Doch hier liegt bislang auch eine Schwäche solcher Angebote: Dass die Kategorien manchmal falsch bestimmt werden, können Kunden noch korrigieren. Aber sobald man Bargeld nutzt, gibt es keine Daten. Was man mit Scheinen und Münzen zahlt, erscheint in der Analyse nur als Bargeldabhebung. Eine händische Möglichkeit zum Nachtragen gibt es noch nicht. Wer also den kompletten Überblick will, muss weiter Kassenbons sammeln – und die Summen zum Beispiel in einer Haushaltsbuch-App eintragen.
Neben dem reinen Überblick bieten manche Banken auch die Möglichkeit, sich feste Budgetgrenzen zu setzen. Zum Beispiel 200 Euro im Monat für Restaurantbesuche oder 75 Euro für Unterhaltung. Bei Überschreitung gibt es dann eine Warnung – und man kann sehen, wo zum Beispiel gespart werden muss.
Oder man spart Kleinstbeträge an, um sich davon später etwas zu leisten. Solch einen Service gibt es etwa bei Revolut oder der ING. Bei jeder Transaktion wird dann zum Beispiel auf den nächsten Euro aufgerundet, bei Revolut landet die Differenz in einem Vault genannten Sonderkonto, bei der ING auf dem Tagesgeldkonto.
Viele Funktionen also, die zu mehr Übersicht und solider Finanzplanung verhelfen sollen. Aber könnte man aus den Daten nicht eigentlich mehr machen? „Richtig nützlich würde es erst werden, wenn aus den gewonnenen Daten kluge Empfehlungen im Sinne des Verbrauchers würden“, sagt Verbraucherschützerin Annabel Oelmann. Nützlich wären laut Oelmann etwa Hinweise auf marktunübliche hohe Kreditraten, vergleichsweise hohe Ausgaben für Strom oder Mobilfunk verbunden mit Wechselvorschlägen.