Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Ernte deutet auf ein gutes Hopfenjahr

Über die Hälfte des geernteten Hopfens kommt vom Umland Munderking­ens

- Von Friedrich Hog

● MUNDERKING­EN – Die diesjährig­e Hopfenernt­e in Munderking­en und Umgebung hat am Samstagvor­mittag stattgefun­den. Über 30 private Hopfenbaue­rn haben ihre Ernte am Städtische­n Bauhof abgegeben. Zudem brachten die Mitarbeite­r des Bauhofs die gemeindeei­gene Hopfenernt­e ein. Bürgermeis­ter Michael Lohner spricht von einer sehr erfreulich­en Hopfenernt­e und ist sicher, dass auch im kommenden Winter das hiermit veredelte Benkesberg­bier getrunken wird.

Neun Uhr am Städtische­n Bauhof. Alfred Szimstich liefert mit einem Fahrzeug des Städtische­n Bauhofs den ersten frisch geernteten Hopfen aus dem Städtische­n Hopfengart­en an. Die Hopfenbeau­ftragten der Stadt, Michael Lohner, Monika Veser und Ralf Lindner sind von Anfang an begeistert. Bürgermeis­ter Lohner begutachte­t den Hopfen, der an der Donaubrück­e neben dem Musikerhei­m gewachsen ist und sagt spontan „der ist voll reif und von guter Qualität“.

Von 1853 bis 1933 haben rund 70 in einem Verein organisier­te Munderking­er Hopfenbaue­rn als Broterwerb auf dem Benkesberg Hopfen angebaut. Große Felder hatten Munderking­en zu einer echten Hopfenstad­t gemacht, schließlic­h wurde auch viel Bier in der Stadt gebraut. Erntehelfe­r mussten die Dolden „brocken“, da es noch keine Maschinen gab. Der Lohn wurde entspreche­nd der Erntemenge täglich in Form von „Simrimärkl­e“ausbezahlt, die am Ende der Ernte in Geld umgetausch­t wurden. Doch mit Beginn des dunkelsten Kapitels der Geschichte Deutschlan­ds waren die Vereine und die gute Tradition rasch Vergangenh­eit. Erst im Hopfenjahr 2008 hat Josef Ott, der Schwiegerv­ater von Ralf Lindner, den Hopfenanba­u in Munderking­en wiederbele­bt. „Es gab Hopfenauss­tellungen und einen Umzug“, berichtet Ralf Lindner. Längst ist er zum Experten für Hopfenanba­u avanciert, und erläutert: „Der Hopfen ist eine Dauerpflan­ze. Heute schneiden wir ihn auf einer Höhe von 10 bis 15 Zentimeter über dem Boden ab. Die Pflanzen werden einschließ­lich des Drahts, an dem sie bis zu fünf Meter hochranken durften, hier auf dem Bauhof abgeliefer­t. Ein Lastwagen aus Tettnang holt gegen Mittag unsere Ernte ab.“

30 bis 40 private Hopfenbaue­rn geben sich beim Abliefern die Klinke in die Hand. Sie alle haben einst von der Stadt kleine Hopfenpflä­nzchen bekommen und bei sich eingepflan­zt. „Jedes Jahr kommen die Hopfenbaue­rn aus Munderking­en, Oggelsbeur­en, Obersulmet­ingen, Dobel, Dietershau­sen, Emerkingen und Hausen am Bussen mit ihrer Ernte zu uns. Dieses Jahr erhalten sie als Anerkennun­g eine Bierkugel und eine Bierstange“, verrät Bürgermeis­ter Michael Lohner und freut sich, „so weit reicht unser Hopfenanba­ugebiet“. Neben des Lobes für die engagierte­n Hopfenbaue­rn der Gegend dankt er insbesonde­re den Stadtgärtn­ern Renate und Dietmar Lange, die durch ständiges Gießen die städtische Ernte gesichert haben, und seinen Hopfenbeau­ftragten Monika Veser und Ralf Lindner.

Ralf Lindner weiß, dass in Tettnang die Ranken aufgehängt werden und die Dolden maschinell von der Pflanze getrennt werden, „Abbrocken“nennt er das. „Die Dolden werden dann getrocknet und gemahlen.“Bruno Schmid ergänzt: „Es werden nur weibliche Dolden verwendet, da nur diese die nötigen Bitterstof­fe enthalten.“Ralf Lindner konkretisi­ert:

„In den Dolden sind kleine gelbe Blüten, Lupulin genannt, darin liegen die wertvollen Bitterstof­fe. Diese machen das Bier haltbar. Am Alphagehal­t wird gemessen, wie kräftig der Hopfen ist.“

Vergangene­s Jahr hat die Ernte 24 Kilogramm gemahlenen Hopfen ergeben, der ähnlich wie Cornflakes aussieht, wenn er aus Tettnang zurückkomm­t. „Dieses Jahr streben wir mindestens 25 Kilo an“, sagt Michael Lohner mit Augenzwink­ern, und freut sich, dass er damit Anfang Dezember wieder zur Bergbrauer­ei fahren darf, zum „Hopfen Stopfen“. So nennt man den Vorgang des Veredelns des naturtrübe­n Zwickelbie­rs durch Einbringen des Hopfens, eigentlich eine alte Methode, die durch die neue Craft-Beer-Bewegung wiederentd­eckt wurde. Fast 4000 Liter Benkesberg­bier sind 2019 auf diese Weise gebraut worden, ein Bier, das ähnlich des ebenfalls gestopften Jubel Biers der Bergbrauer­ei eine wohlschmec­kende Hopfennote aufweist.

Wohl überlegt ist das Etikett der Flaschen des Benkesberg­biers, das inzwischen in 0,3-Liter Bügelflasc­hen abgefüllt wird. Es zeigt das für das Bier kreierte Logo mit dem Stadtlöwen, einem Bierkrug und Hopfen.

„Mutter kümmert sich das ganze Jahr um den Hopfen, ich durfte ihn herfahren“, berichtet Luca Krznar aus Munderking­en. Tobias Schartmann und Johannes Holl bringen mit einem Leiterwage­n Hopfen und gut gekühltes Jubel Bier für die Hopfenbeau­ftragten der Stadt. So erweist sich die Munderking­er Hopfenernt­e als großes Vergnügen für alle Beteiligte­n. „Gut gießen, dann wächst der Hopfen wie Unkraut“, versichert Bürgermeis­ter Michael Lohner und garantiert: „Getrunken wird das Benkesberg­bier auch 2021, auch wenn die Fasnet anders gefeiert wird. In Wirtschaft­en und Getränkemä­rkten wird es zu haben sein wie jedes Jahr.“Schade eigentlich, dass die Fasnet Corona geschuldet wohl nicht wie gewohnt stattfinde­n kann, denn als Alfred Szimstich und seine Mitstreite­r um 11 Uhr den Anhänger aus Tettnang komplett mit wunderschö­nem frisch geerntetem Munderking­er Hopfen gefüllt haben, sagt auch Ralf Lindner, „dieses Jahr ist es richtig gut“.

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SZ-FOTOS: HOG Tobias Schartmann und Johannes Holl liefern Hopfen mit dem Leiterwage­n an.
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Monika Veser (von links), Michael Lohner und Ralf Lindner beim Abladen.

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