Norwegens delikate Plage
Sie gilt als verschlossener Meeresbewohner – und ist vielleicht gerade deshalb so begehrt. Wer wünschte sich nicht gelegentlich einen verschwiegenen Tischpartner, der auch noch gut schmeckt? Die Rede ist von der köstlichen Auster, die geöffnet und roh mit etwas Zitronensaft geschlürft, den Gaumen des Kenners frohlocken lässt. Die Sommerfrischler an Norwegens Küsten lässt das raue Schalentier allerdings weniger frohlocken als aufheulen – denn die sich unkontrolliert vermehrenden Austern können äußerst schmerzhaft sein, wenn sie auf zarte Füße von Badegästen treffen.
Die Pazifikauster ist in Norwegen erst vor kürzerer Zeit eingewandert, sodass im Land der Hakoons, Noras und Haralds noch Ratlosigkeit im Umgang mit den Meeresfrüchten herrscht. Freilich sehen Tourismusexperten mit kulinarischem Hintergrund große Chancen, weil für sie die Lösung in der Bekämpfung der invasiven Art direkt durch den Magen geht. Artenschützern, die sich insbesondere um die von Verdrängung bedrohten heimischen Europäischen Austern sorgen, wollen davon
● nichts wissen. Migrantische Schalentiere stoßen in Norwegen also auf Vorbehalte.
In unserer unübersichtlichen Welt ist es freilich schwieriger geworden, die friedliche Koexistenz verschiedener Arten voll anzuerkennen. Dabei ist in den salzigen Wassern von Norwegen genug Plankton für alle Austern da. Für Pazifische genau so wie für Europäische. Und so bleibt zu hoffen, dass sich am Ende nicht nur die Austern öffnen, sondern auch die Menschen. (nyf )