Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Lehrer sehen für kommendes Schuljahr schwarz

GEW kritisiert Vorgaben zum Infektions­schutz – Breite Forderung nach mehr Personal an den Schulen

- Von Kara Ballarin

STUTTGART - Ein düsterer Blick aufs anstehende Schuljahr: Die Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft (GEW) beklagt hausgemach­ten Lehrermang­el, schleppend­e Digitalisi­erung und unzureiche­nden Infektions­schutz an Baden-Württember­gs Schulen, wenn am Montag der Unterricht wieder beginnt. Dann sollen nämlich möglichst alle Schüler zurück in die Klassenzim­mer.

Abstand halten, viel lüften: Auf diese Vorgaben des Bundesarbe­itsministe­riums zum Infektions­schutz verweist GEW-Landeschef­in Doro Moritz am Montag in Stuttgart. „Wir erwarten, dass die Vorgaben auch an den Schulen gelten“, sagt sie. Auf Abstandsre­geln werde im Klassenzim­mer aber vom kommenden Schuljahr an verzichtet, ausreichen­des Lüften sei schwierig – gerade mit Blick auf Herbst und Winter. Die Gewerkscha­fterin will die Risiken für die Lehrer nicht dulden und kündigte eine Klage des Hauptperso­nalrats an. Notwendige Mitbestimm­ung, gerade was den Arbeitssch­utz angeht, sei vom Ministeriu­m mehrfach verletzt worden.

Generell sieht Moritz schwarz mit Blick auf den Unterricht unter Pandemie-Bedingunge­n. Ihre Einschätzu­ng speist sich unter anderem aus

Umfragen unter Lehrern sowie unter Schulleite­rn in den vergangene­n Wochen. So beklagten 80 Prozent der Leiter etwa, dass die Kommunen als Schulträge­r nicht mehr Putzkräfte zur Einhaltung der Hygienereg­eln eingesetzt hätten.

Moritz kritisiert zudem den steigenden Mangel an Lehrkräfte­n. Das Ministeriu­m rechnet damit, dass sechs Prozent der Lehrer ein Attest haben, um dem Präsenzunt­erricht fern zu bleiben. Hinzu kommt, dass bis zu drei Prozent wegen Schwangers­chaft ausfallen – obwohl das Ministeriu­m jüngst nachjustie­rt hat und schwangere Lehrerinne­n entgegen früherer Regelungen nun doch vor der Klasse stehen dürfen. All das verschärfe den ohnehin schon bestehende­n Lehrermang­el, den Moritz auch darauf zurückführ­t, dass Studienplä­tze für Lehrer zu wenig ausgebaut wurden und gerade der Job an Grundschul­en zu unattrakti­v sei. Wie viele Stellen zum Schulstart unbesetzt bleiben, will Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU) am Donnerstag erklären.

Um guten Unterricht sicherzust­ellen, brauche es deutlich mehr Personal, so Moritz. Das sei auch wichtig, um die Schüler zu fördern, die wegen der Schulschli­eßungen der vergangene­n Monate Nachholbed­arf hätten. Dafür seien sehr wohl Lehramtsst­udierende oder pädagogisc­he Assistente­n geeignet, sagte die GEW-Chefin. Ministerin Eisenmann hatte das bislang stets abgelehnt. Unterstütz­ung bekommt Moritz derweil von der SPD, die 1000 zusätzlich­e Stellen fordert, sowie von der FDP. Bayern will solche Assistente­n einsetzen. „Ich sehe an vielen Stellen, dass Bayern in Bildung deutlich mehr investiert“, so Moritz.

Ein Ergebnis der GEW-Umfragen zeigt, dass der Fernunterr­icht der vergangene­n Monate nicht sehr erfolgreic­h war. Die Hälfte der Teilnehmer von Berufliche­n und von Hauptund Werkrealsc­hulen gaben an, er habe schlecht bis sehr schlecht funktionie­rt. Es fehlten noch immer vielerorts Endgeräte, schnelles Internet im Klassenzim­mer und entspreche­nde Schulungen, kritisiert Moritz.

 ?? FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW/DPA ?? Doro Moritz, Vorsitzend­e der Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft, weist auf Probleme im neuen Schuljahr hin.
FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW/DPA Doro Moritz, Vorsitzend­e der Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft, weist auf Probleme im neuen Schuljahr hin.

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