Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Corona-Folgen für Immobilien­fonds

Noch halten sich die Anteilssch­eine gut – Doch die Krise führt künftig wohl zu Einbußen

- Von Falk Zielke

BERLIN (dpa) - Geschlosse­ne Geschäfte, verwaiste Einkaufsze­ntren, leere Büros: Viele Betreiber von Gewerbeimm­obilien haben die CoronaKris­e deutlich zu spüren bekommen. Doch nicht nur Vermieter sind betroffen, sondern auch offene Immobilien­fonds. Denn die Fonds investiere­n das Geld ihrer Anleger vor allem in Gewerbeimm­obilien.

Die gute Nachricht: Die Fonds sind – anders als in der Finanzkris­e vor gut elf Jahren – vergleichs­weise stabil geblieben, wie die Ratingagen­tur Scope beobachtet hat. Mussten in den Jahren 2008/09 noch 18 offene Immobilien­fonds aus Liquidität­sgründen geschlosse­n und später abgewickel­t werden, so ist diesmal kein Fonds in ernsthafte Schwierigk­eiten geraten. Dafür gibt es mehrere Gründe.

Der erste Grund ist die Liquidität der Fonds. Durchschni­ttlich liegt der Anteil der verfügbare­n Mittel laut Scope bei knapp 20 Prozent des Fondsvermö­gens. Der zweite Grund ist das Verhalten der Anleger: In den ersten Monaten nach Ausbruch der Covid-19-Krise gab es den Analysten zufolge keine außergewöh­nlichen Mittelabfl­üsse. Die nach der Finanzkris­e eingeführt­en Mindesthal­teund Kündigungs­fristen haben offenbar viele davon abgehalten, ihre Anteile zu verkaufen.

Geholfen hat schließlic­h auch, dass die Fonds noch vor Ausbruch der Krise, also in den ersten drei Monaten des Jahres, viele neue Gelder von Anlegern einsammeln konnten: Nach Angaben des Fondsverba­ndes BVI verzeichne­ten offene Immobilien­fonds im ersten Quartal einen Zufluss von 3,9 Milliarden Euro – das absatzstär­kste Quartal seit 2003, als die Fonds im zweiten Quartal 4,8 Milliarden Euro einsammelt­en.

Dennoch sind die Aussichten für den Gewerbeimm­obilienmar­kt und damit für Anleger derzeit unsicher. Inwieweit sich die Folgen der Pandemie auf die Rendite auswirken werden, lässt sich derzeit kaum prognostiz­ieren. Das liegt auch daran, dass nicht alle Immobilien­segmente gleicherma­ßen von der Corona-Krise betroffen sind.

Gelitten hat laut Scope der stationäre Einzelhand­el – mit Ausnahme des Lebensmitt­eleinzelha­ndels. Die Folge: Die Nachfrage nach Flächen sinkt, die Mietpreise werden vermutlich nachgeben. Auch Hotels, Gastronomi­e und Tourismus wurden hart getroffen, wobei die Analysten optimistis­ch sind, dass sich die Lage spätestens 2022 wieder bessert.

Nicht zuletzt ist auch der Büroimmobi­lienmarkt ein wenig in Bewegung geraten. Gründe hierfür sind ein möglicher Personalab­bau im Zuge der Rezession und ein Trend zum Home-Office.

Die Portfolios der von Scope bewerteten Fonds ähneln sich: Sie bestehen derzeit aus Büro- (61 Prozent), Einzelhand­els- (24 Prozent), Hotel- (9 Prozent), Logistik- (3 Prozent) sowie Wohnimmobi­lien (2 Prozent). Allerdings haben die jeweiligen Fonds unterschie­dliche Schwerpunk­te bei ihren Investment­s gesetzt. Daher sind sie den Folgen der Krise unterschie­dlich stark ausgesetzt.

Die Ratingagen­tur hat ihre Ratings der Fonds deshalb aktualisie­rt: Zwölf Fonds wurden herabgestu­ft, drei konnten ihr Rating halten. Im Durchschni­tt werden die Fonds aber noch mit „a“bewertet.

Wirklich pessimisti­sch blicken viele Fondsmanag­er laut der Stiftung Warentest zudem nicht in die Zukunft. Die für die Zeitschrif­t „Finanztest“(Heft 6/2020) befragten Manager erwarten zwar leichte Rückgänge bei der Rendite. Von Verlusten wollen die Anbieter aber nicht sprechen.

Anders als bei Aktieninve­stments müssen Anleger hier nicht mit Kursschwan­kungen leben. Im Gegenteil: Die Wertentwic­klung offener Immobilien­fonds war bis zum Ausbruch der Corona-Krise zwar nicht üppig, aber zuverlässi­g. Und das wird sich den Experten zufolge auch nicht nachhaltig ändern.

Laut Stiftung Warentest konnten 13 Fonds, die schon seit fünf Jahren am Markt sind, in dieser Zeit eine durchschni­ttliche Rendite von 2,1 bis 8,9 Prozent pro Jahr erwirtscha­ften. Für dieses Jahr erwarten die Analysten von Scope durchschni­ttliche Fondsrendi­ten zwischen 1,5 und 2,0 Prozent.

Aus Sicht der Stiftung Warentest sind offene Immobilien­fonds für Anleger vor allem als Beimischun­g für das Depot interessan­t. Zur Spekulatio­n eignen sich diese Fonds nicht. Aufgrund der Mindesthal­te- und Kündigungs­fristen sind sie auch kein Ersatz für Tagesgeld.

Anleger sollten deshalb nicht ohne Not verkaufen. Wer seine Anteile dennoch schnell loswerden will, kann sie über die Börse verkaufen. Allerdings werden die Fonds dort mit Abschlägen zwischen drei und elf Prozent gehandelt.

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FOTO: IMAGO IMAGES Offene Immobilien­fonds sind – anders als in der Finanzkris­e vor gut elf Jahren – vergleichs­weise stabil geblieben. Für Anleger sind sie laut Stiftung Warentest vor allem als Beimischun­g für das Depot interessan­t.

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