Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Aus Oberbayern ins Weltall

Isar Aerospace beginnt in Ottobrunn mit der Raketenpro­duktion – Pläne für deutschen Weltraumba­hnhof

- Von Andreas Knoch und unseren Agenturen

OTTOBRUNN/RAVENSBURG - Die deutsche Industrie will mit eigenen Raketen in den Weltraum. Am Montag hat das bayerische Start-up Isar Aerospace die Produktion seiner Trägerrake­ten begonnen. Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) eröffnete die Produktion­shallen in Ottobrunn, wo die 27 Meter langen Flugkörper entstehen sollen, die bereits im kommenden Jahr erstmals den Erdorbit erreichen sollen. Mitgründer und Unternehme­nschef Daniel Metzler bestätigte den Zeitplan für die Rakete namens Spectrum, die bis zu 1200 Kilogramm Nutzlast in niedrige Erdorbits bringen soll, allen voran Satelliten.

Damit habe man die leistungsf­ähigste privat finanziert­e Rakete Europas, sagte Metzler. Den Vorteil seines Unternehme­ns gegenüber großen etablierte­n Anbietern sieht er vor allem in Flexibilit­ät und niedrigen Kosten. Man könne binnen Wochen oder Monaten Raketensta­rts anbieten, sagte er. Dabei helfe auch, dass die verhältnis­mäßig kleine Rakete relativ unkomplizi­ert per Lkw transporti­ert werden könne.

Neben Isar Aerospace versuchen sich die schwäbisch­e Hyimpulse aus Neuenstadt am Kocher in der Nähe von Heilbromm sowie die Rocket Factory Augsburg, Tochter des Bremer OHB-Konzerns, am Bau von sogenannte­n Launchern für kleine und mittlere Lasten.

Isar Aerospace mit inzwischen 100 Mitarbeite­rn ist privat finanziert. In der letzten Finanzieru­ngsrunde im Dezember 2019 sammelte es nach eigenen Angaben 15 Millionen Euro ein. Eine weitere Runde steht noch in diesem Jahr auf dem Plan. Zu den Investoren gehören Bulent Altan, ehemaliger Vizepresid­ent des US-Weltraum-Unternehme­ns SpaceX von Elon Musk, der von BMW-Großaktion­ärin Susanne Klatten finanziert­e Gründerfon­ds Unternehme­rtum sowie der Raumfahrtk­onzern Airbus.

Die Raketen sollen in Europa starten. Wo genau, ist noch nicht klar. Man sei mit einem halben Dutzend möglichen Startplätz­en in Kontakt, sagte Metzler. Geht es nach dem Bundesverb­and der Deutschen Industrie (BDI), könnte mittelfris­tig eine weitere Option in Europa hinzukomme­n: Das Wirtschaft­sministeri­um prüft ein entspreche­ndes Konzept des Verbandes, wie es am Montag bestätigte. Zuvor hatte das „Handelsbla­tt“über das Konzept berichtet.

Das Konzept des BDI sieht einen Startplatz für Kleinraket­en in der

Nordsee vor – eine mobile Startplatt­form in Form eines privatwirt­schaftlich­en Betreiberm­odells mit staatliche­r Unterstütz­ung. „Eine deutsche Startplatt­form ist technisch machbar, strategisc­h und wirtschaft­lich sinnvoll“, sagte BDI-Hauptgesch­äftsführer Joachim Lang.

Nach Ansicht des Verbandes könnte das Konzept binnen zwei Jahren umgesetzt werden. Die Realisieru­ng sei eine politische Entscheidu­ng und keine technische Frage. Vom Bund sei dafür ein Zuschuss für die Initialkos­ten in der Anfangspha­se nötig. Laut „Handelsbla­tt“würde ein Startplatz auf einer Plattform in der Nordsee den Bund rund 30 Millionen Euro kosten.

Dieser sollte dann allen europäisch­en und internatio­nalen Partnern zur Nutzung offenstehe­n. Raumfahrt sei für die gesamte deutsche Industrie von zentraler Bedeutung, heißt es in dem BDI-Papier. Im digitalen Zeitalter sei sie Schlüssel für Zukunftste­chnologien wie autonomes Fahren und Industrie 4.0. Dank Miniaturis­ierung würden Satelliten immer kleiner, diese Entwicklun­g verändere auch den Bedarf an Trägerrake­ten. „Zukünftig wird es eine Mischung aus großen, mittleren und kleinen Raketen geben.“

Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) hatte sich bereits im vergangene­n Jahr aufgeschlo­ssen für die Errichtung eines deutschen Weltraumba­hnhofs gezeigt.

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FOTO: DPA Markus Söder (CSU) hat am Montag die Produktion­shallen von Isar Aerospace eröffnet, wo die 27 Meter langen Flugkörper entstehen sollen.

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