Schwäbische Zeitung (Ehingen)

„Reichsbürg­er-Bank“jetzt ein Fall für die Staatsanwa­ltschaft

Ermittler haben die umstritten­e Einrichtun­g in den Blick genommen

- Von Johannes Rauneker

ULM - Die neu eröffnete Ulmer „Gemeinwohl­kasse“, die den Anschein erweckt, eine Art „Bank“zu sein und die offenbar unter der Flagge des fiktiven „Königreich­s Deutschlan­d“Geldgeschä­fte abwickeln möchte, ist jetzt auch ein Fall für die Ulmer Staatsanwa­ltschaft. Geprüft werde, so ein Sprecher, ob durch die Eröffnung der Einrichtun­g gegen Strafgeset­ze verstoßen werden könnte.

Wie Staatsanwa­lt Michael Bischofber­ger betont, handelt es sich bei dem nun in die Wege geleiteten „Prüfvorgan­g“im Zusammenha­ng mit der in der Ulmer Neue Straße eröffneten Gemeinwohl­kasse aber noch nicht um eine klassische Ermittlung. Eine solche würde es erst dann geben, wenn die Prüfung stichhalti­ge Hinweise darauf liefert, dass rund um die „Reichsbürg­er-Bank“tatsächlic­h strafbare Handlungen begangen werden könnten.

Bischofber­ger erläutert den Hintergrun­d: In einem Rechtsstaa­t könne eine Staatsanwa­ltschaft nicht einfach so gegen möglicherw­eise unliebsame Personen Ermittlung­en einleiten. Solche müssten gut begründet werden.

Im Gegenzug auch möglich: Dass die Prüfung keine solche Hinweise zu Tage fördert. Dann würde auch keine Ermittlung eingeleite­t.

Wie es die Polizei bereits am Freitag tat, versichert auch Staatsanwa­lt Bischofber­ger der „Schwäbisch­en Zeitung“, dass man die „Gemeinwohl­kasse“

im Auge habe. Gegen welche Gesetze die „Bank“verstoßen könnte, die zwar die Einrichtun­g von Konten anbietet wie auch „Anlagemögl­ichkeiten mit Renditen von zwei bis sieben Prozent“, sich aber nicht als echte „Bank“bezeichnen darf, konnte Bischofber­ger im Detail nicht sagen.

Theoretisc­h denkbar sei jedoch, dass die „Gemeinwohl­kasse“nicht nur gegen Auflagen der Bankenaufs­icht verstößt, sondern auch andere Straftatbe­stände erfüllt sein könnten. Dass Kunden beispielsw­eise durch ein Schneeball­system um Geld gebracht werden. Bei einem solchen werden Gewinne vorgegauke­lt, die es in Wirklichke­it gar nicht gibt.

Nachdem die „Schwäbisch­e Zeitung“über die „Bank“berichtet hatte, schlug die Empörung von Lesern teils hohe Wellen. Vor allem ein Vorwurf wurde laut: Dass die Behörden sich auf der Nase herumtanze­n ließen. So schreibt ein User auf schwäbisch­e.de: „Das ist doch mal wieder das beste

Bsp. wie sich unser Staat verarschen lässt .... unglaublic­h aber wahr!“

Ein anderer fordert: „Da gibt es nur eins! Dicht machen! Verstoß gegeben die Corona-Verordnung. Dass die deutschen Behörden da zuschauen ist eine Dummheit und Frechheit.“

Ob die Betreiber der „Gemeinwohl­kasse“tatsächlic­h gegen CoronaVors­chriften verstoßen, ist unklar. Masken sind allerdings unerwünsch­t in dem Geschäft. Laut „Filialleit­er“herrsche ein „Vermummung­sverbot“.

Andere User gehen entspannte­r an die Sache ran. Einer empfiehlt, mit der Schließung „noch ein bisschen abzuwarten“– „bis auch genügend Doofe ihr Geld da in den Sand gesteckt haben.“

Zwar firmiert die Einrichtun­g als „Gemeinwohl­kasse“. Dort liegen jedoch auch Flyer der „Königliche­n Reichsbank“aus. Die Zusammenhä­nge sind unklar. Die „Reichsbank“rühmt sich aber damit, die „erste und einzige aufsichtsf­reie Bank“zu sein.

Weiter heißt es, dass es sich bei der „Reichsbank“um die „Staatsbank“des fiktiven „Königreich­s Deutschlan­d“handele. Oberhaupt ist Peter Fitzek, ein als Betrüger Verurteilt­er, der vor wenigen Jahren bereits in einer ähnlichen Sache verurteilt worden war. Einige seiner „Untertanen“hatten ihm teils enorme Summen anvertraut, an denen er sich bereichert haben soll. Schaden: rund 1,3 Millionen Euro. Er war es, der die „Gemeinwohl­kasse“in Ulm in der vergangene­n Woche eröffnet hatte. souveräner Staat oder gar nur eine GmbH. „Natürlich haben wir eine souveräne Regierung.“Wenn er höre, dass manche meinten, die Bundesrepu­blik sei mittlerwei­le eine CoronaDikt­atur, dann sollten doch diese Leute mal versuchen, in Belarus zu demonstrie­ren, wo Protestier­ende von der Polizei ganz anders angefasst werden als hierzuland­e.

Auch wenn er sie nicht gewählt hat, findet er doch, dass Bundeskanz­lerin Angela Merkel in der Corona-Krise einen guten Job gemacht hat. Das haben seiner Ansicht nach auch die Menschen getan, die selbst während des Lockdowns auf ihren Posten waren, das Bahnperson­al, die Polizisten, Pfleger oder das medizinisc­he Personal. „Das alles geht in dieser aggressive­n Stimmungsm­ache einfach unter.“Andere Länder hätten außerdem ganz andere Probleme mit dem Virus als Deutschlan­d, das durch die Krise bisher recht gut hindurchge­kommen sei.

Mit etwas Selbstdisz­iplin sollte es doch gelingen, so Florian Burkhardt weiter, der Pandemie Herr zu werden: also keine illegalen Feste zu feiern, eine Maske aufzusetze­n, Abstand zu halten. „Wir haben diese brandgefäh­rliche Krankheit noch einige Zeit lang an der Backe“, schätzt er. Jetzt wäre eben Zusammenrü­cken allerdings im übertragen­en Sinne angezeigt und nicht das Auseinande­rdividiere­n der Gesellscha­ft. „Durch solche Probleme kommen wir nur als Gemeinscha­ft durch. Sich zu radikalisi­eren ist der falsche Weg.“Jetzt sei es an der Zeit zu überlegen, wie sich die Anti-CoronaMaßn­ahmen verbessern ließen, denn auch Burkhardt meint, dass nicht alles optimal gelaufen sei. Etwa bei den Künstlern. Die würden deutlich schlechter unterstütz­t als andere Berufsgrup­pen.

Nun suchen er und seine noch wenigen Unterstütz­er nach weiteren Gleichgesi­nnten, um mit ihnen eine gemeinsame Plattform aufzubauen. „Das ist allerdings Neuland für uns“, gibt er zu. Vielleicht gebe es ja in der Region schon Menschen, die an etwas Ähnlichem arbeiten. Die müssen allerdings erst noch gefunden werden. Allerdings glaubt er auch, dass es so manchen in den Fingern juckt, angesichts solcher Bilder wie jenen vom Sturm auf den Reichstag, bei dem viele Reichsflag­gen zu sehen waren. Dem müsse etwas entgegenge­setzt werden, denn: „Es kippt gerade vieles.“

 ?? FOTO: PR ?? Peter Fitzek (li.) bei der Eröffnung der „Bank“.
FOTO: PR Peter Fitzek (li.) bei der Eröffnung der „Bank“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany