Handwerkskammer: Überbrückungshilfen kommen nur schleppend in den Betrieben an
Ulmer Präsident Krimmer kritisiert: „Das hätten wir besser gekonnt“– Brief an Bundeswirtschaftsminister und baden-württembergische Wirtschafts- und Arbeitsministerin
ULM (sz) - Seit Mitte Juli können Handwerksbetriebe nicht rückzahlbare Überbrückungshilfen des Bundes in Anspruch nehmen, wenn sie erhebliche Umsatzeinbußen aufgrund der Coronakrise hatten. 25 Milliarden Euro stehen zur Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen und Betriebe zur Verfügung. Die Handwerkskammer Ulm kritisierte am Montag, dass bis Ende August lediglich rund 250 Millionen Euro an Hilfsgeldern an die Betriebe geflossen seien – gerade mal ein Prozent der Gesamtsumme.
„So kann das nicht weiter gehen: Wir plakatieren die Republik mit Segenstaten über 25 Milliarden Euro und während der vorgesehenen Laufzeit bringen wir nicht mal ein Prozent auf die Straße. Unsere Betriebe brauchen diese Unterstützung dringend“, beklagt Joachim Krimmer, Präsident der Handwerkskammer Ulm.
Ein Grund für die schleppende Auszahlung seien die hohen bürokratischen und inhaltlichen Hürden bei der Antragstellung und Auszahlung. Anders als bei den Soforthilfeanträgen würden die Förderanträge nicht von der Handwerkskammer bearbeitet, sondern müssten von einem Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer gestellt werden. Diese bürokratischen Hindernisse sowie die hohen Hürden für die Bewilligung der staatlichen Hilfen hätten zur Folge, dass bisher nur ein ganz kleiner Bruchteil der notleidenden Unternehmen diese Hilfsgelder beantragt und auch tatsächlich bekommen hat.
„Die Unterstützungsleistung bleibt irgendwo im Rohr stecken. Wenn nur ein Prozent fließt, stellt das die Glaubwürdigkeit unseres politischen Tuns und unsere eigene Fähigkeit in Frage. Unser Land ist zu schwierig und zu bürokratisch organisiert. Diese Bürokratie zerfrisst und zerstört; jedenfalls macht sie es faktisch unmöglich, das zu tun und umzusetzen, was wir uns vorgenommen haben“, so Krimmer.
Die Handwerkskammer Ulm hatte die Bearbeitung der ersten Soforthilfeanträge im Frühjahr organisiert, die Betriebe beraten und die Anträge in der Regel innerhalb von vier Tagen nach Eingang fertig bearbeitet und zur
Auszahlung geleitet. Insgesamt seien so im Gebiet der Handwerkskammer Ulm in kürzester Zeit über 55 Millionen Euro zu rund 5500 regionalen Handwerksbetrieben geflossen. Gleichzeitig wurden rund 1000 Anträge durch die Handwerkskammer abgelehnt, da unter anderem die Bedürftigkeit nicht vorgelegen habe. Krimmer bedauert, dass die Handwerkskammer nicht auch für die jetzigen Anträge und die Auszahlung zuständig gemacht wurde: „Die Erfahrungen aus jüngerer Zeit zeigen: Das hätten wir mit unserer handwerklichen Selbstverwaltung besser gemacht.“Die Handwerkskammer Ulm hat sich nun in einem Brief an
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und die baden-württembergische Wirtschafts- und Arbeitsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut gewandt, um auf diesen Missstand hinzuweisen.
Die Handwerkskammer Ulm ist Dienstleister und Ansprechpartner für rund
19 500 Handwerksbetriebe
mit mehr als 120 000 Beschäftigten und rund 8000 Auszubildenden in den Landkreisen Ostalb, Heidenheim, AlbDonau, Biberach, Ravensburg, Bodensee und den Stadtkreis Ulm.