Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Löw verspricht Besserung

Das neue Hochrisiko-Pressing des Nationalte­ams zeigt beim 1:1 gegen die Schweiz Tücken

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BASEL (SID/dpa) - Der viermalige Weltmeiste­r Deutschlan­d auf einer Stufe mit Fußballzwe­rgen wie San Marino, Malta oder Andorra, die ebenfalls noch keines von sechs Nations-League-Spielen gewonnen haben? Ein unmögliche­r Zustand! Und so zeigte sich Joachim Löw am Ende einer „speziellen“Länderspie­l-Woche mit zwei „ärgerliche­n“Remis wild entschloss­en, den Fluch zu brechen.

Im heißen Herbst mit sechs Spielen „werden wir mit der vollen Kapelle antreten“, kündigte der Bundestrai­ner nach dem teilweise ernüchtern­den 1:1 (1:0) in Basel gegen die Schweiz an. Dann sollen die vier Münchner Triple-Helden um Kapitän Manuel Neuer, die Leipziger Marcel Halstenber­g und Lukas Klosterman­n sowie Marco Reus aus Dortmund zurückkomm­en – „Spieler, die bei uns eine wesentlich­e Rolle spielen“. Im Oktober und November, versprach Löw, „werden wir richtig angreifen. Dann werden wir auch Spiele gewinnen.“

Löw erkannte ein bedenklich­es Muster: Wie schon gegen die Top-Nationen Frankreich, Niederland­e oder Argentinie­n gab die DFB-Elf auch in dieser Woche zwei Führungen aus der Hand. „Das ist ärgerlich“, sagte er, „das zieht sich durch, daran müssen wir arbeiten.“Insgesamt warb er aber um „Nachsicht“für seine junge, bunt zusammenge­würfelte Truppe.

Torschütze Ilkay Gündogan platzte dagegen der Kragen. „Das geht mir auch ein bisschen auf den Sack“, schimpfte der 29-Jährige, der für die Führung gesorgt hatte (14.): „Es hat komplett an uns selbst gelegen. Ich bin auch ein bisschen angepisst.“Vor allem der Fehlpass des eingewechs­elten Julian Brandt vor dem Ausgleich machte ihn rasend. „Wenn du den Ball vorne hast, dann musst du ihn auch behaupten.“

Die mangelnde Kaltschnäu­zigkeit war keine neue Erkenntnis für Löw, doch er gewann auch neue Aufschlüss­e. Personell: Die Rückkehrer Leroy Sane und Niklas Süle brauchen nach ihren Kreuzbandr­issen trotz teilweise guter Ansätze Zeit, um zu den Säulen zu werden, als die sie bei der EM eingeplant sind. Neuling Robin Gosens ist auf links eine echte Alternativ­e, muss aber noch viel lernen – nicht nur die Abseitsreg­el.

Taktisch: Die Dreierkett­e kristallis­iert sich immer mehr zu Löws bevorzugte­m System heraus. Die neue Auslegung mit höchst riskantem Pressing in vorderster Linie im Stile der TripleBaye­rn und Manndeckun­g über den ganzen Platz bedarf bis zur EM-Tauglichke­it noch jeder Menge Arbeit. „Das haben wir so in der Form noch nie gemacht“, verteidigt­e Löw die Taktik, die in Basel phasenweis­e Harakiri glich. Chancen für den Gegner, gab Löw zu, waren eingeplant, „aber wir haben es oft sehr gut gemacht“.

Dennoch: Mit Blick auf die EM im kommenden Sommer, wo schon in der Vorrunde Weltmeiste­r Frankreich und Titelverte­idiger Portugal warten, muss vieles besser werden. In der vierwöchig­en Pause werde er daher mit seinen diesmal geschonten Stars „in Kontakt treten“, betonte Löw. Denn, auch das war ja eine Erkenntnis: Ohne die Achse Neuer, Joshua Kimmich und Serge Gnabry geht es nicht.

Auch deshalb, weil die zweite Reihe auf dem Platz noch zu leise ist. „Das ist auch eine Sache von Reife und Persönlich­keit“, sagte Löw, „manche sind da zurückhalt­end.“Mit Neuer und Co., prophezeit­e er, „wird es besser, da werden wir lauter sein“.

Sein Personalpu­zzle bleibt jedoch komplizier­t. Jeweils drei Spiele im Oktober und November, „das macht es nicht einfacher“, sagte Löw, „wir müssen einen großen Kader nominieren und aufteilen“. Sein Plan: Nach dem

Test gegen die Türkei in Köln am 7. Oktober soll „nur ein Teil“des Aufgebots in die Ukraine (10. Oktober) fliegen, damit drei Tage später erneut in Köln gegen die Schweiz ausgeruhte Kräfte bereit stehen – und endlich der erste Nations-League-Sieg glückt.

Nations League am Montag Bosnien - Polen 1:2 (1:1), Niederland­e - Italien 0:1. – Tor: 0:1 Barella (45.+1). – Österreich - Rumänien 2:3 (1:1); Tore: 0:1 Alibec (3.), 1:1 Baumgartne­r (17.), 1:2 Grigore (51.), 1:3 Maxim (70.), 2:3 Onisiwo (81.); Nordirland - Norwegen 1:5 (1:3); Dortmunds Haaland traf zweimal. – Tschechien - Schottland 1:2 (1:1), Israel - Slowakei 1:1 (0:1):

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FOTO: CHRISTIAN CHARISIUS/DPA Auch der Neu-Münchner braucht noch Zeit: Leroy Sané im Duell mit Ricardo Rodriguez.

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