24-Jähriger verprügelt aus Rache den Mann der Mutter
Im Neu-Ulmer Amtsgericht wird ein besonders schwerer Fall von Selbstjustiz verhandelt
●
SENDEN - Dass man das Gesetz nicht selbst in die Hand nehmen sollte, sondern dass dafür in Deutschland Gerichte zuständig sind, musste ein 24-Jähriger aus dem westlichen Allgäu erst lernen. Zusammen mit seinem Schwager hat er im August vergangenen Jahres den Ehepartner seiner Mutter, von dem diese mittlerweile geschieden ist, vor dessen Wohnung in Senden verprügelt. Dafür mussten sich die beiden vor dem Neu-Ulmer Amtsgericht verantworten.
Angeklagt waren die beiden wegen einer gemeinschaftlich begangenen schweren Körperverletzung. Laut den beiden Angeklagten waren der Streit und die körperliche Auseinandersetzung nicht geplant gewesen. „Wir wollten eigentlich nur die Sachen meiner Mutter bei ihrem ExMann abholen“, erklärte der Sohn. Während des gemeinsamen Türkeiurlaubs der Mutter und deren Partner sei es zu einem großen Streit gekommen, wobei der Ex-Mann seiner Frau mit dem Tod gedroht haben soll. So schilderten es auf jeden Fall die Angeklagten.
„Meine Mutter kam alleine mit dem Flugzeug aus dem Urlaub zurück. Ihr Ex-Mann fuhr mit seinem Auto, in dem die ganzen Sachen meiner Mutter waren“, berichtete der 24-jährige Monteur dem Gericht. Als er mit seinem 29-jährigen Schwager, dem Mit-Angeklagten, beim Haus des Ex-Mannes in Senden ankam, sei die Lage schließlich eskaliert.
Nach den Erzählungen der beiden Täter habe der Mann versucht, wegzufahren und wollte die Koffer seiner Ex-Frau nicht zurückgeben, sondern mit den beiden in einer Bäckerei sprechen. Der 29-Jährige hat den Mann schließlich an der Schulter aus dessen Auto gezogen, dann kam es zu einer Rangelei. „Es ging alles Schlag auf Schlag“, gestand der Jüngere. Die Vorsitzende Richterin Gabriele Buck zog die Augenbrauen hoch: „Im wahrsten Sinne des Wortes, oder?“Die beiden schlugen mehrfach mit ihren Fäusten auf den Mann ein. Außerdem erhielt das Opfer eine Kopfnuss, wodurch es auf dem Boden landete. Dann traten die beiden jungen Männer noch mehrfach auf ihn ein.
Der Geschädigte, der als Zeuge aussagte, war noch sichtlich mitgenommen von dieser Tat, die über ein Jahr her ist. Ihm wurden dabei zwei Rippen gebrochen und er erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma. Laut dem ärztlichen Nachweis war der Metallarbeiter fast sechs Wochen lang krankgeschrieben und muss weiterhin zur Krankengymnastik. Obwohl die Angeklagten versicherten, die Attacke sei nicht geplant gewesen, kaufte Richterin Buck ihnen die Geschichte nicht so ganz ab. Für sie klinge es eher nach Rache: „Sie wissen hoffentlich, in Deutschland gibt es keine Selbstjustiz.“Dennoch spreche die gute Sozialprognose und das gute Verhalten der Männer für eine für die Tat eher milde Strafe: Der 24-Jährige bekam ein Jahr und sechs Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung, der 29-jährige Familienvater nur ein Jahr auf Bewährung. Außerdem muss er 2000 Euro an den Förderkreis für Tumor- und Leukämiekranke zahlen, während sein jüngerer Schwager 5000 Euro an die Arbeiterwohlfahrt spenden muss. „Mit jeder Rate, die von ihrem Konto weggeht, sollen sie daran denken, was sie Schlimmes getan haben“, ermahnte die Richterin.
„Und man sieht einmal wieder: Solche Situationen gibt es nicht nur im Reality-Fernsehen, sondern das ist die Realität in Senden“, sagte Buck und schloss mit ermahnendem Blick in Richtung der beiden jungen Männer die Akten.