Falscher Aktionismus
H● ubertus Heil fordert einen gesetzlichen Anspruch auf Arbeit in den eigenen vier Wänden oder von unterwegs. Die Idee leuchtet auf den ersten Blick ein: Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass gerade das Homeoffice in vielen Branchen funktioniert, außerdem wünschen sich Arbeitnehmer mehr Flexibilität. Doch nur weil eine Idee einleuchtend ist, braucht sie zur Umsetzung noch lange keine Gesetzesinitiative.
Ein solcher gesetzlicher Anspruch auf Homeoffice ist in vielerlei Hinsicht falsch. Wo Menschen arbeiten, ist eine Frage, die zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geregelt werden sollte. Es müsste schon ein offensichtlicher Missstand vorliegen, um zu rechtfertigen, dass sich die Politik in die Arbeitsorganisation von Unternehmen einmischt. Diesen Missstand gibt es jedoch nicht.
Nicht nur in den vergangenen Monaten haben Unternehmer gezeigt, dass sie verstaubte Arbeitsweisen überdenken. Die für deutsche Konzerne strenge Anwesenheitskultur haben Vorstände und Personalchefs vieler Unternehmen innerhalb kürzester Zeit gelockert – zwar unter dem Druck der Kontaktbeschränkungen einer weltweiten Pandemie und relativ spät, aber immerhin.
Hinzu kommt der Arbeitsaufwand für Unternehmen. Selbst bei Berufen wie Koch oder Arzt müsste ein Arbeitgeber schriftlich begründen, warum der Mitarbeiter nicht von zu Hause oder von unterwegs tätig sein könne. Eine Belastung, gerade für kleinere Unternehmen.
Heil stellte den Gesetzesentwurf außerdem zu einem fragwürdigen Zeitpunkt vor. Die Unternehmen haben sich gerade erst für die mobile Arbeit geöffnet, sie probieren aus und suchen derzeit die besten Lösungen. In diesen Prozess durch einen Gesetzesentwurf einzugreifen, ist kurzsichtig und signalisiert fehlendes Vertrauen in die Unternehmer.
Die Bundesregierung sollte abwarten und beobachten, ob die Arbeitgeber auch nach der Pandemie das Konzept Homeoffice weiterverfolgen. Sollten sie das nicht tun, hätte die Politik immer noch Zeit genug, eine Gesetzesinitiative zu starten.