EU ehrt Opposition in Belarus
Parlament verleiht Vertretern Sacharow-Preis
BRÜSSEL/MINSK (dpa) - Der renommierte Sacharow-Menschenrechtspreis des Europaparlaments geht in diesem Jahr an die Opposition in Belarus. Ihre Vertreter verkörperten tagtäglich den Kampf für Menschenrechte und Meinungsfreiheit, sagte EU-Parlamentspräsident David Sassoli am Donnerstag bei der Bekanntgabe im Plenum in Brüssel. Sie alle seien starke Menschen angesichts eines sehr mächtigen Gegners. „Aber sie haben etwas auf ihrer Seite, das rohe Gewalt niemals besiegen kann: die Wahrheit“, sagte Sassoli.
Das EU-Parlament ist die erste Institution, die die Proteste auf internationaler Ebene mit einer Auszeichnung würdigt. Damit wolle man den Menschen das Zeichen geben, weiterhin stark zu sein.
Die Auszeichnung richte sich an die demokratische Opposition in Belarus vertreten durch den Koordinierungsrat, Aktivistinnen wie Swetlana Tichanowskaja und Persönlichkeiten aus der Zivilgesellschaft wie die politisch engagierte Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch, erklärte das Europaparlament.
Seit der Präsidentenwahl am 9. August gibt es in Belarus regelmäßig Proteste. Das Land steckt in einer schweren innenpolitischen Krise. Die frühere Fremdsprachenlehrerin Tichanowskaja gilt als Anführerin der Demokratiebewegung. Die 38Jährige hatte überraschend eine Zulassung zur Präsidentenwahl erhalten, nachdem Machthaber Alexander Lukaschenko ihren Ehemann im Gefängnis hatte einsperren lassen.
Ihr Mann Sergej Tichanowski erhielt ebenso wenig eine Zulassung zur Wahl wie der zum Start des Wahlkampfes inhaftierte Viktor Babariko.
Mit Babarikos Wahlkampfmanagerin Maria Kolesnikowa und Veronika Zepkalo, der Ehefrau des Aktivisten und IT-Unternehmers Waleri Zepkalo, schlossen sich die Frauen zu einem kämpferischen Trio zusammen. Sie hatten im Straßenwahlkampf großen Zulauf – trotz massiver Behinderung durch die Behörden.
Die Frauen-Troika mit Tichanowskaja an der Spitze wurde schnell zum Symbol des Widerstands gegen Lukaschenko. Der 66-Jährige ließ sich dann nach 26 Jahren an der Macht zum sechsten Mal in Folge zum Präsidenten ausrufen – mit mehr als 80 Prozent der Stimmen. Doch Tichanowskaja zweifelte das Ergebnis an. Ihre Anhänger erklärten sie zur wahren Siegerin, doch wurde die Mutter zweier Kinder zur Ausreise in das EU-Nachbarland Litauen gezwungen.