Alles andere als apolitisch
Auch US-Sportstars und Clubbesitzer werden zu Wahlkämpfern – doch keiner engagiert sich wie LeBron James
HAMBURG (SID/dpa) - LeBron James im TV mit Barack Obama, LeBron James in Interviews mit den großen Zeitungen, LeBron James als Wahlkämpfer in den Sozialen Medien – wie kein zweiter Sportstar in den USA mischt der Basketball„King“im Kampf um das Weiße Haus mit.
„Wir reden immer darüber, dass wir Veränderungen wollen – und jetzt haben wir die Möglichkeit dazu“, sagte James mit Blick auf diesen 3. November, den Tag der Entscheidung zwischen Amtsinhaber Donald Trump und Herausforderer Joe Biden. Für den 35-Jährigen geht es um alles, mit seiner Kampagne „More than a vote, mehr als eine Stimme“ruft James zum Wählen auf. Und natürlich ist Biden sein Favorit, Trump nannte er einen „sogenannten Präsidenten“, er sprach ihm quasi die Fähigkeiten für den „wichtigsten Job der Welt“ab.
Trump vs. Biden – so gespalten wie das Land in dieser Frage ist auch der Sport. Es gibt Stars wie James oder den Golfer Jack Niklaus (pro Trump), die sich klar positionieren, und dann noch die milliardenschweren Clubbesitzer, die im Hintergrund ihren Einfluss geltend machen. Doch klar ist auch: Der USSport
spricht sich in diesem Jahr sehr viel lauter gegen Trump aus als noch vor vier Jahren, die Bilder der Polizeigewalt gegen Schwarze wie George Floyd, Jacob Blake oder Breonna Taylor, die Massenproteste der Bewegung Black Lives Matter, haben ihre Spuren hinterlassen.
Steve Kerr, Trainer der Golden State Warriors, erinnerte an all die Vorwürfe wegen sexueller Belästigungen, die Anklagen wegen Rassismus und meinte: „Wenn Trump sich bei einem Unternehmen in den USA um eine Stelle bewerben würde, würde die Personalabteilung seine Einstellung ablehnen.“Fußball-Weltmeisterin Megan Rapinoe nannte Trump einen „Wahnsinnigen“. Und selbst Football-Star Tom Brady, lange ein Fan, distanzierte sich zuletzt vom Präsidenten. Sogar NBA-Legende Shaquille O'Neal macht etwas Neues. 48 Jahre alt, eine lebende Basketball-Legende der NBA und: Erstwähler. Der viermalige Meister gibt bei dieser Präsidentenwahl in den USA zum ersten Mal in seinem Leben seine Stimme ab und steht damit stellvertretend für einen Wandel im amerikanischen Sport. „Ich kann Leute nicht darum bitten, zu wählen, wenn ich selbst nicht wähle“, sagte O'Neal der Zeitung „USA Today“vor kurzem.
Er habe keine Zeit gehabt, erklärte O'Neal zu seinen bisher verpassten Gelegenheiten bei Wahlen. „Das ist eine schlechte Entschuldigung. Meine Mutter war enttäuscht. Mein Onkel Jerome war enttäuscht. Aber dieses Jahr habe ich mir Zeit genommen.“O'Neal bestätigte auch, dass er sich an einer virtuellen Wahlkampfveranstaltung des Demokraten Biden beteiligt hat, um den Herausforderer von Trump zu unterstützen.
Doch es gibt sie, die Stimmen für Trump. Niklaus, der wohl beste Golfer der Geschichte, sagte etwa, der Republikaner mit dem riesigen Ego habe „seine Versprechen gehalten“und „für den Durchschnittsbürger gearbeitet“. Trump würde „vielen Familien im ganzen Land den amerikanischen Traum“bringen. Und Football-Ikone Brett Favre twitterte, Trumps „Stimme ist für das, was dieses Land großartig macht“, die „Redeund Religionsfreiheit“sowie „hart arbeitende, steuerzahlende Bürger, die Polizei und das Militär“. Außerdem spenden wohl vor allem die milliardenschweren Clubbesitzer aus der eher konservativen NFL für Trump, doch öffentlich reden mögen nur die Wenigsten.
Mutmaßlich auch deshalb, weil Biden in den Umfragen deutlich führt. Einige Spitzensportler und Clubchefs „stimmen dem Präsidenten möglicherweise heimlich zu“, analysierte das „New York Magazine“, doch niemand wolle auf der Seite eines Losers stehen. So würden Sportler häufig auch weiterhin „von Trump angezogen werden“, aber noch wichtiger sei es, „nicht zu verlieren“.
Keine der vier großen Ligen hat sich im Wahlkampf so klar für Biden positioniert wie die NBA, rund 80 Prozent der Spieler der Basketball-Liga sind schwarz. Im Sommer setzte die NBA sogar zwei Tage aus, um gegen den Rassismus im Land zu protestieren. Spieler erzwangen Zugeständnisse der ClubBosse, dass etwa 20 der Liga-Arenen in große Wahllokale umgewandelt werden. Eigentümer von Clubs aus anderen Ligen zogen nach.
Über 60 Millionen Amerikaner haben bereits ihre Stimme abgegeben, trotz Corona wird eine Rekordbeteiligung erwartet. Vielleicht auch eine Folge des Aufrufs aus dem Sport: Geht wählen! Nicht nur Basketball-Legende Michael Jordan meint, eine der „wichtigsten Möglichkeiten, den systemischen Rassismus zu ändern, sind die Wahlen.“
Doch noch etwas bereitet nicht nur Deutschlands Basketball-Legende Dirk Nowitzki Sorgen: die unmittelbaren Folgen der Wahl. Der frühere Superstar der Dallas Mavericks sagte: „Ich hoffe, dass alles friedlich bleibt, egal welches Ergebnis herauskommt.“
„Wenn Trump sich bei einem Unternehmen in den USA um eine Stelle bewerben würde, würde die Personalabteilung seine Einstellung ablehnen.“Steve Kerr
„Ich hoffe, dass alles friedlich bleibt, egal welches Ergebnis herauskommt.“Dirk Nowitzki