Ausbildungsmarkt: Experten ziehen Bilanz
Deutlich mehr Stellen als Bewerber in der Region – Was die Jugendlichen umtreibt
ULM (sz) - Seit September haben wieder viele junge Menschen in der Region eine Ausbildung angetreten. Doch welches Bild zeigt sich am Ausbildungsmarkt im Corona-Jahr 2020? Mathias Auch, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Ulm, Max-Martin Deinhard, Hauptgeschäftsführer der Ulmer IHK, Götz Maier, Geschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Südwestmetall in Ulm, Bärbel Mauch, Geschäftsführerin des DGB Südwürttemberg sowie Tobias Mehlich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Ulm, ziehen Bilanz.
Agentur für Arbeit Ulm, IHK Ulm, Südwestmetall Ulm, DGB Südwürttemberg und Handwerkskammer Ulm verstehen sich als institutionelle Partner am regionalen Arbeitsund Ausbildungsmarkt, unter anderem auch unter dem Dach des Fachkräftebündnisses Ulm/Oberschwaben. Allen gemeinsam ist das Bekenntnis zur dualen Ausbildung als Beitrag zur Zukunftssicherung für junge Menschen und für die regionale Wirtschaft.
Dies insbesondere auch mit dem Blick über die gegenwärtige Krise hinaus, da Herausforderungen wie Fachkräftesicherung und demografischer Wandel durch Corona allenfalls in den Hintergrund gerückt sind.
Mathias Auch: „Sowohl die Zahl der bei der Agentur für Arbeit Ulm gemeldeten Ausbildungsstellen als auch die der Bewerber ist im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen. Hier zeigt sich aber nicht nur Corona, sondern auch der Strukturwandel macht sich bemerkbar.“Hinzu komme, dass Berufswahlentscheidungen und Einstellungen krisenbedingt oft deutlich später stattgefunden hätten als üblich. „Dennoch ist der Ausbildungsmarkt weiterhin ein Bewerbermarkt, soll heißen: Es gab deutlich mehr gemeldete Stellen als Bewerber und auch jetzt sind noch Ausbildungsplätze frei. Die Berufsberatung ist aktuell in der Verlängerung und berät Jugendliche auch jetzt noch, um in das bereits gestartete Ausbildungsjahr einzusteigen“, so Auch.
Max-Martin Deinhard von der IHK: „Die Corona-Krise hat die Nachfrage nach Fachkräften insgesamt gebremst und gegenwärtig zu einem Überschuss geführt. Diese Entwicklung wird sich bei einer wirtschaftlichen Erholung jedoch in den kommenden zwei Jahren wieder umkehren.“Aufgrund der Altersstruktur der Fachkräfte würden in den kommenden Jahren immer größere Anteile der Belegschaften ausscheiden. Weder der ausgebildete Nachwuchs noch Personen aus der stillen Reserve, also erwerbsfähige aber nicht erwerbstätige Menschen, würden diese Lücke schließen können.
„Letztlich fehlen zwischen 2020 und 2030 in der IHK-Region Ulm durchschnittlich mehr als 10 500 Fachkräfte. Wichtig ist daher, den Herausforderungen des demografischen Wandels vorausschauend zu begegnen, indem auch jetzt durch Ausbildung zukünftiges Fachkräftepotenzial gesichert wird. Dazu müssen wir die berufliche Bildung mit ihrer Vielfalt an Bildungsangeboten weiter stärken, Jeder und Jede wird gebraucht“, sagt der Hauptgeschäftsführer der Ulmer IHK.
„In der Metall- und Elektroindustrie haben vor allem kleinere und mittelständische Betriebe Schwierigkeiten, alle Ausbildungsstellen zu besetzen“, sagt der Geschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Südwestmetall in Ulm Götz Maier. Dies habe sich durch Corona noch verschärft. Die Zahlen der Agentur für Arbeit zeigten in verschiedenen Berufsbildern der Metall- und Elektroindustrie einen Rückgang an gemeldeten Bewerbern wie auch gemeldeten Ausbildungsstellen im Vergleich zum Vorjahr. Dennoch gebe es in der Branche für fast alle Berufsbilder mehr Stellen als Bewerber. „In Zeiten, in denen Bildungsmessen und häufig auch Praktika nicht stattfinden können, unterstützen wir digitale Formate, damit sich Jugendliche umfassend informieren können“, sagt er.
„Die Auswirkungen von Corona, gepaart mit dem Strukturwandel, werden sich im Jahr 2021 gravierend bemerkbar machen“, sagt Bärbel Mauch, Geschäftsführerin des DGB Südwürttemberg, voraus. Es dürfe aber nicht passieren, dass Betriebe Ausbildungsplätze streichen, um allein der momentan schwierigen Situation