Sollen Sternsinger noch geschminkt werden?
Das Kindermissionswerk rät davon ab – Pfarrer in der Region dagegen sehen darin kein Problem
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BIBERACH - Noch ist völlig offen, wie und ob die Sternsinger in der Corona-Pandemie von Tür zu Tür gehen können. Unabhängig davon stellt sich die Frage: Ist es noch zeitgemäß, Kinder schwarz zu schminken? Das Kindermissionswerk der katholischen Kirche in Deutschland – es organisiert die Sternsinger-Aktion federführend – empfiehlt, darauf zu verzichten. Die Pfarrer in der Region sehen dagegen keine Probleme in dem Brauch.
Der Dekan Sigmund F. J. Schänzle kann die Rassismus-Debatten nicht ganz verstehen. „Bleichgesichter führen eine Diskussion über dunkelhäutige Mitbürger“, sagt der katholische Pfarrer. „Würden sich dunkelhäutige Mitbürger daran stören, könnte ich der Diskussion etwas abgewinnen.“Die Heiligen Drei Könige,
Caspar, Melchior und Balthasar, repräsentieren die damals drei bekannten Erdteile Asien, Afrika und Europa. Der schwarze König stand für Afrika.
„Alle drei Könige sind gleichberechtigt. Der Mohr ist hier kein Sklave der anderen“, erläutert Schänzle den Hintergrund. Er freue sich immer, wenn Kinder mit afrikanischen
Wurzeln Teil der Sternsinger seien. Die Diskussion, was rassistisch sein soll und was nicht, wird laut ihm häufig zu ideologisch geführt. Immer wieder entstanden, auch in Sozialen Netzwerken, teils emotionale Debatten darüber, wie zum Beispiel mit „Mohr“-Begriffen oder entsprechenden Firmenlogos umzugehen ist. Auch die Krippe im Ulmer Münster rückte vor Kurzem wegen der Darstellung des Melchiors in den Fokus.
Das Kindermissionswerk sieht im Schminken der Kinder übrigens kein rassistisches „Blackfacing“, wie es auf dessen Homepage heißt. „Blackfacing“bezeichne die abwertende Darstellung dunkelhäutiger Menschen im 19. Jahrhundert.
Vielmehr gehe es bei der Tradition darum, die damals drei bekannten Erdteile darzustellen: „Dem lag der positive Gedanke zugrunde, dass Gott für alle Menschen Mensch geworden ist.“Trotzdem glaubt das Kindermissionswerk, dass der ursprüngliche Sinn der Tradition besser deutlich wird, wenn Kinder als Sternsinger so gehen, wie sie sind: vielfältig in ihrem Aussehen.
„Das Schminken der Heiligen Drei Könige hat nichts mit Rassismus zu tun. Alle drei haben den gleichen Rang“, sagt der Biberacher
Pfarrer Stefan Ruf. „Es versammelt sich sozusagen die Weltbühne an der Krippe.“Bislang sei dieses Thema innerhalb der Seelsorgeeinheit nicht aufgekommen, wobei die Kinder ohnehin schon seit Längerem nicht mehr geschminkt würden. Wichtiger seien die Gewänder, Lieder, Gedichte und das Hilfsprojekt, erläutert Ruf. „Ob die Kinder dabei geschminkt sind, ist für mich nicht von großer Bedeutung.“
In der Seelsorgeeinheit Bad Schussenried kümmert sich Gemeindereferentin Elvira Schlichting um die Sternsingeraktion. Für sie sei ebenfalls kein Rassismus im Schminken der Kinder zu erkennen: „Ich glaube nicht, dass dadurch jemand unterdrückt wird. Jeder Mensch zählt vor Gott gleich.“
Kinder seien bislang geschminkt worden und das habe man auch weiterhin vor. Vorausgesetzt, in Zeiten von Abstandsgebot lasse sich dies überhaupt umsetzen, so Schlichting. Bisher hätten die Sternsinger auch keine negativen Erfahrungen an den Türen gemacht.
„Man hat teilweise die Sternsinger geschminkt, wobei es jedem freigestellt ist. Eine verbindliche Regel gibt es bei uns nicht“, sagt der Pfarrer der Seelsorgeeinheit Heimat Bischof Sproll, Jürgen Sauter. Auch er sieht in dem Brauch keine Diskriminierung. Als er noch Pfarrer in Göppingen war, habe sich diese Frage für ihn ohnehin nicht gestellt, weil Kinder mit dunkler Hautfarbe bei den Sternsingern mit dabei waren.
„Wir dürfen in der Diskussion nicht von einem Extrem ins andere kommen“, mahnt der Pfarrer. Ziel müsse sein, dass unterschiedliche Hautfarben und Herkünfte zur Normalität gehörten: „Wir brauchen einen ungezwungenen Umgang.“