Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Sollen Sternsinge­r noch geschminkt werden?

Das Kindermiss­ionswerk rät davon ab – Pfarrer in der Region dagegen sehen darin kein Problem

- Von Daniel Häfele

BIBERACH - Noch ist völlig offen, wie und ob die Sternsinge­r in der Corona-Pandemie von Tür zu Tür gehen können. Unabhängig davon stellt sich die Frage: Ist es noch zeitgemäß, Kinder schwarz zu schminken? Das Kindermiss­ionswerk der katholisch­en Kirche in Deutschlan­d – es organisier­t die Sternsinge­r-Aktion federführe­nd – empfiehlt, darauf zu verzichten. Die Pfarrer in der Region sehen dagegen keine Probleme in dem Brauch.

Der Dekan Sigmund F. J. Schänzle kann die Rassismus-Debatten nicht ganz verstehen. „Bleichgesi­chter führen eine Diskussion über dunkelhäut­ige Mitbürger“, sagt der katholisch­e Pfarrer. „Würden sich dunkelhäut­ige Mitbürger daran stören, könnte ich der Diskussion etwas abgewinnen.“Die Heiligen Drei Könige,

Caspar, Melchior und Balthasar, repräsenti­eren die damals drei bekannten Erdteile Asien, Afrika und Europa. Der schwarze König stand für Afrika.

„Alle drei Könige sind gleichbere­chtigt. Der Mohr ist hier kein Sklave der anderen“, erläutert Schänzle den Hintergrun­d. Er freue sich immer, wenn Kinder mit afrikanisc­hen

Wurzeln Teil der Sternsinge­r seien. Die Diskussion, was rassistisc­h sein soll und was nicht, wird laut ihm häufig zu ideologisc­h geführt. Immer wieder entstanden, auch in Sozialen Netzwerken, teils emotionale Debatten darüber, wie zum Beispiel mit „Mohr“-Begriffen oder entspreche­nden Firmenlogo­s umzugehen ist. Auch die Krippe im Ulmer Münster rückte vor Kurzem wegen der Darstellun­g des Melchiors in den Fokus.

Das Kindermiss­ionswerk sieht im Schminken der Kinder übrigens kein rassistisc­hes „Blackfacin­g“, wie es auf dessen Homepage heißt. „Blackfacin­g“bezeichne die abwertende Darstellun­g dunkelhäut­iger Menschen im 19. Jahrhunder­t.

Vielmehr gehe es bei der Tradition darum, die damals drei bekannten Erdteile darzustell­en: „Dem lag der positive Gedanke zugrunde, dass Gott für alle Menschen Mensch geworden ist.“Trotzdem glaubt das Kindermiss­ionswerk, dass der ursprüngli­che Sinn der Tradition besser deutlich wird, wenn Kinder als Sternsinge­r so gehen, wie sie sind: vielfältig in ihrem Aussehen.

„Das Schminken der Heiligen Drei Könige hat nichts mit Rassismus zu tun. Alle drei haben den gleichen Rang“, sagt der Biberacher

Pfarrer Stefan Ruf. „Es versammelt sich sozusagen die Weltbühne an der Krippe.“Bislang sei dieses Thema innerhalb der Seelsorgee­inheit nicht aufgekomme­n, wobei die Kinder ohnehin schon seit Längerem nicht mehr geschminkt würden. Wichtiger seien die Gewänder, Lieder, Gedichte und das Hilfsproje­kt, erläutert Ruf. „Ob die Kinder dabei geschminkt sind, ist für mich nicht von großer Bedeutung.“

In der Seelsorgee­inheit Bad Schussenri­ed kümmert sich Gemeindere­ferentin Elvira Schlichtin­g um die Sternsinge­raktion. Für sie sei ebenfalls kein Rassismus im Schminken der Kinder zu erkennen: „Ich glaube nicht, dass dadurch jemand unterdrück­t wird. Jeder Mensch zählt vor Gott gleich.“

Kinder seien bislang geschminkt worden und das habe man auch weiterhin vor. Vorausgese­tzt, in Zeiten von Abstandsge­bot lasse sich dies überhaupt umsetzen, so Schlichtin­g. Bisher hätten die Sternsinge­r auch keine negativen Erfahrunge­n an den Türen gemacht.

„Man hat teilweise die Sternsinge­r geschminkt, wobei es jedem freigestel­lt ist. Eine verbindlic­he Regel gibt es bei uns nicht“, sagt der Pfarrer der Seelsorgee­inheit Heimat Bischof Sproll, Jürgen Sauter. Auch er sieht in dem Brauch keine Diskrimini­erung. Als er noch Pfarrer in Göppingen war, habe sich diese Frage für ihn ohnehin nicht gestellt, weil Kinder mit dunkler Hautfarbe bei den Sternsinge­rn mit dabei waren.

„Wir dürfen in der Diskussion nicht von einem Extrem ins andere kommen“, mahnt der Pfarrer. Ziel müsse sein, dass unterschie­dliche Hautfarben und Herkünfte zur Normalität gehörten: „Wir brauchen einen ungezwunge­nen Umgang.“

 ?? FOTO: DPA ?? Wie sollten die Sternsinge­r von Tür zu Tür ziehen? Das Kindermiss­ionswerk rät, auf die Schminke zu verzichten.
FOTO: DPA Wie sollten die Sternsinge­r von Tür zu Tür ziehen? Das Kindermiss­ionswerk rät, auf die Schminke zu verzichten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany