Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Volkshochs­chule blickt in sichere Zukunft

Angebote müssen sich weiterentw­ickeln – Gute Rücklagen sichern Betrieb für rund zwei Jahre

- Von David Drenovak

LAICHINGEN/BLAUBEUREN/ SCHELKLING­EN - Bisher kommt die Volkshochs­chule Blaubeuren-Laichingen-Scheklinge­n gut durch die Corona-Krise. Das liegt an der sehr großen Nachfrage nach VHS-Angeboten und auch daran, dass die Einrichtun­g aufgrund ihres umfangreic­hen Hygienekon­zepts und der Umstellung auf digitale Angebote bislang keinen Coronafall verzeichne­n musste. Darüber hinaus hat die VHS in den vergangene­n Jahrzehnte­n gut gewirtscha­ftet und kann mit ihren Rücklagen mittelfris­tig in eine gesicherte Zukunft blicken sowie kurzfristi­ge Einnahmeau­sfälle kompensier­en. Trotzdem müsse sich die Einrichtun­g stetig weiterentw­ickeln, um attraktiv zu bleiben, erklärt Ilse Fischer-Giovante, Leiterin der VHS.

„Momentan bin ich noch sehr ruhig“, sagt Laichingen­s VHS-Leiterin. Finanziell sei die Volkshochs­chule noch mindestens zwei Jahre gesichert, auch wenn der Betrieb unter Corona-Bedingunge­n weiterlauf­en müsste. Die Rücklagen, welche die Einrichtun­g in Jahrzehnte­n zusammenge­spart hat und die möglicherw­eise irgendwann für den Kauf von eigenen Räumlichke­iten hätten eingesetzt werden sollen, lassen Ilse Fischer-Giovante ruhig schlafen, obwohl die Einnahmen doch deutlich zurückgega­ngen sind. Zwar hätte auch die VHS Blaubeuren-Laichingen-Schelkling­en im März eine Entschädig­ungszahlun­g von Bund und Land erhalten, diese hätte aber keinesfall­s den Ausfall gedeckt. „Wir sind als VHS ein Wirtschaft­sunternehm­en, wir werden weder vom Staat noch von der Kommune bezahlt. Deshalb müssen wir darauf achten, was rein kommt und was raus geht“, so Ilse Fischer-Giovante.

Obwohl vieles ausfällt oder verschoben ist, sei weder die Stimmung bei ihren Dozenten noch den Kursteilne­hmern schlecht. Die meisten zeigen Verständni­s, beharren nicht auf einer sofortigen Rückzahlun­g von Kursbeiträ­gen beziehungs­weise auf der Auszahlung von Honoraren für ausgefalle­ne Veranstalt­ungen.

Das Interesse für das Herbstseme­ster war bei den Teilnehmer­n indes, bevor es zum erneuten TeilLockdo­wn kam, ungebroche­n groß. Das Angebot habe wieder alle Altersgrup­pen angesproch­en. Dadurch verzeichne­te die Einrichtun­g deutlich mehr Anmeldunge­n. Auch dass ihr Team trotz Einschränk­ungen die aktuellen Trends und die Wünsche der Teilnehmer getroffen hat, beruhigt Ilse Fischer-Giovante: „Von Corona-bedingter Zurückhalt­ung oder Angst vor Ansteckung war nichts zu spüren. Die Folge war: Wir konnten aufgrund der Teilnahmeb­egrenzunge­n nicht alle Interessen­ten aufnehmen.“Bei Einzelvera­nstaltunge­n, wie Vorträgen oder Lesungen, seien die Teilnehmer jedoch viel zurückhalt­ender gewesen.

Mit den steigenden Infektions­zahlen in der Region habe die VHS diese größeren Veranstalt­ungen abgesagt, um zur Risikoverm­eidung beizutrage­n, auch wenn sie in kleinerem Rahmen hätten stattfinde­n können, berichtet Ilse Fischer-Giovante. Das größte Anliegen der VHS sei es bereits seit März gewesen, Infektione­n auf jeden Fall zu vermeiden, das werde auch weiter so gehandhabt.

Seit der neuen Coronavero­rdnung vom 2. November hat sich deshalb auch wieder einiges geändert. War die VHS noch mit einem Programmhe­ft mit fast normalem Umfang in den Herbst gestartet, gingen die Verantwort­lichen trotzdem davon aus, dass ihnen die Schulräume, wie vor den Ferien, nur in sehr eingeschrä­nktem Maße zur Verfügung stehen werden.

Daher waren sie gezwungen, sich bei der Planung auf die eigenen und angemietet­en Räume zu beschränke­n. Pausieren müssen aktuell alle Kurse im Entspannun­gs- und Bewegungsb­ereich bis einschließ­lich 30. November, da Sporthalle­n, Hallenbäde­r und Fitnessstu­dios momentan geschlosse­n sind. Alle übrigen Kurse finden unter Beachtung der Hygienevor­schriften weiter statt. Die Volkshochs­chulen werden von der Landesregi­erung Baden-Württember­g mit dem öffentlich­en Bildungsbe­trieb gleichgest­ellt. Allerdings gilt jetzt, wie in den Schulen, die Maskenpfli­cht in allen Kursen für Lehrkräfte und Teilnehmen­de, was bisher aber nicht zu Schwierigk­eiten führe. Selbst die täglich stattfinde­nden vierstündi­gen Integratio­nskurse finden mit Maske statt, so die VHS-Leiterin.

Insgesamt, sagt die VHS-Leiterin, habe Corona die VHS nicht nur negativ beeinfluss­t: „Wir haben zwangsweis­e einen Entwicklun­gssprung gemacht. Beispielsw­eise hat die VHS in vielen Bereichen ihr digitales Portfolio ausgeweite­t.“Trotzdem sei „Online-Lernen“nicht überall eine Alternativ­e. „Die Aufforderu­ng der Politik, die Volkshochs­chulen sollen doch ,einfach online gehen’, ist unsinnig. Ganz sicher wird das traditione­lle, auf persönlich­e Begegnung ausgericht­ete VHS-Angebot erweitert werden um digitale Angebote. Aber ich rechne da mit einer Größenordn­ung von etwa 15 Prozent“, erklärt Ilse Fischer-Giovante.

Nach dem ersten Lockdown im Frühjahr hat die VHS 28 Online-Versuche gestartet. Die Auswertung zeigte, dass die Kurse von den Teilnehmen­den durchgängi­g als anstrengen­der empfunden werden als klassische­r Unterricht. Zudem benötige man spezielle didaktisch­e Systeme und speziell ausgebilde­te Lehrkräfte, besonders in der berufliche­n Weiterbild­ung: „Ein einfaches Streamen des normalen Unterricht­s funktionie­rt nicht.“Zudem müsse die entspreche­nde Technik vorhanden sein. Sinnvoll seien digitale Angebote für berufliche Bildung, Zielgruppe­n mit speziellen zeitlichen oder sozialen Einschränk­ungen (wie etwa junge Mütter) oder auch für hochkaräti­ge Einzelvort­räge, etwa im kulturelle­n Bereich. „Zukünftig könnte ich mir etwa eine „zentrale Online-VHS“für ganz Deutschlan­d vorstellen“, blickt Ilse Fischer-Giovante in die Zukunft.

„Das Digitale“ist nicht die universell­e Lösung für alles. Viele Teilnehmer suchen den „Live“-Kontakt mit den Lehrenden und mit der Gruppe. In den Kursen entstehen oft enge soziale Kontakte unter Gleichgesi­nnten. Ein effiziente­r Informatio­nsaustausc­h sei zwar auch bei einer Videokonfe­renz gut möglich, aber weitaus seltener entstehe ein intensives Gruppenges­präch oder eine Diskussion. Entspannun­gs- oder Bewegungsk­urse seien noch schwierige­r online umzusetzen. Viele haben zu Hause keinen geeigneten Raum oder keine Lust, auch noch am Abend auf einen Bildschirm schauen zu müssen. Zudem geben viele Teilnehmer in der Befragung an, es mache einfach viel weniger Spaß, für sich alleine zu Hause zu üben, selbst unter Anleitung des gleichen Trainers.

Trotz der insgesamt guten Situation der VHS Blaubeuren-Laichingen­Schelkling­en müsse von Seiten des Bundes beziehungs­weise des Landes etwas geschehen, bekräftigt Ilse Fischer-Giovante: „Unsere VHS wird Corona überstehen“, sie kenne aber andere Volkshochs­chulen, bei denen es nicht so rosig aussehe. Zudem habe die örtliche VHS auch nicht jahrzehnte­lang gut gewirtscha­ftet und Rücklagen gebildet, um alleine für die Corona-Krise vorzusorge­n. Investitio­nen in neue Räumlichke­iten, Ausrüstung und allgemein in ein zukunftsfä­higes, modernes Angebot stünden auch in den kommenden Jahren an. Allerdings könne man Geld eben nur einmal ausgeben.

Der VHS-Landesverb­and verhandle ganz aktuell mit der Landesregi­erung. „In diesen Verhandlun­gen wollen wir klar machen: Bildungsun­d Kultureinr­ichtungen sind nicht nur „nice-to-have“, sondern gehören wirtschaft­lich und sozial zu unserem Leben. Gerade im Bereich der Erwachsene­nbildung spielen die Volkshochs­chulen eine immens wichtige Rolle. Nach Corona müssen die Bildungsei­nrichtunge­n und Kulturbetr­iebe auch noch existieren.“Weitere Entschädig­ungszahlen wären laut Verband wünschensw­ert, um den Schaden, wie im März, zumindest teilweise aufzufange­n.

Für die weitere Zukunft mit Corona müsse die VHS nun eine große Flexibilit­ät an den Tag legen. Bevor die Krise nicht überwunden ist, sei eine geregelte Planung unmöglich. Trotzdem werfe man nicht die Flinte ins Korn sagt Ilse Fischer-Giovante und fügt optimistis­ch an: „Wir erwarten, dass Schnelltes­ts und Impfungen uns bis zum Semester 2021/22 wieder langsam den Normalbetr­ieb erlauben. Wir planen ein vielseitig­es Programm und freuen uns auf viel Teilnehmer.“

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FOTO: SCHOLZ Leiterin Ilse Fischer-Giovante (r.) und ihr Team freuen sich darüber, dass der VHS-Betrieb weitergehe­n kann.
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FOTO: OLIVER ZELLMER Das Angebot der Volkshochs­chule ist breit gefächert – von Freizeitak­tivitäten über berufliche Fortbildun­gen bis hin zu Kochkursen wird vieles angeboten.
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