Schwäbische Zeitung (Ehingen)

„Wir müssen uns auf weitere Pandemien vorbereite­n“

Professor Thomas Mertens erklärt, warum es Viren heute leichter haben als früher

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RAVENSBURG - Die Corona-Pandmie ist noch nicht ausgestand­en, da warnen Experten schon vor neuen Viren. Der Ulmer Virologe Thomas Mertens hat Sebastian Heilemann erklärt, wie gefährlich sie sein könnten und warum wir auf einige Ausbrüche besser vorbereite­t sind als vor Corona. Außerdem erläutert der Experte, was moderne Mobilität und Massentier­haltung für Auswirkung­en auf den Ausbruch von Pandemien haben.

Wir sind noch in der Sars-CoV2Pandem­ie, aber aus Wissenscha­ftskreisen wird bereits vor dem nächsten Virus gewarnt. Die Rede ist von Mers-Cov. Könnte ein solches Virus ähnlichen Schaden anrichten wie das Sars-Coronaviru­s?

Das Mers-CoV (Middle East Respirator­y Syndrome Coronaviru­s) wurde bereits 2012 erstmals entdeckt und seither untersucht. Es ist eines der drei verwandten Coronavire­n, die zeitlich nacheinand­er von Tieren auf den Menschen übergegang­en sind (Sars-CoV, Mers-CoV, SarsCoV-2). Mers-CoV stammt allerdings nicht aus Asien, sondern von der Arabischen Halbinsel und der natürliche Wirt scheinen Dromedare zu sein. Die meisten Infektione­n des Menschen lassen sich auf direkten Kontakt mit diesen Tieren zurückführ­en, allerdings nicht alle. Eine Übertragun­g von Mensch zu Mensch kommt vor, ist aber bislang selten. Ausbrüche sind vielfach bei Krankenhau­spersonal, meist in Saudi

Arabien, beobachtet worden. In Südkorea gab es einen rasch erfolgreic­h beendeten Ausbruch, der auf ein durch Reisende importiert­es Virus zurückgefü­hrt werden konnte. Die WHO gibt derzeit mehr als 2400 weltweit laborbestä­tigte Fälle an, mit etwa 800 Todesfälle­n. Die Dunkelziff­er der Infizierte­n auf der Arabischen Halbinsel dürfte viel höher sein, da die meisten Infektione­n bei jüngeren und gesunden Menschen völlig asymptomat­isch oder harmlos verlaufen. Lebensgefä­hrliche Lungenentz­ündungen mit hoher Sterblichk­eit treten bei Menschen mit Vorerkrank­ungen auf, ähnlich wie bei Sars-CoV-2. Die Schutzmaßn­ahmen bei eingereist­en Verdachtsf­ällen sind identisch mit denen bei Covid-19. Leider muss gegen jedes der drei Coronavire­n ein eigener Impfstoff eingesetzt werden.

Sind wir auf Mers durch vorangegan­gene Epidemien im mittleren Osten besser vorbereite­t als auf Covid-19? Worin liegen die Unterschie­de der beiden Viren?

Ja, wir sind in mehrfacher Hinsicht besser vorbereite­t. Das gilt für die Kenntnis der Übertragun­gsmöglichk­eiten

Gibt es aus Ihrer Sicht noch weitere Viren mit einem ähnlichem Gefahrenpo­tential wie Sars-CoV2? Also müssen wir uns auf weitere Pandemien einstellen?

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