Deutliche Kritik an Einschränkungen
Handwerkskammer wünscht sich Nachbesserung für betroffene Betriebe
ULM (sz) - Auch wenn die Handwerkskammer Ulm die aktuellen Maßnahmen und umfassenden Kontaktbeschränkungen der Landesregierung mitträgt, um das Infektionsgeschehen in der CoronaKrise einzudämmen, so äußert sie doch Kritik.
„Die Beschränkung von privaten und gesellschaftlichen Kontakten ist grundsätzlich der richtige Weg. Das regionale Handwerk darf und soll hingegen weiterarbeiten“, heißt es vonseiten der Handwerkskammer. Gleichwohl sei es nicht gelungen, alle Handwerksbetriebe von den derzeitigen Einschränkungen auszunehmen. Dabei sollten die großen Anstrengungen und Investitionen vieler Betriebe in durchdachte Hygienekonzepte von der Politik stärker wahrgenommen und anerkannt werden. Nicht nachvollziehbar für die Handwerkskammer sei, dass beispielsweise Kosmetik- und Nagelstudios zwangsgeschlossen sind, obwohl im Kosmetikerhandwerk unter hohen Hygienestandards gearbeitet werde. „In der Stadt Ulm und den sechs Landkreisen
im Gebiet der Handwerkskammer Ulm gibt es insgesamt 1352 Kosmetikbetriebe“, informiert die Handwerkskammer. Davon befinden sich 174 Betriebe im Alb-DonauKreis, 158 im Landkreis Biberach, 218 im Bodenseekreis, 122 im Landkreis Heidenheim, 269 im Ostalbkreis, 278 im Landkreis Ravensburg und 133 im Stadtgebiet Ulm. „Wir halten die derzeitige Schließung angesichts des Beitrags der Kosmetiker zur Gesundheitsversorgung der Bevölkerung für unverhältnismäßig. Es wäre eine weniger einschneidende Einschränkung der Betriebe, wenn die von uns erarbeiteten Hygienestandards als verpflichtende Auflage vorgegeben und kontrolliert würden“, kritisiert Tobias Mehlich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Ulm. Die Handwerkskammer Ulm hatte in der vergangenen Woche zusammen mit einigen Betreibern von Kosmetikstudios ein umfassendes Hygienekonzept erarbeitet und den Landesministerien vorgelegt. Ziel sei es, dass die Landesregierung dieses Konzept bei der nächsten Änderung der Corona-Verordnung als Auflage zur Betriebsöffnung stellt.
Eine Verhältnismäßigkeit bei den momentanen Einschränkungen sieht die Handwerkskammer Ulm erst dann gegeben, wenn die von den Schließungen betroffenen Betriebe auch zeitnah und in angemessenem Umfang finanziell entschädigt werden. Hierzu zählen neben den Kosmetikern zum Beispiel auch Gebäude- und Textilreiniger, Metzger, Bäcker, Konditoren, Brauer und Mälzer.
So müssen etwa Bäckereien und Konditoreien mit angeschlossenem Café sowie Fleischereien, die sonst die Gastronomie beliefern oder einen Imbiss betreiben, nun auf einen manchmal nicht unerheblichen Teil ihres Umsatzes verzichten. Bei der Verteilung der Corona-Hilfen müssten die Betroffenen deshalb wesentlich stärker berücksichtigt werden. „Es ist lebensnotwendig für diese Betriebe, dass die beschlossenen Unterstützungen nicht nur theoretisch zur Verfügung stehen, sondern auch tatsächlich und zügig dort ankommen, wo sie dringend benötigt werden“, betont Hauptgeschäftsführer Mehlich.
Hier gelte es nun zeitnah nachzubessern, denn viele der betroffenen Betriebe fürchten bei weiterer Verlängerung des Öffnungsverbots um ihre Existenz, so Mehlich. Die Handwerkskammer Ulm will sich deshalb dafür stark machen, dass Betriebe aus dem Lebensmittelhandwerk, die durch den Teil-Lockdown im November nur noch ihre Ladengeschäfte betreiben dürfen, für diese wegfallenden Gastronomie-Umsätze über die Novemberhilfe eine Entschädigung von 75 Prozent des Umsatzes des Vorjahresmonats erhalten sollten.
Die Handwerkskammer Ulm ist Dienstleister und Ansprechpartner für rund 19 500 Handwerksbetriebe mit mehr als 120 000 Beschäftigten und rund 8 000 Auszubildenden in den Landkreisen Ostalb, Heidenheim, Alb-Donau, Biberach, Ravensburg, Bodensee und den Stadtkreis Ulm. Die Mitgliedsbetriebe zwischen Jagst und Bodensee generierten in 2019 einen Umsatz von über 15 Milliarden Euro.