Sicherheit vor Schnelligkeit
C● hristian Lindner ist in sich gegangen. Nachdem er Ende Dezember noch gefordert hatte, den Impfstoffhersteller Biontech zur Herausgabe der Lizenz für das Vakzin zu zwingen, um die Herstellung des Wirkstoffs zu beschleunigen, hat sich der FDP-Chef wieder auf marktwirtschaftliche Prinzipien besonnen und schlägt nun eine Tempoprämie vor für Pharmakonzerne, die schneller liefern können.
Möglicherweise hätte Lindner aber nicht nur nachdenken, sondern auch einmal bei Biontech in Mainz oder Curevac in Tübingen vorbeischauen sollen. Denn die Unternehmen setzen gerade alles daran, die klinischen Forschungen abzuschließen und die Produktion der Wirkstoffe hochzufahren – und zwar so schnell wie möglich. Beide Unternehmen wie auch ihre Wettbewerber Moderna, Astra-Zeneca sowie Johnson & Johnson haben selbst das größte Interesse daran, für ihre Stoffe die Zulassung zu erhalten und mit der Massenherstellung zu beginnen. Der von Lindner erdachte Bonus bringt keine Impfdose früher in die Impfzentren: Die technologischen Voraussetzungen für die Produktion sind hochkomplex, Rohstoffe für die Vakzine knapp, was ein schnelleres Anfahren der Produktion verhindert.
Daran könnte auch eine Notzulassung für noch nicht zugelassene Vakzine – wie im Falle des Tübinger Biotech-Unternehmens Curevac – nichts ändern. Der Impfstoff-Hersteller aus Württemberg plant im Mai und Juni die ersten Dosen an die Europäische Union und damit auch Deutschland auszuliefern, im Moment befindet er sich noch in den klinischen Studien der Phase 2. Zwar produziert auch Curevac bereits auf Halde in Erwartung, dass im Mai die Zulassung da ist, die Produktionskapazitäten sind allerdings noch nicht vollständig bereit für die Massenproduktion: Sie befinden sich im Aufbau – bei Bayer und Wacker genauso wie bei Rentschler in Laupheim.
Eine Notzulassung für das Vakzin würde daran nichts ändern, sondern eher das Vertrauen in den Impfstoff und die kontrollierenden Behörden gefährden. Aus diesem Grund gilt weiter: Sicherheit vor Schnelligkeit.