Wie der Handel das Thema Plastik sieht
Plastik-Serie (4): Läden aus der Region zeigen zudem, was es bereits für Alternativen gibt
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EHINGEN - Um weniger Plastikverpackungsmüll zu produzieren, spielt der alltägliche private Einkauf eine entscheidende Rolle. Große Lebensmittelläden bieten schon jetzt in mehreren Bereichen verschiedene Lösungen und Alternativen an, mittlerweile gibt es auch in der Region spezielle Unverpackt-Läden, wie seit Kurzem in Munderkingen (mehr dazu im nächsten Teil der Plastik-Serie). Der Handel setzt vor allem für Obst und Gemüse auf alternative Verpackungskonzepte – doch wie der Blick in die Region zeigt: Das Thema beschäftigt die Händler zwar sehr, aber es gibt noch Luft nach oben, sowohl auf Händlerseite, als auch bei den Verbrauchern selbst.
Wie Jochen Widmann, der zwei Rewe-Filialen in Ehingen und Friedrichshafen betreibt, beschreibt, gibt es zwei Hauptgründe für die Plastikverpackungen im Handel. „Plastik kommt bei uns im Handel meistens in Verpackungen zum Einsatz und diese sind selten Selbstzweck. Sie dienen zum hygienischen Schutz der Produkte und sorgen gerade bei Obst und Gemüse dafür, dass diese länger haltbar sind. Auch transportieren Verpackungen Informationen über die Inhaltsstoffe, Herkunft und ob es sich um ein Bio-Produkt handelt.“Die Genossenschaft arbeite stark daran, Plastik und Verpackungen generell zu reduzieren. „Was natürlich auch im Sinne der Kaufleute ist, da wir an die nächste Generation denken“, erklärt Widmann.
Seit nunmehr fünf Jahren gibt es die Plastiktüten an der Kasse nicht mehr. Nach Möglichkeit wird auch an den Verpackungen gearbeitet, beispielsweise das Material geändert oder dünnere Verpackungen verwendet. Widmann nennt als Beispiel Obst und Gemüse in Bio-Qualität, die weitestgehend unverpackt angeboten werden. „Hier arbeiten wir beispielsweise bei Früchten, die sowieso eine Schale haben, mit dünnen Banderolen oder Aufklebern“, erklärt er. Auch das sogenannte Natural Branding komme bei Süßkartoffeln zum Einsatz: Mittels eines Lasers wird die Ware direkt beschriftet, der Schriftzug sozusagen eingebrannt. Auch das „Coating“, in dem direkt auf die Schale der Früchte eine Schutzschicht gegeben wird, bei Rewe ist es ein Mix aus natürlichen Zuckerresten, Zellulose sowie pflanzlichen Ölen, sei in der Erprobungsphase. „Für Kunden stehen zudem Mehrwegnetze für den Transport bereit. Hier ist es dann natürlich wichtig, dass der Kunde mitzieht und die Netze nutzt“, so Widmann, der betont, dass das Thema das Unternehmen „wirklich sehr beschäftigt“.
Auf eine Schutzschicht für Obst und Gemüse setzt auch der Lebensmittelhändler Edeka. Wie Michael Bumiller, Geschäftsführer der Bumis-Filialen in Ehingen am Wenzelstein, in Biberach, Mittelbiberach und Burgrieden, erklärt, gebe es beispielsweise die Schutzhülle „Apeel“: Avocados, Orangen und Mandarinen werden mit pflanzlichen Fetten umhüllt, die nach Angaben des Unternehmens „in der Landwirtschaft als Nebenprodukte anfallen und normalerweise keine weitere Verwendung finden würden“. Das werde verstärkt zum Einsatz kommen, ist sich Bumiller sicher. Zwar sei der Trend, Plastikverpackungen zu reduzieren, erkennbar, doch aus Sicht eines Händlers, so sagt Bumiller, gebe es durchaus auch Vorteile von Plastikverpackungen.
„Wir im Handel sind sehr hygienisch erzogen “, erklärt er. Daher sei es gut, dass Lebensmittel, gerade Obst und Gemüse, eingepackt seien. Am Beispiel einer Gurke hält er zudem fest: Früher, mit einer Plastikfolie ummantelt, hielt diese deutlich länger ihre Frische. Auch die Stabilität und das Handling sei mit Plastikverpackungen, etwa bei Tomaten, angenehmer und halte im Zweifel „das Band sauber“. Persönlich ist er teilweise „nicht so begeistert“davon, dass bewährte Verpackungen, teils neu gedacht werden und nennt sein Lieblingsbeispiel Spitzpaprika. Waren diese bis vor zwei Monaten noch in einer Folie verpackt, werden sie heute im Paar mit einer dünnen Banderole versehen angeboten. Diese aber rutsche und sei im Handling unpraktisch, sowohl beim Einräumen als auch für den Kunden, der regelmäßig lose Spitzpaprika in den Einkaufskorb legt.
Auch Peter Kuhm, Inhaber der Edeka-Filiale in Munderkingen, sieht in manchen Bereichen Vorteile von Plastikverpackungen. „Etwa bei Cornflakes und allem anderen, das Wasser zieht“, erklärt er. Auf der anderen Seite sei es aus seiner Sicht sehr gut, dass in vielen anderen Bereichen auf Plastikpackungen und den daraus resultierenden Müll verzichtet wird. Auch er bestätigt, dass es entsprechende Angebote auf dem Markt gibt, doch viele Kunden diese nicht wahrnehmen und nutzen. „Es tut sich einiges, aber da steckt man noch in den Kinderschuhen. Sicherlich kann in einem Teilbereich schon jetzt auf Plastikverpackungen verzichtet werden“, sagt Kuhm. Es gebe beispielsweise Alternativen aus Maisstärke oder Kartonagen, doch im Vordergrund müsse – und das sei der entscheidende Unterschied in der Verpackung im Vergleich zu etwa Elektronikartikeln – nach wie vor die Hygiene und der Schutz des Produkts, das eben ein Lebensmittel ist, stehen. Bei Fleischware setze man auf ein Doppelverpackungssystem aus Papier mit innenliegender Folie, die sich getrennt voneinander entsorgen lassen.
Viele seiner Kunden würden einkaufen wie früher, sagt er: Sie bringen einen Korb mit zum Einkauf. Bei den jüngeren Kunden fangen ebenfalls ein Wandel an, auch wenn dieser langsam voranschreite. Plastiktüten seien ab Mitte des Jahres nicht mehr verfügbar im Laden, kündigt Kuhm an. „Jeden Tag lernen wir dazu und damit meine ich Erzeuger, Anbieter und Kunden gleichermaßen“, so Kuhm.