Alles auf Anfang
Gemeinderat Öpfingen hebt Bauplatzvergabeverfahren für Baugebiet Halde auf – und wehrt sich gegen Vorwürfe
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ÖPFINGEN - Die Gemeinde Öpfingen wird ein neues Verfahren für die Vergabe der Bauplätze im Baugebiet Halde starten. Der Gemeinderat hat am Dienstagabend das im vergangenen Jahr beschlossene und bereits so gut wie abgewickelte Verfahren einstimmig für nichtig erklärt. Grund ist der erfolgreiche Antrag eines nicht zum Zug gekommenen Bewerbers auf einstweilige Verfügung beim Verwaltungsgericht Sigmaringen (die SZ berichtete). Welches von drei möglichen Verfahren nun angewendet wird und ob weiterhin mit der Online-Plattform Baupilot zusammengearbeitet werden soll, will der Gemeinderat in einer der nächsten Sitzungen entscheiden.
Rechtsanwalt Ivo Gönner, der die Gemeinde Öpfingen juristisch vertritt und diese auch bei der Aufstellung der Kriterien und Vergaberichtlinien beraten hatte, erläuterte in der Ratssitzung nochmals die Sachlage und verdeutlicht, dass die Aufhebung der bisherigen Beschlüsse die wohl beste Lösung sei: „Neue Vergaberichtlinien halte ich für einen sauberen und geradlinigen Weg. Nehmen Sie sich Zeit und arbeiten sie die Kritikpunkte des Gerichts sorgfältig ein.“
Gönner erklärte auch nochmals die alternativen Verfahrensmöglichkeiten. Das „Windhund-Verfahren“, bei dem die Bauplätze in der Reihenfolge des Eingangs der Bewerbungen vergeben werden, sei mit verwaltungstechnischen Schwierigkeiten verbunden. „Und es gab auch schon einen Fall, da hat sich vor dem Start der Bewerbungsfrist eine Art Camp vor dem Rathaus gebildet“, so Gönner. Der dritte Weg wäre ein Losverfahren, das zum Beispiel die Stadt Ochsenhausen jüngst gewählt habe. Bei beiden Alternativen bliebe aber das vom Gericht als nachvollziehbar und zulässig bezeichnete Ansinnen der Gemeinde, Familien die besondere Chance auf eine erstmalige Baugelegenheit zu bieten und durch Belohnung von ehrenamtlichem Engagement in der Gemeinde das soziale, identitätsstiftende Miteinander zu stärken, außen vor.
Als Plädoyer für eine weitere Zusammenarbeit mit der Online-Plattform Baupilot darf Gönners Bemerkung gewertet werden, dass er aktuell in Baden-Württemberg in vier verschiedenen Gemeinden ähnliche Vergabeverfahren juristisch begleite und nirgendwo ein Gerichtsverfahren eingeleitet worden sei. Auch die Vergabe eines Bauplatzes in der Hauptstraße 33 in Öpfingen nach exakt demselben Verfahren sei ohne Einspruch über die Bühne gegangen.
Auf heftige Kritik im Öpfinger Rat stieß eine Äußerung des den Antragssteller vertretenden Anwalts Andreas Staudacher. Dieser wirft der Gemeinde fehlende Gesprächsbereitschaft vor. Am 13. November hätten seine Mandanten mit den beiden
Bürgermeister-Stellvertretern Dominik Maier und Wolfgang Reitmayer im Rathaus über mögliche Lösungen des Konflikts sprechen wollen, dies sei aber abgelehnt worden. „Das stimmt nicht“, machte Reitmayer in der Ratssitzung am Dienstag klar, „es gab dieses Gespräch, es blieb aber ohne Ergebnis.“Für Ivo Gönner stellte sich ohnehin die Frage, was bei so einem Gespräch denn herauskommen solle: „Eine Vereinbarung, wie auch immer, kann man nicht im Hinterzimmer machen.“
Staudacher selbst äußerte sich dazu am Mittwoch auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“. „Ich hätte mich gerne mit der Gemeinde darüber unterhalten, ob es überhaupt eine Perspektive für meine Mandanten gibt, irgendwann einen Bauplatz in Öpfingen zu bekommen“, so der Anwalt. Ein Signal, dass man die künftigen Vergaberichtlinien ändern wolle, so dass sie aus Sicht seiner Mandanten gerecht seien und ihnen eine realistische Chance einräume, hätte laut Staudacher genügt. Auch eine anderweitige Aussicht auf einen Bauplatz hätte man begrüßt. „Wir wären in jeder Richtung vergleichsbereit gewesen.“
Der richtige Zeitpunkt für ein Gespräch wäre aus seiner Sicht nicht der
13. November gewesen, sondern der
23. Dezember – der Tag nach der Bekanntgabe des Gerichtsbeschlusses. „Dann hätte man sich zusammensetzen und eine Lösung finden können.“Mit einer Zurücknahme des Antrags durch seine Mandanten wäre die inhaltliche Begründung für den Beschluss, so Staudacher, bedeutungslos geworden und das bestehende Vergabeverfahren anwendbar geblieben.
Das sieht Ivo Gönner nicht so: „Jeder andere Bewerber hätte die Möglichkeit, auf Grundlage des Gerichtsbeschlusses ebenfalls zu prozessieren.“Aus diesem Grund, und weil vom Antragssteller bisher weder mündlich noch schriftlich „konstruktive Lösungsvorschläge“bei der Gemeinde eingegangen seien, sieht auch Wolfgang Reitmayer ein neues Verfahren als einzigen Weg zu einer gerechten Bauplatzvergabe.
Dass Staudacher außerdem die Gemeinde dafür verantwortlich macht, dass wegen der am 31. März verstreichenden Antragsfrist die bauwilligen Öpfinger Familien keine Chance mehr auf Baukindergeld haben, ärgert Reitmayer maßlos: „Wir lassen uns die Schuld hierfür nicht in die Schuhe schieben.“Gegenüber der SZ bekräftigte der Anwalt seine
Meinung: Die mangelnde Gesprächsbereitschaft der Gemeinde verhindere, dass sein Mandant den Antrag zurücknehme und der Weg für das beschlossene Vergabeverfahren wieder frei werden könnte.
In der zuletzt ebenfalls aufgeflammten Diskussion um eine mögliche gezielte Bevorzugung von Bürgermeister Andreas Braun im bisherigen Bewerberverfahren – das Gericht hatte zwei entsprechende Kriterien bemängelt, von denen alleine der Bürgermeister profitieren würde – nahm Dominik Maier den Bürgermeister in Schutz: „Die Vorwürfe sind fast schon verwerflich. Herr Braun hatte zu keiner Zeit Einblick in das Vergabeverfahren.“
Einstimmig fällte der Gemeinderat am Ende die Entscheidung, die vergangenes Jahr gefassten Beschlüsse zum bisherigen Vergabeverfahren aufzuheben und sich Gedanken über ein neues zu machen – auch darüber, ob man weiterhin mit „Baupilot“als Partner zusammenarbeiten will. Ratsmitglied Peter Locher sprach sich schon mal dafür aus: „Ich würde kein anderes Verfahren wählen. Wir müssen es nur transparenter machen.“Wolfgang Reitmayer stellte etwas konsterniert fest: „Wir stehen jetzt quasi wieder da, wo wir im Mai 2020 standen.“
„Neue Vergaberichtlinien halte ich für einen sauberen und geradlinigen Weg.“Ivo Gönner