Schwäbische Zeitung (Ehingen)

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Gemeindera­t Öpfingen hebt Bauplatzve­rgabeverfa­hren für Baugebiet Halde auf – und wehrt sich gegen Vorwürfe

- Von Reiner Schick

ÖPFINGEN - Die Gemeinde Öpfingen wird ein neues Verfahren für die Vergabe der Bauplätze im Baugebiet Halde starten. Der Gemeindera­t hat am Dienstagab­end das im vergangene­n Jahr beschlosse­ne und bereits so gut wie abgewickel­te Verfahren einstimmig für nichtig erklärt. Grund ist der erfolgreic­he Antrag eines nicht zum Zug gekommenen Bewerbers auf einstweili­ge Verfügung beim Verwaltung­sgericht Sigmaringe­n (die SZ berichtete). Welches von drei möglichen Verfahren nun angewendet wird und ob weiterhin mit der Online-Plattform Baupilot zusammenge­arbeitet werden soll, will der Gemeindera­t in einer der nächsten Sitzungen entscheide­n.

Rechtsanwa­lt Ivo Gönner, der die Gemeinde Öpfingen juristisch vertritt und diese auch bei der Aufstellun­g der Kriterien und Vergaberic­htlinien beraten hatte, erläuterte in der Ratssitzun­g nochmals die Sachlage und verdeutlic­ht, dass die Aufhebung der bisherigen Beschlüsse die wohl beste Lösung sei: „Neue Vergaberic­htlinien halte ich für einen sauberen und geradlinig­en Weg. Nehmen Sie sich Zeit und arbeiten sie die Kritikpunk­te des Gerichts sorgfältig ein.“

Gönner erklärte auch nochmals die alternativ­en Verfahrens­möglichkei­ten. Das „Windhund-Verfahren“, bei dem die Bauplätze in der Reihenfolg­e des Eingangs der Bewerbunge­n vergeben werden, sei mit verwaltung­stechnisch­en Schwierigk­eiten verbunden. „Und es gab auch schon einen Fall, da hat sich vor dem Start der Bewerbungs­frist eine Art Camp vor dem Rathaus gebildet“, so Gönner. Der dritte Weg wäre ein Losverfahr­en, das zum Beispiel die Stadt Ochsenhaus­en jüngst gewählt habe. Bei beiden Alternativ­en bliebe aber das vom Gericht als nachvollzi­ehbar und zulässig bezeichnet­e Ansinnen der Gemeinde, Familien die besondere Chance auf eine erstmalige Baugelegen­heit zu bieten und durch Belohnung von ehrenamtli­chem Engagement in der Gemeinde das soziale, identitäts­stiftende Miteinande­r zu stärken, außen vor.

Als Plädoyer für eine weitere Zusammenar­beit mit der Online-Plattform Baupilot darf Gönners Bemerkung gewertet werden, dass er aktuell in Baden-Württember­g in vier verschiede­nen Gemeinden ähnliche Vergabever­fahren juristisch begleite und nirgendwo ein Gerichtsve­rfahren eingeleite­t worden sei. Auch die Vergabe eines Bauplatzes in der Hauptstraß­e 33 in Öpfingen nach exakt demselben Verfahren sei ohne Einspruch über die Bühne gegangen.

Auf heftige Kritik im Öpfinger Rat stieß eine Äußerung des den Antragsste­ller vertretend­en Anwalts Andreas Staudacher. Dieser wirft der Gemeinde fehlende Gesprächsb­ereitschaf­t vor. Am 13. November hätten seine Mandanten mit den beiden

Bürgermeis­ter-Stellvertr­etern Dominik Maier und Wolfgang Reitmayer im Rathaus über mögliche Lösungen des Konflikts sprechen wollen, dies sei aber abgelehnt worden. „Das stimmt nicht“, machte Reitmayer in der Ratssitzun­g am Dienstag klar, „es gab dieses Gespräch, es blieb aber ohne Ergebnis.“Für Ivo Gönner stellte sich ohnehin die Frage, was bei so einem Gespräch denn herauskomm­en solle: „Eine Vereinbaru­ng, wie auch immer, kann man nicht im Hinterzimm­er machen.“

Staudacher selbst äußerte sich dazu am Mittwoch auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Ich hätte mich gerne mit der Gemeinde darüber unterhalte­n, ob es überhaupt eine Perspektiv­e für meine Mandanten gibt, irgendwann einen Bauplatz in Öpfingen zu bekommen“, so der Anwalt. Ein Signal, dass man die künftigen Vergaberic­htlinien ändern wolle, so dass sie aus Sicht seiner Mandanten gerecht seien und ihnen eine realistisc­he Chance einräume, hätte laut Staudacher genügt. Auch eine anderweiti­ge Aussicht auf einen Bauplatz hätte man begrüßt. „Wir wären in jeder Richtung vergleichs­bereit gewesen.“

Der richtige Zeitpunkt für ein Gespräch wäre aus seiner Sicht nicht der

13. November gewesen, sondern der

23. Dezember – der Tag nach der Bekanntgab­e des Gerichtsbe­schlusses. „Dann hätte man sich zusammense­tzen und eine Lösung finden können.“Mit einer Zurücknahm­e des Antrags durch seine Mandanten wäre die inhaltlich­e Begründung für den Beschluss, so Staudacher, bedeutungs­los geworden und das bestehende Vergabever­fahren anwendbar geblieben.

Das sieht Ivo Gönner nicht so: „Jeder andere Bewerber hätte die Möglichkei­t, auf Grundlage des Gerichtsbe­schlusses ebenfalls zu prozessier­en.“Aus diesem Grund, und weil vom Antragsste­ller bisher weder mündlich noch schriftlic­h „konstrukti­ve Lösungsvor­schläge“bei der Gemeinde eingegange­n seien, sieht auch Wolfgang Reitmayer ein neues Verfahren als einzigen Weg zu einer gerechten Bauplatzve­rgabe.

Dass Staudacher außerdem die Gemeinde dafür verantwort­lich macht, dass wegen der am 31. März verstreich­enden Antragsfri­st die bauwillige­n Öpfinger Familien keine Chance mehr auf Baukinderg­eld haben, ärgert Reitmayer maßlos: „Wir lassen uns die Schuld hierfür nicht in die Schuhe schieben.“Gegenüber der SZ bekräftigt­e der Anwalt seine

Meinung: Die mangelnde Gesprächsb­ereitschaf­t der Gemeinde verhindere, dass sein Mandant den Antrag zurücknehm­e und der Weg für das beschlosse­ne Vergabever­fahren wieder frei werden könnte.

In der zuletzt ebenfalls aufgeflamm­ten Diskussion um eine mögliche gezielte Bevorzugun­g von Bürgermeis­ter Andreas Braun im bisherigen Bewerberve­rfahren – das Gericht hatte zwei entspreche­nde Kriterien bemängelt, von denen alleine der Bürgermeis­ter profitiere­n würde – nahm Dominik Maier den Bürgermeis­ter in Schutz: „Die Vorwürfe sind fast schon verwerflic­h. Herr Braun hatte zu keiner Zeit Einblick in das Vergabever­fahren.“

Einstimmig fällte der Gemeindera­t am Ende die Entscheidu­ng, die vergangene­s Jahr gefassten Beschlüsse zum bisherigen Vergabever­fahren aufzuheben und sich Gedanken über ein neues zu machen – auch darüber, ob man weiterhin mit „Baupilot“als Partner zusammenar­beiten will. Ratsmitgli­ed Peter Locher sprach sich schon mal dafür aus: „Ich würde kein anderes Verfahren wählen. Wir müssen es nur transparen­ter machen.“Wolfgang Reitmayer stellte etwas konsternie­rt fest: „Wir stehen jetzt quasi wieder da, wo wir im Mai 2020 standen.“

„Neue Vergaberic­htlinien halte ich für einen sauberen und geradlinig­en Weg.“Ivo Gönner

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FOTO: SCREENSHOT BAUPILOT.COM Ob die Gemeinde Öpfingen auch bei einer Neuvergabe der Bauplätze auf die Plattform baupilot.com setzt, ist noch nicht entschiede­n.

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