„Baden-Württemberger haben Berührungsängste mit fremden Kulturen“
FDP und ihr Landtagskandidat treffen Shneur Trebnik
ULM (sz) - Über Antisemitismus und Gewalt in der Gesellschaft haben sich unlängst die Ulmer FDP und ihr Landtagskandidat Leon F. Genelin mit dem Rabbiner der Ulmer Synagoge, Shneur Trebnik, unterhalten.
Laut Mitteilung der FDP sei man schnell zu dem Schluss gekommen, dass Hass hauptsächlich dort entsteht, wo der Kontakt ausbleibt. Ausländerfeindlichkeit keime dort, wo es wenig Menschen mit Migrationshintergrund gibt, selbes gelte für den Antisemitismus. Leon F. Genelin: „Antisemitismus können wir nur bekämpfen, indem das Judentum nicht mehr als exotisch, sondern als alltäglicher Teil Deutschlands betrachtet wird.“
Shneur Trebnik stellte laut Mitteilung fest: „Baden-Württemberger haben allgemein eher Berührungsängste mit fremden Kulturen.“Dem wolle er mit offenem Umgang und Gesprächsangeboten begegnen. Als „Armutszeugnis“bezeichnete er es, dass es Empfehlungen gebe, jüdische Veranstaltungen nicht öffentlich mit Zeit und Ort zu bewerben. Ziel müsse es sein, dass jüdische Mitmenschen nicht als Schutzbedürftige angesehen werden, sondern als normale Bürger.
Genelin dazu: „Angriffe auf jüdische Mitmenschen in Deutschland gehen uns alle an, denn sie sind nicht nur gegen Juden, sondern gegen die freiheitliche Gesellschaft an sich gerichtet. Wer die Freiheiten Deutschlands erhalten möchte, der darf solchen Hass nicht schweigend hinnehmen, sondern muss sich wehren, auch wenn es anstrengend und unangenehm wird. Antisemitische Parolen auf Stammtischen oder mit der Familie dürfen nicht unkommentiert bleiben.“
Auf die Frage, was Rabbiner Trebnik als das Mittel gegen Antisemitismus und Extremismus im Allgemeinen sieht, sagte dieser: „Extremisten kann man mit allein Begegnung und Gesprächen nicht bekehren. Aber den Teil der Gesellschaft, der über Extremismus und Gewalt schweigt, hoffentlich schon. Hier können Begegnungen und Gespräche helfen.“Mit Blick auf den Anschlag von Halle sagte er: „Das Stichwort ist Zivilcourage. Die Opfer von Gewalt sind am Ende nicht nur Minderheiten, sondern alle. Auch in Halle starben nicht Juden, sondern zwei Passanten.“
LANDTAGSWAHLEN BADENWÜRTTEMBERG 2021