Weil Stadt kauft, was sie kriegen kann: Wohnen fast nirgends so billig wie in Ulm
Institut hat Mieten in Baden-Württemberg untersucht
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ULM - Das mit Abstand günstigste Mietniveau im Vergleich der Großstädte verzeichnet Pforzheim, gefolgt von Ulm. Die Gesellschaft für Immobilienmarktforschung und Berufsbildung (IVD) hat die Neuvertragsmieten bei Bestandswohnungen (ab Baujahr 1950) in den Großstädten BadenWürttembergs 2020 untersucht.
„Erwartungsgemäß führt Stuttgart das Ranking der Mietpreise in BadenWürttemberg an“, so Professor Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts. Der Anteil der zur Vermietung angebotenen Wohnungen mit einem Quadratmeterpreis von 15 Euro und mehr lag in der Landeshauptstadt bei 41 Prozent. Der günstigsten Preiskategorie (bis unter sieben Euro/Quadratmeter) wurde nur einem Prozent der erfassten Wohnungen zugeordnet. Nach Stuttgart wiesen Freiburg und Heidelberg die teuersten Mieten aus.
In Ulm gehören nur 6,7 Prozent aller zur Vermietung angebotenen Wohnungen zu den beiden teuersten bei den Stufen (von 13 bis über 15 Euro/Quadratmeter). In Stuttgart sind es gut 74 Prozent. Der Hauptgrund: Vermutlich keiner anderen Stadt der Republik gehören prozentual so viele Flächen. 4500 Hektar werden vom Rathaus verwaltet, davon 3500 innerhalb der Gemarkung Ulms. Das macht, so Ulms Baubürgermeister Tim von Winning, rekordverdächtige 30 Prozent der Stadtfläche aus. So könne Ulm Bodenspekulanten wirkungsvoll ausbremsen. Im Vergleich zu Städten mit vergleichbarer Anziehungskraft gelten daher die Grundstückspreise in Ulm als außerordentlich niedrig.
Um Herr rund ums Münster zu bleiben, kauft die Stadt im Grunde alles, was sie kriegen kann. Neues Baurecht werde nur geschaffen, wenn der Grund der Stadt gehört. Das bedeutet für Landwirte, dass sie „Bauerwartungsland“, also Flächen, die eine bauliche Nutzung in absehbarer Zeit erwarten lassen, nur an die Stadt verkaufen kann. „Private Investoren mögen das nicht“, sagt von Winning. Das ist dem Baubürgermeister egal, wichtiger sei, dass für die Stadtentwicklung schädliche Spekulationen mit Baugrund so keine Grundlage haben. Von Winning betont: Ulm bezahle aber einen fairen Preis. Im Schnitt etwa 60 Euro pro Quadratmeter. Den vergleichsweise günstigen Einkaufspreis gebe die Stadt beim Verkauf dann weiter, Geld wolle die Stadt mit Grundstücken nämlich nicht verdienen.