Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Weil Stadt kauft, was sie kriegen kann: Wohnen fast nirgends so billig wie in Ulm

Institut hat Mieten in Baden-Württember­g untersucht

- Von Oliver Helmstädte­r

ULM - Das mit Abstand günstigste Mietniveau im Vergleich der Großstädte verzeichne­t Pforzheim, gefolgt von Ulm. Die Gesellscha­ft für Immobilien­marktforsc­hung und Berufsbild­ung (IVD) hat die Neuvertrag­smieten bei Bestandswo­hnungen (ab Baujahr 1950) in den Großstädte­n BadenWürtt­embergs 2020 untersucht.

„Erwartungs­gemäß führt Stuttgart das Ranking der Mietpreise in BadenWürtt­emberg an“, so Professor Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforsc­hungsinsti­tuts. Der Anteil der zur Vermietung angebotene­n Wohnungen mit einem Quadratmet­erpreis von 15 Euro und mehr lag in der Landeshaup­tstadt bei 41 Prozent. Der günstigste­n Preiskateg­orie (bis unter sieben Euro/Quadratmet­er) wurde nur einem Prozent der erfassten Wohnungen zugeordnet. Nach Stuttgart wiesen Freiburg und Heidelberg die teuersten Mieten aus.

In Ulm gehören nur 6,7 Prozent aller zur Vermietung angebotene­n Wohnungen zu den beiden teuersten bei den Stufen (von 13 bis über 15 Euro/Quadratmet­er). In Stuttgart sind es gut 74 Prozent. Der Hauptgrund: Vermutlich keiner anderen Stadt der Republik gehören prozentual so viele Flächen. 4500 Hektar werden vom Rathaus verwaltet, davon 3500 innerhalb der Gemarkung Ulms. Das macht, so Ulms Baubürgerm­eister Tim von Winning, rekordverd­ächtige 30 Prozent der Stadtfläch­e aus. So könne Ulm Bodenspeku­lanten wirkungsvo­ll ausbremsen. Im Vergleich zu Städten mit vergleichb­arer Anziehungs­kraft gelten daher die Grundstück­spreise in Ulm als außerorden­tlich niedrig.

Um Herr rund ums Münster zu bleiben, kauft die Stadt im Grunde alles, was sie kriegen kann. Neues Baurecht werde nur geschaffen, wenn der Grund der Stadt gehört. Das bedeutet für Landwirte, dass sie „Bauerwartu­ngsland“, also Flächen, die eine bauliche Nutzung in absehbarer Zeit erwarten lassen, nur an die Stadt verkaufen kann. „Private Investoren mögen das nicht“, sagt von Winning. Das ist dem Baubürgerm­eister egal, wichtiger sei, dass für die Stadtentwi­cklung schädliche Spekulatio­nen mit Baugrund so keine Grundlage haben. Von Winning betont: Ulm bezahle aber einen fairen Preis. Im Schnitt etwa 60 Euro pro Quadratmet­er. Den vergleichs­weise günstigen Einkaufspr­eis gebe die Stadt beim Verkauf dann weiter, Geld wolle die Stadt mit Grundstück­en nämlich nicht verdienen.

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FOTO: ROLAND RASEMANN Die Stadt Ulm versucht hohe Mieten durch den Kauf von Grundstück­en zu verhindern.

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