Ein unterschätztes Gremium
Zum 1000. Mal kommt heute der Bundesrat zusammen
Die Aufgabe
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Die Regeln für den Bundestag sind in seiner 72-jährigen Existenz fast vollständig gleich geblieben. Weil den Ländern auf ihrem eigenen Gebiet verhältnismäßig wenig Möglichkeiten der Gesetzgebung bleiben, wirken sie an den Bundesgesetzen mit. Dabei erklärt der Artikel 70 des Grundgesetzes, dass die Länder dem Bund die Gesetzgebungsbefugnisse erteilen. Dafür ist dann der Bundestag zuständig. Artikel 50 der deutschen Verfassung stellt aber klar, dass jedes Gesetz durch den Bundesrat muss. Bestimmten Gesetzen muss der Bundesrat ausdrücklich zustimmen (Zustimmungsgesetze). Welche das sind, ist zwar ebenfalls im Grundgesetz festgelegt, gehört aber zu den kompliziertesten Angelegenheiten der deutschen Demokratie.
Neben den Zustimmungsgesetzen gibt es Einspruchsgesetze. Wie der Name schon sagt, kann der Bundesrat bei Letzteren nur Einspruch erheben. Wenn der Bundestag mit Kanzlermehrheit darüber hinweggeht, kann der Bundesrat dagegen im Grunde nichts unternehmen.
Der Vermittlungsausschuss
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Bei den Zustimmungsgesetzen wird im Falle der Ablehnung durch den Bundesrat der Vermittlungsausschuss
von Bundesrat und Bundestag angerufen. Ob es dann einen Änderungsvorschlag gibt oder nicht, das Gesetz landet wieder im Bundesrat und zum Schluss im Bundestag, der das letzte Wort hat. Mit unterschiedlichen Mehrheiten (einfache oder 2/3-Mehrheit) entscheidet das Parlament über die Vorgabe aus dem Bundesrat. Um die Sache noch komplizierter zu machen, können Gesetzesteile abgespalten werden. Dann sind Teile der Gesetze zustimmungspflichtig und andere nicht.
Farbenlehre
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Entscheidend für das Abstimmungsverhalten im Bundesrat sind letztlich die politischen Konstellationen in den Bundesländern. Dabei ist zu beachten, dass die Länder Stimmanteile haben, die der Bevölkerungszahl entsprechen sollen. Es gibt die klassische Aufteilung in A-Länder (unter SPD-Führung) und B-Länder (von Unions-Ministerpräsidenten geleitet). Die politische Wirklichkeit mit Regierungen, die einen grünen oder einen linken Ministerpräsidenten an der Spitze sehen, und bunte Vielparteienkoalitionen haben diese klassische Aufteilung weitgehend gesprengt. Entsprechend schwerer vorhersehbar sind die Abstimmungen im Bundesrat.
Die Stimmen
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Insgesamt gibt es 69 Ländervertreter im Bundesrat. Jedes Bundesland hat mindestens drei Stimmen. Insofern ist die Verteilung nach der Bevölkerungszahl nicht mathematisch exakt. Zumal es nicht mehr als sechs Sitze pro Land im Bundesrat gibt. Die haben Nordrhein-Westfalen, Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen. Hessen darf fünf Vertreter zu den Sitzungen im Berliner Bundesratsgebäude (bis zum Jahr 2000 in die frühere Aula der Pädagogischen Akademie in Bonn) entsenden, das Saarland, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg und Bremen jeweils drei – die restlichen sechs Länder haben je vier Sitze.
Abstimmungsregeln
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Die Bundesländer stimmen normalerweise jeweils einstimmig ab. Ein Stimmführer erklärt den, meist von der jeweiligen Landesregierung festgelegten, Abstimmungswillen. 2002 aber entschied das Bundesverfassungsgericht, dass die einzelnen Vertreter im Bundesrat jederzeit ein abweichendes Votum abgeben können. Geschieht dies, sind die Stimmen des betroffenen Landes allerdings ungültig. Schwierig wird es, wenn die Regierungspartner in einem Bundesland zu einem Thema unterschiedlicher Meinung sind. Dann muss sich das Bundesland enthalten.
Die 1000. Sitzung
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Die Ansprache von Frank-Walter Steinmeier am heutigen Freitag ist erst der zweite Auftritt eines Bundespräsidenten im Bundesrat. Die erste Rede eines Staatsoberhauptes hielt dort Joachim Gauck im Jahr 2015 zum Jubiläum „25 Jahre – 16 Länder im Bundesrat“.