Scheuers Ministerium als Goldesel für Berater
Der Verkehrsminister gab 2019 fast 50 Millionen Euro für externe Hilfe aus – Diese Summe toppt nur Seehofer
●
BERLIN - Sie helfen beim Entwurf von Gesetzen, schätzen die juristischen Risiken von Mega-Projekten ein, auf sie verlassen sich Spitzenpolitiker: Berater. Seit einigen Jahren grassiert in Berlin eine wahre Berateritis. Nun zeigen Zahlen aus dem Jahr 2019: Die Politik holt sich immer mehr Expertise durch externe Hilfe ins Haus. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hat im Jahr 2019 sieben Prozent mehr für externe Berater ausgegeben als im Vorjahr. Für die Grünen ist das Beleg für einen unverantwortlichen Umgang mit Steuergeldern des Ministeriums.
Insgesamt hat Bundesverkehrsminister Scheuer im Jahr 2019 rund 48,7 Millionen Euro für solche externe Hilfe ausgegeben. Das sind 3,19 Millionen Euro mehr als noch im Jahr zuvor. Das geht aus einem aktuellen Bericht der Bundesregierung hervor, den die Grünen angefordert haben. Er liegt der „Schwäbischen Zeitung“exklusiv vor.
Das meiste Geld zahlte Scheuer externen Experten für Beratung bei der LKW-Maut, dem Aufbau der Autobahngesellschaft und der gescheiterten Pkw-Maut. In dieses umstrittene Projekt, das im Juni 2019 vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) gekippt und damit auf Eis gelegt wurde, sind rund acht Millionen Euro an solchen Honoraren geflossen.
„Die Kosten für Unternehmensberater und Großkanzleien schießen seit dem Amtsantritt von Andreas Scheuer durch die Decke“, kritisiert der haushaltspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, SvenChristian Kindler. „Minister Scheuer engagiert für derart viele Projekte private Berater, dass man sich inzwischen fragt, ob er das Haus überhaupt ohne teuren Beistand von außen führen kann“, sagt Kindler. „Das Verkehrsministerium ist für Unternehmensberater ein regelrechter Goldesel.“
Das Bundesverkehrsministerium erklärt in dem Bericht, dass „externer
Sachverstand fachspezifisch und einzelfallbezogen in Anspruch genommen“wird. Weil die Projekte komplex seien und sich ständig veränderten, könne das Verkehrsministerium die Expertise zwar „qualitativ“leisten, nicht aber „quantitativ“, „ohne einen entsprechenden Personalbestand aufzubauen“. Zudem erläutert das Ministerium, dass Berater dann nicht mehr gebraucht werden, wenn die Projekte abgeschlossen sind wie etwa bei der in diesem Jahr gestarteten Autobahn GmbH oder dem Lkw-Maut-Projekt Toll Collect.
Außerdem würden Kosten gespart, indem man Beratungsleistungen bündle.
Dem Haushaltspolitiker Kindler zufolge liegt das Problem aber auch in der Art der Verträge, die Scheuers Haus abschließt. Seine Kritik richtet sich gegen Öffentlich-Private-Partnerschaften (ÖPP) wie die Autobahngesellschaft oder die gescheiterte Pkw-Maut. Dabei arbeiten staatliche Auftraggeber und private Auftragnehmer für ein Projekt zusammen.
Diese Konstrukte führten zu zu komplizierten und umfangreichen Verträgen, so Kindler. Wer auf Privatisierung setze wie Scheuer, brauche „teure Großkanzleien“, sagt der Grünen-Bundestagsabgeordnete. „Das ist extrem problematisch, denn oft beraten die Großkanzleien und Wirtschaftsberater, wenn zwar nicht direkt im gleichen Projekt, aber in Folgeprojekten die Gegenseite“, erläutert Kindler. „Dann fragt man sich, wem die Beratung am Ende am meisten nützt. Interessenskonflikte sind vorprogrammiert.“
Nur ein Minister toppt Scheuer bei den den Beraterkosten: Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) gab noch mehr aus. Der Innenminister investierte rund 154 Millionen Euro für externe Expertise. Die meiste Hilfe – und damit 80 Prozent der Gesamtausgaben für Berater – holte sich Seehofer in den Bereichen IT, Digitales und moderne Verwaltung ins Boot.