Frost und Schnee für einen guten Boden
Landwirt Roggenkamp erklärt, warum das eisige Wetter der vergangenen Tage gut war
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EHINGEN - Überschwemmung, Schneefall und klirrende Kälte: Was ein Großteil der Menschen in der vergangenen Woche als unangenehm frostiges Wetter wahrgenommen hat, ist für die Landwirtschaft ein Segen. Warum Landwirte sich über den starken Regen nach dem Schneefall freuen und weshalb Frost für die Felder wichtig ist, erklärt Hanns Roggenkamp, stellvertretender Vorsitzender des Kreisbauernverbands Ulm-Ehingen im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“.
Nach den vergangenen beiden vergleichsweise milden Wintern hat Deutschland erstmals wieder eine frostige Kältewelle mit viel Regen zu spüren bekommen. Für Hanns Roggenkamp ein willkommenes Wetter, denn wenn es auch für manche einfach nur kalt und nass sein mag, birgt es viele Vorteile für die Landwirtschaft. „Durch die starken Niederschläge, die wir in diesem Winter hatten, gehen wir davon aus, dass Ungeziefer, wie Feldmäuse, reduziert worden sind, weil sie in ihren Mausgängen durch den starken Regen ertrunken sind.“Die vergangenen Winter seien im Gegensatz zu diesem Winter nicht so optimal gewesen und die Ungezieferzunahme sei deutlich spürbar gewesen, so Roggenkamp.
Auch für den Forst und den Wald sei der starke Regen und der Schnee wichtig, denn dadurch sei es erst wieder möglich geworden, dass sich die Wasserreserven auffüllen: „In den vergangenen Jahren wurden die Bäume in der Region wegen der Trockenheit vom Borkenkäfer befallen. Wenn der Baum genug Feuchtigkeit aus dem Boden holen kann, funktioniert der Stoffwechsel gut und kann mit Harz die Bohrlöcher wieder verschließen, somit können sich Schadeninsekten nicht in diese Bohrlöcher einnisten.“Daher sei es für den Wald existenziell, dass genug Feuchtigkeit
vorhanden ist, um sich besser gegen Borkenkäfer zu wehren, sagt Roggenkamp
Doch besonders vorteilhaft sei am ganzen der Frost: „Damit der Boden gar wird, also eine gute Bodenstruktur bekommt, brauchen wir im Winter starke Fröste. Der Boden ist momentan nass und hat wie ein Schwamm das ganze Wasser aufgesaugt. Und wenn das Wasser jetzt durch den Frost gefriert, erweitert sich das Ganze und es entsteht ein ganz krümeliger, feiner Boden.“Im Frühjahr, wenn der Frost wieder weg und der Boden trocken ist, habe die Erde eine andere Qualität. Diese gegarte Erde ähnele dann der Gartenerde, so der Experte.
Anders sei es bei Kahlfrost ohne Schneebedeckung, der die Wintersaat beschädigen würde. „Das ist aber nicht der Fall, weil wir auf der Schwäbischen Alb ja wieder eine leichte Schneedecke mit etwa 10 Zentimeter haben, die die Wintersaat vor der Frost schützt.“Ein optimaler Winter für die Landwirtschaft, fügt Roggenkamp hinzu.
„Von Weihnachten bis jetzt hatten wir eine Schneeauflage, die in weiten Teilen langsam abgeschmolzen ist. Somit konnte das Wasser langsam in tiefere Schichten versickern.“Anders als beim Starkregen, das oberflächlich abläuft und gar nicht in die tiefen Schichten gelangt, wo die Grundwasserbildung stattfindet. Teilweise sei es Ende Januar, als starke Regenschauer den Restschnee zum Schmelzen brachten, zu kleineren Überschwemmungen – vor allem an der Donau – gekommen, aber im Großen und Ganzen habe der Boden unheimlich viel aufgesaugt, erklärt Roggenkamp. Das sei ein Indiz dafür, dass der Boden bis in die tiefen Schichten sehr trocken gewesen sein muss.
Hanns Roggenkamp ist auf dem landwirtschaftlichen Betrieb geboren und seit seiner Ausbildung in der Landwirtschaft tätig. Auch wenn er einiges an schwerer Arbeit gewohnt ist, gibt er zu, dass die Arbeit bei klirrender Kälte noch einmal mühsamer ist: „Natürlich haben wir dadurch mehr Arbeit. Im Rinderbereich sind die Silos oft draußen im Freien – in Form von Fahrsilos – und wir mussten öfter den Schnee räumen, um das Futter in den Stall bringen zu können.“Außerdem müsse man bei „richtig knackiger Kälte“, etwa Minus 15 bis 20 Grad, auch dafür sorgen, dass alles ohne Ausfälle am Laufen bleibe. Tagelang andauernde Kälte zehre an den Kräften. Aber als Landwirte sei man einiges gewohnt, so Roggenkamp.
Zudem erinnert sich der erfahrene Landwirt an Zeiten, in denen schon „ganz andere Temperaturen“herrschten: „Wir hatten schon Temperaturen von 25 oder 28 Grad minus.“Entsprechend dieser Erfahrungen habe man aber auch reagiert und beispielsweise spezielle Dieselkraftstoffe für die Traktoren besorgt, die auch Straßenmeistereien nutzen, damit die landwirtschaftlichen Fahrzeuge auch bei frostigen Temperaturen weiter einsetzbar bleiben. Daher sei alles machbar, solang es der Landwirtschaft guttut.