Sieben Unternehmen für einen Flughafen
Wirtschaft gründet Förderverein zur Rettung des Bodensee-Airports – Übernahme der IHK-Anteile geplant
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FRIEDRICHSHAFEN
- Starten Flugzeuge von der Rollbahn des Bodensee-Airports in Friedrichshafen, halten sie oft auf den Gipfel des Säntis zu, bevor sie über dem Bodensee gen Norden abdrehen. Die Corona-Pandemie hat den Flugbetrieb weitgehend zum Erliegen gebracht, doch schon zuvor hatte der Flughafen eher durch die Pleiten von Fluglinien als durch stabile Passagierzahlen für Aufmerksamkeit gesorgt. Und das, obwohl die Wirtschaft in der Region Bodensee-Oberschwaben mit ihren global agierenden Konzernen und Weltmarktführern seit Jahren betont, wie wichtig der Airport für sie sei.
Angesichts der Insolvenz, die der Flughafen Anfang Februar angemeldet hat, haben sich nun sieben Unternehmen zusammengefunden, um bei der Rettung des Luftverkehrsstandorts zu helfen und zu zeigen, dass die Wirtschaft wirklich hinter dem Flughafen steht. Gemeinsam haben der Sensorspezialist ifm aus Tettnang, der Biberacher Mischkonzern Liebherr, der Ravensburger Pharma-Spezialist Vetter, der Spülmaschinenhersteller Winterhalter aus Meckenbeuren, der Spieleverlag Ravensburger, die Spedition Grieshaber aus Weingarten und der Baumaschinen-Händler Kiesel aus Baienfurt den Förderverein Flughafen Friedrichshafen gegründet. „Das vordringliche Ziel ist, den Airport zu erhalten, da er ein wichtiges Bindeglied in der Verkehrsinfrastruktur der gesamten Region ist“, sagt Rolf Geyer, einer der Geschäftsführer der Dachgesellschaft der Liebherr-Gruppe. „Der Vorstoß ist ein Signal, dass die Wirtschaft in der Breite hinter dem Projekt der Sanierung und des Erhalts des Flughafens steht.“
Der neu gegründete Verein übernimmt in einem ersten Schritt die Anteile der Industrie- und Handelskammer Bodensee-Oberschwaben (IHK) am Airport, die 1,57 Prozent hält. „Die Gesellschafter werden Geld zuschießen müssen, die IHK kann aber aus rechtlichen Gründen nichts mehr geben, weil ihr in solchen Fällen nur Anschubfinanzierungen erlaubt sind“, erläutert IHK-Präsident Martin Buck, der als Vorstandschef von ifm mit seinem Unternehmen ebenfalls zu den Gründungsmitgliedern des Vereins gehört. Er sei als IHK-Präsident mit dem Problem konfrontiert gewesen, wie die IHK mit den Anteilen im Falle der Insolvenz nun umgehen könne. „Daraus ist dann die Vereinsidee entstanden“, sagt Buck. „Ich habe daraufhin Unternehmen abtelefoniert und war erstaunt, wie schnell ich die
Gründungsmitglieder hatte.“
Klar ist für Buck und Geyer, dass die Vereinsgründung nur der Anfang sein soll. „Wir hoffen, dass sich viele weitere Unternehmen an dem Förderverein finanziell beteiligen, um zu unterstreichen, dass der Wirtschaft der Flughafen wichtig ist“, erläutert Buck. Zudem wollen die sieben Gründungsmitglieder nicht nur große Firmen ansprechen. „In dem Verein sollen sich alle Unterstützer finden – vom großen Konzern bis zum kleinen Handwerker. Und zwar aus dem kompletten Einzugsbereich des Airports: von Vorarlberg bis zum Schwarzwald, von Biberach bis Überlingen“, erläutert Geyer. Vor diesem Hintergrund gibt es auch zwei Mitgliedschaften: die Vollmitgliedschaft mit einer Aufnahmegebühr von 10 000 Euro und Jahresbeiträgen von 10 000 Euro sowie die Fördermitgliedschaft, bei der beide beisammen
Beiträge 1000 Euro betragen. Buck verweist neben der Bedeutung für die Unternehmen darauf, dass der Airport rund 60 Millionen Euro zur Wirtschaftsleistung der Region beiträgt. „Und dabei ist noch nicht berücksichtigt, dass die Attraktivität der Messe ohne Flughafen stark sinken würde“, sagt Buck. „Das sind über einen Sanierungszeitraum von drei bis fünf Jahren immerhin 200 bis 300 Millionen Euro.“
Im Moment sortiere sich der Verein und unterstütze den Prozess, wie man den Flughafen aus der Insolvenz bekommt. Sollten die Mitgliedsgelder für den Sanierungsbeitrag der übernommenen Anteile nicht reichen, „müssen die Mitglieder entscheiden, was wir als Beitrag für die Sanierung noch aufbringen“, erklärt Buck. Langfristig könnte der Verein, so die Vision von Buck und Geyer, eine ähnliche Funktion übernehmen wie der Gesellschafterkreis des Flughafens
Memmingen, der vor allem von Unternehmen aus dem Allgäu finanziert wird. Auch „die Abnahme von festen Ticketkontingenten ist sicher eine Möglichkeit von Aktivitäten, die der Verein übernehmen könnte“, erläutert Buck. „Dazu müssten aber noch viele Fragen geklärt werden.“
Baden-Württembergs Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) begrüßt das Engagement der Wirtschaft. „Der Zusammenschluss dieser Unternehmen ist ein klares Bekenntnis zum Flughafen Friedrichshafen und dessen Bedeutung für die Region“, sagt Hoffmeister-Kraut der „Schwäbischen Zeitung“. Flughäfen wie der am Bodensee seien von großer Bedeutung. „Nach der Corona-Krise werden sich die Unternehmen wieder im internationalen Wettbewerb platzieren und ihr globales Kundennetzwerk wiederaufbauen müssen“, erklärt Hoffmeister-Kraut weiter. „Dieses Wiederanlaufen der Wirtschaft dürfen wir nicht durch den Wegfall regionaler Flughäfen zusätzlich erschweren.“
Eine Einschätzung, die LiebherrGeschäftsführer Geyer mit Blick auf die Kunden seines Unternehmens und die Kunden der anderen Gründungsmitglieder teilt. „Wenn man internationale Geschäftsbeziehungen nach Asien und Amerika hat, ist eine gute Anbindung eine wichtige Voraussetzung“, sagt Geyer. „Der Flughafen bietet als Zubringer zu den großen Drehkreuzen wie Frankfurt aufgrund kurzer Wartezeiten und durchgechecktem Gepäck erhebliche Vorteile bei der Reiseplanung.“Wenn denn mal wieder Jets in Friedrichshafen abheben, den Säntis-Gipfel anvisieren, über dem Bodensee abdrehen und ihr Ziel ansteuern.