Machtkampf um Rangnick
Nach Debakel in Wolfsburg ist der Abstieg von Schalke so gut wie besiegelt – Fans wollen einen Neuanfang
WOLFSBURG (SID) - Als die designierten Schalker Absteiger von ihrem Debakel in Wolfsburg heimgekehrt waren, lasen sie den Wunsch der tief enttäuschten Fans. „Pro Neuanfang, pro Rangnick“, stand auf einem Plakat vor der Geschäftsstelle. Ralf Rangnick soll als Sportvorstand den Wiederaufbau leiten – doch so einfach ist die Sache nicht. Die „Bild“berichtet schon über einen „Machtkampf um Rangnick“. Der Aufsichtsrat wollte angeblich lieber Sportdirektor Markus Krösche von RB Leipzig verpflichten. Dieser steht nach eigenen Angaben aber „nicht zur Verfügung“.
Der Verein ist tief gespalten. Im Internet starteten die Anhänger des abgeschlagenen Tabellenletzten eine Petition zur Verpflichtung Rangnicks, bis zum Sonntagmorgen fand die Aktion schon fast 28 000 Unterstützer.
Der Aufsichtsrat hatte aber klargestellt, „dass Berichte, es gäbe eine ,Voreinigung’ zwischen dem FC Schalke 04 und Ralf Rangnick oder seinem Berater, nicht zutreffen“. Unabhängig von den Vorgängen sei Rangnick ein „hochgeschätzter Fachmann“und „gern gesehener ExSchalker“. Die Fans machten ihrem Ärger über diese Haltung Luft. „Ahnungslosen Rat austauschen“, hieß es auf einem zweiten Banner.
Ein trauriges Bild gab erneut die Mannschaft ab. Die vermeintlichen Führungsspieler wirkten hilflos, der neue Coach schien orientierungslos. Das 0:5 (0:1) war noch keine Stunde alt, da dribbelte sich auch Dimitrios
Grammozis verbal schnurstracks Richtung Zweitklassigkeit. „Uns bleibt nur, einige gute Sachen, die durchaus da waren, in die kommenden Spiele mitzunehmen“, sagte die Nummer 5 der Saison auf der Schalker Trainerbank. Er lieferte seinen Profis auch noch ein perfektes Alibi für das 23. Auswärtsspiel nacheinander ohne Sieg und für 66 Gegentore in 25 Partien: „Die letzten Monate haben Spuren hinterlassen.“
Auch Grammozis will es offenbar nicht gelingen, im Team den unbedingten Willen zu entfachen, sich mit aller Macht gegen den Absturz zur Wehr zu setzen. Ein Hauch von zarter Entschlossenheit verflüchtigte sich in Wolfsburg nach einer halben Stunde nach dem Eigentor von Shkodran Mustafi. Als die Wölfe in der zweiten Halbzeit richtig bissig wurden, wurden Malocher im einstigen Malocher-Club schmerzlich vermisst.
Kapitän Sead Kolasinac mochte zur Schalker Situation dann auch lieber gar nichts sagen. Dass dieses Team in den verbleibenden neun Begegnungen elf Punkte auf den Relegationsplatz aufholt, erscheint wie blanke Utopie. Rangnick müsste, sofern er den Job übernimmt, die königsblaue Reset-Taste ganz fest drücken.
Solche Probleme gibt es in Wolfsburg hingegen nicht. Die Niedersachsen streben mit aller Macht in die Champions League, wo einst die Schalker fast schon Stammgäste waren. „Wir haben diesen Traum im Kopf“, gestand Josuha Guilavogui.
„Die letzten Monate haben Spuren hinterlassen.“Dimitrios Grammozis