Lockdown trifft den Tourismus hart
Zahl der Übernachtungen in Ulm und Neu-Ulm ist 2020 fast um die Hälfte gesunken
● ULM/NEU-ULM - Eigentlich war das große Ziel der Ulm/Neu-Ulm Touristik GmbH (UNT), im Jahr 2020 den Rekord von einer Million Übernachtungen in der Doppelstadt zu knacken. Doch die Corona-Pandemie machte einen dicken Strich durch die Rechnung.
„Die Zahlen sind absolut niederschmetternd“, sagte Dirk Homburg, Leiter Kommunikation bei der UNT, bei der Vorstellung der Jahresbilanz. Der jüngste Beschluss der Bund-Länder-Konferenz mit einer Verlängerung des Lockdowns über Ostern hinaus ist der nächste Rückschlag für die Branche. Doch die städtischen Tourismus-Experten schmieden Pläne für die Zeit danach und arbeiten an neuen Angeboten. Davon sollen nicht nur Besucher, sondern auch die Bürger aus der Region profitieren.
Wie sehr die aktuelle Entwicklung der Corona-Zahlen und der neuerliche harte Lockdown die Tourismus-Branche aber treffen, verdeutlichte Karin Krings, die Kreisvorsitzende des Deutschen Hotelund Gaststättenverbands (Dehoga). „Die Kollegen aus ganz Baden-Württemberg waren bislang eigentlich immer sehr kämpferisch, zuversichtlich und optimistisch“, sagte sie. „Doch heute Morgen war da vor allem Verzweiflung, gemischt mit Wut.“
Auch die UNT wollte eigentlich an Ostern wieder mit Stadtführungen loslegen. Doch zu planen sei derzeit äußerst schwierig, weil sich die Rahmenbedingungen ständig änderten. „Das ist die große Herausforderung für uns, dass wir keine zeitliche Perspektive haben“, sagte Dirk Homburg.
Dabei hatte die UNT gehofft, in diesem Jahr wieder durchstarten zu können, nachdem 2020 aus touristischer Sicht ein Reinfall war. Die Zahl der Übernachtungen in den statistisch erfassten Betrieben ging um 46,9 Prozent auf 496 360 zurück – der niedrigste Wert seit 15 Jahren. Bei den Gästen aus dem Ausland fällt die Bilanz noch schlechter aus: Es checkten nur noch 57 561 Reisende ein (minus 62,2 Prozent), die Zahl der Übernachtungen sank um 58,6 Prozent auf knapp 100 000. Die Bettenbelegungsquote in Ulm und Neu-Ulm sank von 47,4 Prozent im Jahr 2019 auf 27,5 Prozent.
Dabei gab es in den vergangenen Jahren einen regelrechten HotelBoom mit dem Bau neuer Häuser. Bei den Sedelhöfen eröffnet beispielsweise demnächst das „Me And All“Hotel, nächstes Jahr folgt das „Motel One“am früheren Abt-Standort am Münsterplatz. Die Pandemie könnte jedoch für den Markt gravierende Folgen haben: „Wir wissen nicht, ob die Gäste wieder zurückkehren“, sagte UNT-Geschäftsführer Wolfgang Dieterich. „Wir stehen vor einem Überangebot.“
Vor allem der Geschäftsreisetourismus, der bislang gut 70 Prozent der Übernachtungen ausmachte, könnte dauerhaft beeinträchtigt sein, da viele Firmen in der Pandemie auf digitale Formate statt auf Tagungen und Kongresse vor Ort gesetzt haben und dies möglicherweise auch in Zukunft tun. Das könnte manches Hotel in den Ruin treiben. „Wir gehen davon aus, dass es manchen Betrieb erwischen wird“, sagte Dirk Homburg. „Wir befürchten, dass, wenn es weiter geht mit dem Lockdown, es wirklich eklatant werden wird.“
„Die Reisebeschränkungen und Lockdowns hatten Auswirkungen auf alle Bereiche der lokalen Tourismuswirtschaft“, sagte UNT-Geschäftsführer Wolfgang Dieterich. „Der Rückgang der Übernachtungs-, aber auch der vielen Tagesgäste, machte neben den Hotelbetrieben vor allem auch der Gastronomie, der Veranstaltungsbranche, dem Kulturbereich und dem stationären Einzelhandel gewaltig zu schaffen. Viele Existenzen und Arbeitsplätze sind bedroht.“
Karin Krings befürchtet auch langfristige Folgen: „Die Leute laufen uns massenhaft weg“, so die DehogaKreisvorsitzende. Für die Zeit nach dem Lockdown werde der Fachkräftemangel ein Problem sein. Für Krings ist klar: „Wir müssen schauen, dass wir irgendwann wieder ins Laufen kommen.“Ihre Hoffnungen ruhen jetzt auf Pfingsten – und auf eine offensive Teststrategie wie in Tübingen.
Die UNT arbeitet an einem Konzept für den Neustart. Dabei nimmt die städtische Tochtergesellschaft auch die Outdoor-Aktivitäten stärker in den Blick wie Wandern, StandUp-Paddling