Katholische Laien suchen einen neuen Vormann
Thomas Sternberg kündigt seinen Rückzug von der Spitze des Zentralkomitees der deutschen Katholiken an
RAVENSBURG (mö) - Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) sucht einen neuen Präsidenten: Der bisherige Amtsinhaber, Thomas Sternberg, hat am Freitag überraschend angekündigt, bei der Vollversammlung des Gremiums im November nicht erneut kandidieren zu wollen. Der 69-jährige Sternberg steht seit 2015 an der Spitze des ZdK und gilt als einer der „Motoren“des Reform- und Gesprächsprozesses Synodaler Weg in der katholischen Kirche Deutschlands, der 2019 gestartet wurde. Als völlig offen gilt, wer Sternberg nachfolgen könnte.
Sternbergs Rückzug trifft die Laienvertretung in einer für die katholischen Kirche schwierigen Phase. Denn die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals stockt. Ein Jahr nach ihrer Einigung mit dem Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung auf die Einrichtung unabhängiger Aufarbeitungskommissionen haben erst zwei der 27 deutschen Bistümer, nämlich Bamberg und Passau, ein solches Gremium geschaffen. Zuerst hatte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“berichtet.
Am Freitag forderte Sternberg eine rasche Bildung dieser Kommissionen. Dass es solche Kommissionen noch nicht in allen 27 Diözesen gebe, liege auch daran, dass Kirche und Bundesländer teilweise noch keine Mitglieder benannt hätten.
Der ZdK-Präsident kündigte an, dass sich das ZdK stärker mit Verantwortung auch von Laien als Täter oder Vertuscher von Missbrauch in Verbänden und Gemeinden auseinandersetzen wolle. Ein entsprechender Arbeitskreis war im März beschlossen worden. Es werde immer deutlicher, dass „Verbrechen sexualisierter Gewalt nicht nur eine Frage von Klerikern sind, sondern ein breites Geschehen“.
Ebenso wird der Synodale Weg zunehmend kritisch gesehen. 230 Mitglieder, die für eine möglichst große Bandbreite kirchlichen Lebens stehen, verhandeln miteinander hinter verschlossenen Türen. In vier Foren werden die Schwerpunktthemen Sexualmoral, priesterliche Lebensform, Macht und Gewaltenteilung sowie die Rolle von Frauen in der Kirche behandelt. Doch sieht auch Sternberg Defizite: „Es war ein Fehler, die Arbeit der Foren intern laufen zu lassen“, sagte er. Zumindest Themen, Termine und Ablauf müssten öffentlich bekannt sein, damit eine breitere Beteiligung der Delegierten und der Öffentlichkeit möglich sei.
Nicht nur Sternberg kündigte seinen Rückzug an: Bei der Neuwahl der 45 Einzelpersönlichkeiten kandidierten mehrere prominente Persönlichkeiten nicht erneut. Politische Schwergewichte wie SPD-Politiker Wolfgang Thierse, Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU), der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und die Präsidentin der Deutschen Unesco-Kommission, Maria Böhmer (CDU), verlassen das Gremium.