Daimler katapultiert sich aus der Krise
Autokonzern verdient im ersten Quartal 2021 bereits mehr Geld als im gesamten Vorjahr – Nur der Chip-Mangel hält an
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FRANKFURT - Bei Daimler klingeln die Kassen. Unter dem Strich haben die Schwaben im ersten Quartal einen Gewinn von knapp 4,4 Milliarden Euro eingefahren. Das ist mehr als im gesamten Jahr 2020, wo es rund vier Milliarden Euro Gewinn waren. Der Beginn der Pandemie hatte Daimler und allen Autobauern heftig ins Kontor geschlagen. Doch auch im Vergleich zum ersten Quartal des Vorkrisenjahres 2019 hat sich der Gewinn in diesem ersten Jahresquartal mehr als verdoppelt. „Daimler überzeugt mit starken Zahlen im ersten Quartal, das noch immer von der Pandemie belastet ist“, sagte Frank Schwope, Auto-Analyst bei der Nord/LB.
Der Gewinnsprung lässt sich im Wesentlichen auf zwei Entwicklungen zurückführen. Zum einen ist die Nachfrage insbesondere aus China groß. Auf dem mittlerweile wichtigsten Automarkt der Welt finden Autos mit einem Stern auf Haube oder Kühlergrill gerade reißenden Absatz.
Dank dieser Nachfrage ist die Rendite von Mercedes-Benz Cars & Vans auf das Rekordniveau von 14,3 Prozent geklettert. Und aus diesem Grund hat Daimler mit seinen Geschäftszahlen auch gleich die Jahresprognose für die Sparte um zwei Prozent nach oben geschraubt.
Lange hatten beobachtende Analysten das Unternehmen für die im Vergleich zu Konkurrenten wie BMW niedrigen Renditen kritisiert: Zu teuer sei die Produktion, weil zu personalintensiv. Dieses Problem geht der seit zwei Jahren amtierende Finanzchef des Hauses, Harald Wilhelm, nun ziemlich rigide an. Und das ist die andere Seite der DaimlerGeschichte von steigenden Renditen und einem Milliardengewinn inmitten der Krise.
Denn die sprudelnden Gewinne sind eben auch das Ergebnis eiserner Kostendisziplin, sprich: einem radikalen Sparprogramm. Daimler will bis 2022 seine Personalkosten um 1,4 Milliarden Euro reduziert haben. Auf dem Weg dorthin werden Tausende Stellen abgebaut. Das wiederum ist auch Teil der übergreifenden Transformation in der Branche hin zu alternativen Antriebsarten, derzeit vor allem Elektromobilität. Denn Elektroautos erfordern in der Produktion weniger Arbeitsschritte und damit auch weniger Personal.
Ohnehin werden Teile der Belegschaft auch in der kommenden Zeit noch kurzgehalten werden, was ihre Arbeitszeiten angeht. Daimler hatte im Verlauf der Krise – wie andere Autohersteller auch – intensiv auf das Werkzeug der Kurzarbeit zurückgegriffen. Den Konzernberechnungen zufolge beliefen sich die Einsparungen wegen dieser Maßnahmen allein im vergangenen Jahr auf rund 700
Millionen Euro. Deshalb hatten kritische Aktionärsvertreter scharf die milliardenhohe Dividendenzahlung von Daimler an seine Aktionäre kritisiert.
Jedenfalls wird Kurzarbeit auch in nächster Zukunft weiter zum Einsatz kommen. Denn die Branche – und damit auch der Stuttgarter Konzern – leidet unter dem anhaltenden Computerchip-Mangel. Deswegen, so prognostizierte Finanzchef Wilhelm, werde der Absatz im laufenden Quartal unter das Niveau des ersten Quartals sinken – da lag der Absatz aller Fahrzeuge konzernweit bei fast 730 000. So kündigte Daimler am Donnerstag auch an, womöglich mehr Mitarbeiter als bislang geplant in Kurzarbeit zu schicken. Ähnliche Ankündigungen waren aus Ingolstadt beim Konkurrenten Audi zu hören. In den kommenden Wochen könne es wegen der Chipkrise „hier und dort“zu Produktionsstopps und Kurzarbeit kommen, sagte Finanzvorstand Harald Wilhelm. Welche Standorte über die bisher bekannten betroffen sein könnten, ließ er offen.