Inzidenz und Schulen: Das sagt der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes
- Schüler sowie Eltern und Lehrer müssen sich auf Homeschooling einstellen. Die Öffnung der Schulen richtet sich auch laut der neuen Corona-Notbremse der Bundesregierung nach den Inzidenzzahlen, die das Robert-Koch-Institut (RKI) für die jeweiligen Landkreise veröffentlicht. Die basieren auf den Daten der Kreisgesundheitsämter und des Landesgesundheitsamtes. Nach der Änderung des Infektionsschutzgesetzes des Bundes (der so genannten „Bundes-Notbremse“) werden die Schulen im Alb-DonauKreis und in der Stadt Ulm ab Montag wieder in den Fernunterricht wechseln. Auch die Kindertageseinrichtungen und die Kindertagespflege sind von der Notbremse betroffen. Das teilt das Landratsamt Alb-Donau-Kreis am Freitagnachmittag mit.
Nach der am Freitag (23. April) in Kraft getretenen Änderung des Bundesinfektionsschutzgesetzes ist bei einem drei Tage in Folge überschrittenen 7-Tage-Inzidenzwert von 165 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in einem Stadt- oder Landkreis der Präsenzunterricht untersagt. Ebenso sei dann die Öffnung von Kitas und Kindertagespflegestellen nicht mehr möglich. Für die Notbetreuung werden noch Regelungen des Kultusministeriums erwartet, so das Landratsamt in der Mitteilung.
Am Freitagvormittag wartet der geschäftsführende Schulleiter Ehingens, Alexander Bochtler, noch auf die offizielle Nachricht aus dem Landratsamt, dass die Schulen ab Montag dicht sind, mittags gibt er bekannt, dass zumindest an der Realschule nur noch die Abschlussklassen im Wechselmodell an die Schule kommen dürfen. Die Eltern werden über die Klassenlehrer über die aktuellen Regelungen informiert. Bochtler verspricht, dass es wie gehabt am Montag eine Notbetreuung für Fünftbis Siebtklässler geben wird, die diese brauchen. Da würden die alten Regelungen gelten, bis neue vom zuständigen Ministerium kamen. „Für alle in Präsenz gilt aber weiterhin Testpflicht“, so Bochtler.
Betroffen sind von den Schulschließungen auch die Kindergärten in der Region, macht Ehingens Bürgermeister Sebastian Wolf deutlich. Doch auch bei der Stadtverwaltung habe es anfangs für Verwirrung gesorgt, dass im Zusammenhang mit der Bundesnotbremse nur von Schulen die Rede war, aber nie von Kindergärten und Krippen. Auch diese Einrichtungen kehren nun in den Modus der Notbetreuung zurück. Die Stadt Ehingen wird wie gehabt per EMail oder über die App informieren. Vorbereitungen für den Fall der Fälle liefen diese Woche schon: Stadt und kirchliche Träger haben bei den Eltern vorsorglich abgefragt, wer wieder Notbetreuung braucht, natürlich abhängig davon, welche Regelungen gelten. „Da ist einfach noch nicht klar, ob man an den bisherigen Abläufen festhält oder ob andere Bestimmungen kommen.“Auch in den Kitas wird – auf freiwilliger Basis – bei den Kindern, die in den Einrichtungen sind, vorsorglich getestet.
Das Gesundheitsamt im Landratsamt Alb-Donau-Kreis hat die Überschreitung des Inzidenzwertes von 165 pro 100 000 Einwohner am Freitag sowohl für den Stadtkreis Ulm als auch für den Alb-Donau-Kreis amtlich festgestellt. Die Neuregelung wird ab Samstag, 24. April, rechtswirksam.
Landrat Heiner Scheffold sagt dazu: „Viele Bürgerinnen und Bürger, vor allem auch viele Eltern, Lehrerinnen und Lehrer, haben sich für die Schulen eine klare und einheitliche Regelung gewünscht, die bundesweit greift. Mit dem geänderten Infektionsschutzgesetz hat der Bund darauf reagiert. Bei den aktuellen Inzidenzwerten in Ulm und im Alb-DonauKreis gilt die Schließung für Schulen und Kitas im Stadtkreis und im Landkreis gleichermaßen.“
Eine Momentaufnahme zur Entwicklung der Inzidenzzahlen – aufgeschlüsselt nach Altersgruppen – zeigt, dass in manchen Gebieten die Inzidenzzahl der Kinder und Jugendlichen höher als die Durchschnittszahl ist (siehe Grafik). Die Maskenpflicht an Schulen sowie die Testungen spielen da sicherlich eine Rolle und wirken auf diese Zahlen ein, so das Landratsamt. „Wir beobachten das Infektionsgeschehen“, versichert
Die Inzidenzzahl von Kindern und Jugendlichen ist teilweise höher als die Durchschnittszahl. Macht es Sinn, einen Inzidenzwert von pauschal 165 für die Frage der Schulöffnung zu nehmen oder wäre es beispielsweise sinnvoller, sich an den Zahlen pro Altersgruppe zu orientieren?
Präsident des Deutschen Lehrerverbandes (DL), sagt dazu: „Das ist in der Tat eine berechtigte Überlegung. Ich erinnere daran, dass ja noch vor einem halben Jahr sich die Schulministerien gegen einen Hygienestufenplan ausgesprochen haben, der sich an den durchschnittlichen Inzidenzen in der jeweiligen Region orientiert, und zwar mit dem Argument, dass es Unsinn sei, Schulen
Bernd Weltin, der Pressesprecher des Landratsamtes Alb-Donau-Kreis. Das Gesundheitsamt schlüssele die Inzidenzen in den verschiedenen Altersgruppen der Bevölkerung nicht auf, dennoch würden sich gewisse Beobachtungen ergeben, die auf Faktoren hinweisen. Weg sei man beispielsweise von den großen Clustern, wie es im Winter der Fall war, als Infektionsgeschehen verstärkt in Seniorenheimen auftraten. Es mache sich nun bemerkbar, dass es in den Schulen viele Fälle gebe, vergleichbar aber weniger Indexfälle und Kontaktpersonen, die in Quarantäne gesetzt werden müssten. „Das private Ausbruchsgeschehen macht einen großen Teil aus“, so Weltin im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Fest stehe: Das Infektionsgeschehen sei „diffus“.
Wie schnell sich Situationen ändern können, zeigt sich an einem Laichinger Beispiel. Der Laichinger Bürgermeister Klaus Kaufmann (parteilos) berichtete bei der Versammlung des Gemeindeverwaltungsverbandes Laichinger Alb am Donnerstagabend, dass in Laichingen keine Ausbruchsgeschehen in Kindergärten vorliegen. Freitagmittag sagte er dann: „Meine Aussage von gestern Abend hat mich heute früh schon eingeholt. Die Kita Bleichberg muss aufgrund zu schließen, wenn erhöhte Inzidenzen auf Infektionsausbrüche in Altenheimen und Asylbewerberunterkünften oder Fleischfabriken zurückzuführen seien. Wenn man dieses Argument ernst nimmt, müsste man umgekehrt jetzt Schulen deutlich eher schließen, da die Inzidenzen bei Kindern und Jugendlichen teilweise um den Faktor 2 oder 3 höher sind als im Durchschnitt. Beim Lehrerverband präferieren wir eine Orientierung an der 100 in einer Region, wie sie ja Bayern nach wie vor umsetzt. Ein längeres Offenhalten der Schulen auch bei höheren Werten wäre nur gerechtfertigt, wenn die regelmäßige Testpflicht an den Schulen umgesetzt ist, Lehrkräfte weitgehend geimpft sind und die Inzidenzen bei Jugendlichen nicht massiv über dem Durchschnitt liegen. Aber auch da würden wir die Obergrenze des Infektionsschutzgesetzes von 165 nicht ausreizen wollen. Ich fürchte, dass wir tatsächlich bis Pfingsten für viele Schülerinnen und Schüler keinen Präsenzunterricht mehr realisieren können. Jetzt sieht man, was es bedeutet, dass es mit dem letzten Lockdown light nicht gelungen ist, die Inzidenzzahlen soweit runter zu drücken, dass Schulen im Wettlauf mit dem Virus zumindest für den Wechselbetrieb offen gehalten werden können. Umso wichtiger ist es jetzt, ein riesiges Lernförderprogramm für das nächste Schuljahr auf den Weg zu bringen. Die Kernfrage wird sein, wie gewinnen wir das dafür notwendige zusätzliche Personal.“(ras)
Heinz-Peter Meidinger,