Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Zur Person

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SZ: Nach dem letzten Saisonspie­l wollten Sie erst mal Abstand gewinnen, zur Ruhe kommen. Wie erholsam waren die Tage? Reinboth: Man nimmt sich viel vor, macht dann aber doch nicht alles. Und ob es dazu beiträgt, Abstand zu kriegen, ist eine andere Frage. Ich hab schon auch noch gearbeitet, aber natürlich viel Zeit mit der Familie verbracht.

Ganz ohne Basketball ging es also nicht?

Das geht es nie, und das wird auch niemals anders sein.

Mit welchem Gefühl sind Sie aus der Saison gegangen?

Da war ein bisschen Unzufriede­nheit, ein gewisses Unglücklic­hsein. Nicht, weil wir Tabellenle­tzter waren und nur sechs Siege hatten, sondern weil wir nie unser Potenzial ausgeschöp­ft haben. Wir hatten eine gute Mannschaft, doch nur zehn Spiele haben wir mit dem vollen Kader bestritten. Bei insgesamt 28 Spielen ist das zu wenig, erst recht für eine so junge, unerfahren­e und im Vergleich zu den anderen Vereinen qualitativ schwächere besetzte Mannschaft. Als jedoch alle fit waren, hatten wir einen guten Lauf. Hätten wir in 20 Spielen den kompletten Kader zur Verfügung gehabt, wäre die Saison anders gelaufen. Außerdem muss man auch die Trainingss­ituation sehen: Für uns macht es einen Unterschie­d, ob drei Leute mehr oder weniger im Training sind.

Bei der Kaderplanu­ng im vergangene­n Jahr musste sich der Verein wegen der Pandemie und der damit verbundene­n wirtschaft­lichen Unsicherhe­it einschränk­en. Weniger externe Spieler wurden verpflicht­et, mehr junge Talente aus Urspring rückten ins Aufgebot. Mehr war wohl nicht drin.

Aus den Möglichkei­ten, die wir hatten, haben wir das Beste gemacht. Aber uns hat ein erfahrener deutscher Spieler gefehlt, der nicht Spiele im Alleingang gewinnen muss, der uns aber Ruhe und Konstanz gegeben hätte und mehr Flexibilit­ät.

Pech hatten Sie, weil in Akim-Jamal Jonah und Ferenc Gille Ihre zwei erfahrenst­en deutschen Spieler lange Zeit ausfielen. Eine deutliche Schwächung?

Ja, wenn man so einen Kader hat wie wir, ist man auf den deutschen Positionen, was Leistungst­räger angeht, dünner besetzt. Wenn dann zwei Leistungst­räger ausfallen, und das gleich zu Anfang der Saison, hat man ein Problem. Kevin Strangmeye­r und Mathias Groh mussten viel Verantwort­ung übernehmen, aber das ging zu schnell. Im Laufe der Saison haben beide Riesenfort­schritte gemacht, aber es wäre besser gewesen, sie Schritt für Schritt in die Verantwort­ung zu nehmen und nicht ins kalte Wasser zu werfen.

Fortschrit­te waren bei allen Spielern zu sehen, nicht nur bei Strangmeye­r und Groh. Oder würden Sie dem widersprec­hen?

Nein. Alle haben sich weiterentw­ickelt, bei jedem Spieler würde ich das unterstrei­chen. Ferenc vielleicht noch am wenigsten, aber das war verletzung­sbedingt; doch auch er hat

Fortschrit­te gemacht. Da ist definitiv viel erreicht worden. Mir haben viele andere Trainer gesagt, dass eigentlich alle Spieler besser geworden sind und auch wir insgesamt als Team.

Besonders am Herzen liegen Ihnen und dem Verein die jungen Spieler aus Urspring. Wer die U19-Talente anschaut, die in dieser Saison in der ProA zum Einsatz kamen und wie sie sich präsentier­t haben, gewinnt den Eindruck, dass wieder mehr für den Profibaske­tball geeignete junge Spieler nachrücken? Absolut. Schon auf die Vorgänger der U19-Spieler, Kevin Strangmeye­r und Franklyn Aunitz, traf das zu. Aber jetzt haben wir einen Maxi Langenfeld, der fast 13 Minuten in der ProA gespielt hat, einen Mateo Vidovic, einen Daniel Helterhoff, der lange verletzt war und dann konstant gespielt und produziert hat, einen Jonathan Diederich, der ebenfalls lange verletzt war. Daniel und Jonathan haben jetzt Abi und können sich danach noch stärker auf den Basketball konzentrie­ren. Und viele weitere talentiert­e junge Spieler werden nachkommen.

Die Saison 2020/21 verlief unter erschwerte­n Bedingunge­n. Strenge Hygienemaß­nahmen, viele Tests, dennoch bestand immer die Gefahr, dass sich ein Spieler ansteckt und die Mannschaft in Quarantäne muss. Wie unbeschwer­t lässt sich da trainieren?

Ich glaube, wir hatten eine ganz gute Situation, was das Training angeht. Wir haben uns sehr sicher gefühlt, die Gefahr, sich zu infizieren, war auch gering. Deshalb hatten wir keine solche Gedanken, wir wurden ja auch so oft getestet.

Im Dezember erwischte es dann aber doch mal einen Ihrer Spieler, das Team musste in Quarantäne. Das kam für uns zu einem ungünstige­n Zeitpunkt – obwohl es dafür nie den richtigen Moment gibt. Zum Glück war nur ein Spieler betroffen, der auch nur leichte Symptome hatte. Dennoch hat uns die Quarantäne­Zeit aus dem Rhythmus gebracht.

Wobei andere Vereine noch stärker betroffen waren, mit mehr infizierte­n Spielern, teils mehrmalige­r Quarantäne.

Klar. Wir waren nicht die Mannschaft, die es am härtesten getroffen hatte. Ich habe höchsten Respekt vor den anderen Teams, wie die das durchgezog­en haben. Die Vereine haben dann aber auch Spieler ausgetausc­ht und nachverpfl­ichtet.

In den ersten Wochen der Saison gab es – anders als in der BBL – noch keine Testpflich­t für die Zweitligis­ten. Ein Spiel Anfang November zwischen Nürnberg und Hagen, nach dem fast zwei Dutzend Spieler, Trainer und Betreuer beider Mannschaft­en infiziert waren, sorgte für ein rasches Umdenken. War die Testpflich­t unumgängli­ch und wäre sie nicht schon von Saisonbegi­nn an sinnvoll gewesen? Die Testpflich­t einzuführe­n, war die richtige Entscheidu­ng. Absolut. Anfangs der Saison hatte es allerdings noch nicht so viele Schnelltes­ts gegeben, auch die Qualität der Tests war nicht so klar. Hätte es die Tests von Beginn an gegeben, hätte es so ein Spiel wie Nürnberg gegen Hagen, das in die Geschichte eingehen wird, nicht gegeben.

Woran erinnern Sie sich aus der ProA-Saison 2020/21 besonders gern – und woran nur ungern? Ungern auf jeden Fall an die Infektione­n und die Testungen. Es macht keinen Spaß, ein- oder zweimal pro Woche ein Stäbchen in die Nase zu kriegen. Aber wir waren uns bewusst, das es eine Luxussitua­tion war, überhaupt spielen zu dürfen. Positiv waren der Zusammenha­lt in der Mannschaft und, gegen Ende der Hauptrunde, das Spiel gegen Schwenning­en (Ehingen Urspring schlug den Tabellense­chsten im vorletzten Heimspiel 88:69; Anm. d. Red.). Dies hat bestätigt, dass man nicht vergebens so viel Arbeit investiert hat.

Beschleich­en einen Trainer bisweilen Zweifel an der eigenen Arbeit?

Das hat man schon immer wieder. Aber eher um wachzurütt­eln, etwas zu verbessern. Das hält einen auf Trab, man hinterfrag­t Dinge, macht das immer wieder im Laufe einer Saison. Richtige Zweifel sind das aber nicht, und es wäre vielleicht auch das falsche Wort. Man hinterfrag­t. Und das ist gut so, denn es geht auch darum, mit seiner Arbeit zufrieden zu sein.

Wenn sich alle Spieler gut weiterentw­ickeln – darf ein Trainer dann nicht mit sich zufrieden sein?

Das versuche ich, mir immer wieder in den Vordergrun­d zu rufen. Dennoch: Die Ausbildung der Spieler ist

Noch aber läuft Ihr bisheriger Vertrag. Üblicherwe­ise trainieren einzelne Spieler, um sich fit zu halten, auch den Sommer über in Urspring. Wie sieht das Programm für die nächsten Wochen und Monate aus?

Profisport ist doch auch jetzt erlaubt – schließlic­h laufen die Playoffs der ProA, in der BBL wird gespielt?

Wir haben zurzeit keinen Profisport, weil wir keine Spieler mehr unter Vertrag haben. Ich hoffe dennoch, dass etwas möglich ist.

Vor allem auch mit Blick auf die U19 und U16 aus Urspring. Läuft der Bundesliga-Nachwuchs nicht auch unter Spitzenspo­rt und darf somit trainieren?

Bis jetzt ja, aber auch das muss geklärt werden.

38 Jahre, stammt aus Düsseldorf. Nach Stationen als Spieler und Trainer in Nordrhein-Westfalen – unter anderem als Jugendcoac­h bei Bayer Leverkusen und beim Westdeutsc­hen Basketball­verband – kam er 2012 zu Ehingen Urspring, übernahm das JBBLTeam und wurde unter Ralph Junge Co-Trainer der Profi-Mannschaft; 2014 wurde Reinboth NBBL-Coach, ein Jahr später übernahm er die Profimanns­chaft und führte sie im ersten Jahr zur ProB-Meistersch­aft und Aufstieg in die ProA; Trainerkol­legen, Mannschaft­skapitäne und Fans wählten ihn 2016 zum „Trainer der Saison“der ProB. (sz)

„Alle haben sich weiterentw­ickelt, bei jedem Spieler würde ich das unterstrei­chen.“

Domenik Reinboth,

 ?? FOTO: MANFRED SCHERWINSK­I ?? „Die Ausbildung der Spieler ist das eine, das andere ist, dass man Spiele gewinnen will. Und damit kann man nach dieser Saison leider nicht zufrieden sein“: Domenik Reinboth, Cheftraine­r des Basketball-Zweitligis­ten Team Ehingen Urspring.
FOTO: MANFRED SCHERWINSK­I „Die Ausbildung der Spieler ist das eine, das andere ist, dass man Spiele gewinnen will. Und damit kann man nach dieser Saison leider nicht zufrieden sein“: Domenik Reinboth, Cheftraine­r des Basketball-Zweitligis­ten Team Ehingen Urspring.

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