Ehrgeizigere Ziele in anderen Ländern
Wovon hängt ein Ausstieg ab?
Er steht und fällt mit der Attraktivität von E-Autos. Da sind sich Politiker, Verbandsvertreter und Wissenschaftler einig. Der Leiter des Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach, Stefan Bratzel, prognostiziert, dass 2030 etwa 70 bis 80 Prozent der Autos in Deutschland elektrisch fahren könnten. Aber dafür müssen die Rahmenbedingungen stimmen: Die Lieferketten für Rohstoffe der Batterien müssen funktionieren, die Preise für Batteriezellen fallen und die Schnellladeinfrastruktur möglichst bald aufgebaut werden. Entscheidend für die Verbraucher sind die Kosten eines E-Autos, sagt der Leiter des Bereichs Mobilität vom Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE), Ralf Petri. „Die Kosten werden durch die Batterie dominiert. Hier hat es eine deutliche Kostendegression gegeben.“Zahlte man 1991 noch über 1000 Euro pro Kilowattstunde, sind es heute 140 Euro. Die Prognose des VDE: Bis 2030 werden sich die Kosten auf unter 70 Euro pro Kilowattstunde halbieren. „Das wirkt sich auf den Verkaufspreis aus. E-Mobilität wird immer bezahlbarer“, sagt Petri.
Wie wichtig ist die Ladeinfrastruktur? ●
Eine Studie für das Bundesverkehrsministerium geht davon aus, dass 440 000 bis 843 000 Ladepunkte bis 2030 nötig sind. Derzeit gibt es rund 42 000 Ladepunkte. Fünf Monate zuvor waren es rund 32 000. Dem Verband der Automobilindustrie (VDA) geht das zu langsam. Nötig seien 2000 neue öffentliche Ladepunkte pro Woche, aktuell würden nur 200 aufgestellt. Um mehr Tempo reinzubringen, fördert der Bund seit dem Frühjahr Ladesäulen an Supermärkten, Hotels oder Schwimmbädern
In Deutschland wird noch heftig über den Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor debattiert. Andere Länder sind weiter und haben bereits Beschlüsse getroffen, von wann an Benzin- und Dieselantriebe verboten werden. Ein Überblick.
Großbritannien: Nach dem Brexit will Premierminister Boris Johnson jetzt den Ausstieg aus dem Verbrenner vorantreiben. Von 2030 an sollen in Großbritannien keine Diesel- und Benzinantriebe mehr verkauft werden. Hybrid-Modelle haben fünf Jahre länger Zeit. Damit will Johnson auch die britische E-Auto-Industrie ankurbeln. „Jetzt ist die Zeit gekommen, eine grüne Erholung mit hoch qualifizierten Arbeitsplätzen zu planen, die den Menschen die Sicherheit gibt, dass sie dazu beitragen, das Land saubesetzt und hat einen Gesetzesentwurf auf den Weg gebracht, wonach 1000 Schnellladehubs bis 2023 aufgebaut werden sollen. Nicht nur die Menge rer, grüner und schöner zu machen“, schrieb er in einer Kolumne für die „Financial Times“.
USA: Die US-Bundesstaaten entscheiden selbst über den Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor. In Kalifornien soll es ein Verbot von 2035 an geben, in Washington von 2030 an. Für einen Paukenschlag sorgte Anfang des Jahres General Motors. Wohl kaum ein Konzern steht so sehr für die alte Auto-Welt wie GM mit seinen Pick-ups und Geländewagen. GM-Chefin Mary Barra kündigte jedoch an, dass GM von 2035 an nur noch emissionsfreie Pkw produzieren werde.
China: Die Volksrepublik hat einen Bann für Benzin- und Dieselautos erst für das Jahr 2060 angekündigt. Statt einseitig auf Elektromobilität ist ein Problem. Derzeit sind die Verteilnetze nicht auf so viele Stromer ausgerichtet. „Es müssen neue Leitungen verlegt werden. Das wird in China auf unterschiedliche Antriebe: auf synthetische Kraftstoffe ebenso wie die Brennstoffzelle. Dennoch treibt China die Elektromobilität insofern voran, als das Land mit Quoten arbeitet. Hersteller müssen eine verbindliche E-Auto-Quote erfüllen.
Europa: Die EU-Kommission prüft derzeit, was im Verkehrssektor nötig ist, um das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen, und von welchem Zeitpunkt an Autos mit Verbrennungsmotor nicht mehr auf den Markt kommen sollten. Die Kommission darf einem „Spiegel“-Bericht zufolge allein kein Verbot aussprechen. Allerdings könnte sie das Mittel auf die Mitgliedstaaten übertragen und ambitionierte Emissionseinsparziele für die Autoindustrie beschließen. (dot)
Hier gehen die Ansichten weit auseinander. Die Grünen setzen voll auf Elektromobilität. „Synthetische Kraftstoffe haben wir in Deutschland in Reagenzglasmengen“, sagt Grünen-Verkehrsausschussvorsitzender im Bundestag, Cem Özdemir. „Selbst wenn wir sie irgendwann bekommen, sind sie so wertvoll, dass wir sie dort einsetzen müssen, wo wir Strom nicht direkt einsetzen können“, betont er. Das sieht der FDP-Abgeordnete Torsten Herbst anders: „Um die CO2- Ziele zu erreichen, brauchen wir nicht nur Elektromobilität, sondern auch synthetische Kraftstoffe.“Um die Kosten gering zu halten, schlägt er eine Beimischquote vor. Indem man zehn Prozent synthetischen Kraftstoff beimischen würde, würde der CO sinken und die höheren Kosten nicht so stark ins Gewicht fallen. „In der Pkw-Klasse gibt es keine bessere Alternative zum batterieelektrischen Fahrzeug“, sagt VDEMobilitätsbereichsleiter Ralf Petri. Je schwerer Fahrzeuge und je wichtiger die Reichweite, umso mehr spielt die Brennstoffzelle eine Rolle – etwa bei Bussen und Lastwagen. Der Nachteil sei, dass dieser Antrieb sehr teuer ist. Synthetische Kraftstoffe seien eher für einen Nischen- oder Bestandsmarkt von Oldtimern oder Motorsportwagen geeignet.
Ist die Euro-7-Norm der Tod des ●
Verbrenners?
„Die neue Norm wird den Verbrenner etwas teurer machen, aber bedeutet nicht seinen Tod“, sagt CAMLeiter Stefan Bratzel. Die Deutschen müssten sich aber darauf einrichten, dass Mobilität mit dem Auto insgesamt teurer werden wird. Künftig würde man nicht ohne ein BonusMalus-System auskommen, wo Verbrennungsmotoren mit einem Malus belegt werden. Auch das Diesel-Privileg müsse abgeschafft werden, um den Weg in eine umweltfreundlichere Zukunft zu gestalten.