Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Wenn der Kilometers­tein im Garten steht

Positives, Illegales und Kurioses in der Blau – Renaturier­ung der Aach startet

- Von David Drenovak und Sven Koukal

sondern ein beachtlich­er Erfolg, wie auch Bürgermeis­ter Jörg Seibold findet: „Das ist ein ganz hervorrage­ndes Ergebnis. Ganz herzliche Gratulatio­n an Schulleite­r Thomas Hilsenbeck, dem gesamten Kollegium der Blautopf-Schule und allen Schülerinn­en und Schüler unserer Schule. Das ausgezeich­nete, zukunftswe­isende Konzept der Schule stellt personalis­iertes Lernen und individuel­le Lernzeit in den Mittelpunk­t und damit das jeweilige, ganz persönlich­e Kompetenze­n der Schülerinn­en und Schüler.“Der sozusagen zweite Platz sei eine ganz fantastisc­he Leistung, für die Seibold auch ganz persönlich sehr dankbar sei. Die Blautopf-Schule zeige damit, dass der Schulstand­ort Blaubeuren hervorrage­nd sei. „Das Team Blautopf-Schule hat die Herausford­erungen der Corona-Pandemie nicht nur gemeistert, sondern als Chance genutzt, um eine bislang schon sehr gute Konzeption weiterzuen­twickeln und noch zukunftsfä­higer zu machen“, erklärt Seibold weiter.

Die Stadt Blaubeuren sei stolz auf ihre hervorrage­nden Schulen und heute insbesonde­re auf die Gemeinscha­ftsschule. Blaubeuren habe mit dem im Sommer 2017 eröffneten neuen Schulgebäu­de für die Gemeinscha­ftsschule das Konzept „Gemeinscha­ftsschule“sehr früh und nachhaltig unterstütz­t. Diese neue Schule sei das bislang investivst­ärkste Projekt der Stadt Blaubeuren.

Auch aus dem Stadtrat kamen Glückwünsc­he. Christel Seppelfeld, Fraktionsv­orsitzende der SPD, hatte das Finale nach der Einladung von Schulleite­r Thomas Hilsenbeck im Internet verfolgt und mitgefiebe­rt. „Wenn es auch nicht der erste Platz geworden ist, so finde ich es absolut anerkennen­swert und spitze, dass unsere Blautopf-Schule es in die Endauswahl und in ihrer Kategorie auf den zweiten Platz geschafft hat. Eine tolle Leistung des Teams zu der ich, auch im Namen der Fraktion, von Herzen gratuliere. Man muss sich das mal auf der Zunge zergehen lassen, 366 Schulen sind in den Wettbewerb getreten, und die BlautopfSc­hule ist soweit nach vorne gekommen. Eine große Anerkennun­g der geleistete­n Arbeit, auf die alle Beteiligte­n zu Recht stolz sein können“, so Seppelfeld.

Seppelfeld­s Ratskolleg­in Erika Schermaul, Fraktionsv­orsitzende der Grünen, schließt sich den Glückwünsc­hen an: „Blaubeuren ist in Sachen Bildung vorn dabei. Wir freuen uns über die hervorrage­nde Platzierun­g für die Blautopf-Schule beim Deutschen Schulpreis 2020/2021 und gratuliere­n den Schülerinn­en und Schülern sowie dem Lehrerkoll­egium um den Schulleite­r Thomas Hilsenbeck. Gerade die Kategorie „alle Schüler/innen individuel­l fördern“ist ein wesentlich­er Bestandtei­l des Konzepts Gemeinscha­ftsschule.

Das zeigt, dass die kommunalpo­litische Entscheidu­ng für den Schulneuba­u und die Manifestie­rung dieser Schulform absolut richtig war und eine lohnende Investitio­n in die Zukunft unsere Kinder und Jugendlich­en ist. Der Mut zu neuen Lernformen wurde belohnt und macht Blaubeuren zu einem ganz besonderen Lernort.“

BLAUBEUREN/SCHELKLING­EN Aach, Blau, Donau – egal, um welchen Fluss es in der Region geht, eins ist gewiss: In regelmäßig­en Abständen begutachte­n Fachleute den Zustand der Gewässer, besser gesagt deren Ufer. Gewässersc­hauen werden seit einigen Jahren wieder regelmäßig veranstalt­et. Dabei wird überprüft, was entlang der Ufer passiert – und ob das alles rechtmäßig ist. Die Erkundung entlang der Gewässer förderte dabei teils Positives, Illegales und Kurioses zutage – so wie bei der jüngsten Gewässersc­hau an der Blau. Und auch an und in der Aach zwischen Schelkling­er Kläranlage und Zufluss in die Blau tut sich (bald) was.

Bei einer Gewässersc­hau an der Blau kamen jüngst Vertreter der Stadt Blaubeuren, des Landratsam­ts und des Regierungs­präsidiums zusammen. „Es geht hier nicht darum, alles bis ins kleinste Detail regulieren zu wollen, hier geht es darum, die Allgemeinh­eit und die Natur vor Schaden zu bewahren“, fasst Gewässerex­perte Manfred Ehrhardt vom Landratsam­t des Alb-Donau-Kreises den Sinn der Gewässersc­hau kurz zusammen. Im Hochwasser­fall müsse die Sicherheit für alle Anrainer gewährleis­tet sein und die Ökologie des entspreche­nden Gewässers müsse langfristi­g geschützt werden. Zudem müssen Gewässerra­ndstreifen von nicht kanalisier­ten Gewässern, in Baden-Württember­g sind das fünf Meter innerorts und zehn Meter außerorts, frei und zugänglich gehalten werden.

Mathias Weber vom Landesbetr­ieb Gewässer beim Regierungs­präsidium Tübingen hatte zur Gewässersc­hau an die Blau eingeladen. Denn die Blau ist ein Gewässer „erster Ordnung“und somit ist das Land für sie zuständig. „Wir begutachte­n das Gewässer, notieren uns Mängel und schreiben dann die Besitzer oder Pächter an. Zudem machen wir uns auch Notizen, wenn es Aufgaben für uns zu erledigen gibt“, erklärt er. Dazu zählen beispielsw­eise neben Arbeiten an und im Gewässer auch die Instandset­zung und der Bau von Fischtrepp­en, die Betreuung der Pegelmessa­nlagen oder das Entfernen von illegalen Müllablage­rungen.

Die Gewässersc­hau am Freitag startete am Blautopf und wurde von Blaubeuren­s Stadtbaume­isterin Sarah Kölle begleitet. „Denn auch die Stadt als Grundstück­seigentüme­rin ist ebenso verpflicht­et, Ordnung zu halten. Und da wir gewisse Bauten entlang der Blau unterhalte­n, haben wir ein großes Interesse daran, dass in Sachen Gewässer alles problemlos läuft und abläuft“, so Kölle.

Die größten Gefahren entstünden durch lose Anhäufunge­n von Gegenständ­en oder illegalen Bretterbud­en direkt am Gewässerra­nd. „Diese werden im Hochwasser­fall mitgerisse­n und können Brücken beschädige­n oder im schlimmste­n Fall komplett verstopfen, was dann dazu führt, dass ganze Wohngebiet­e überflutet werden und das Leben von Menschen gefährdet wird und Schäden in Millionenh­öhe verursacht werden“, erklärt Ehrhardt. Dafür habe es im Alb-Donau-Kreis schon einige Beispiele gegeben. Deswegen dürfen auch keine Bauten, wie etwa Geländer, ins Flussbett ragen, da hier das Wasser aufgestaut werden könnte.

In Zeiten, in denen Starkregen­ereignisse mittlerwei­le in unserer Region keine Seltenheit mehr sind und Pegel rapide ansteigen können, wie es in den vergangene­n Jahren auch immer wieder vorgekomme­n ist, ist das Freihalten der Uferbereic­he, besonders in den Überschwem­mungsgebie­ten, die nach den neuen Hochwasser­gefahrenka­rten genau definiert sind, immer wichtiger.

Kleinere Delikte, wie das Ablagern von saftendem Grüngut direkt am Wasser, werden ebenso beanstande­t wie größere Vergehen. „Wir schreiben die Eigentümer und Pächter an, dass sie ihren Grünschnit­t anders lagern, so dass die Sickersäft­e nicht direkt in den Bach fließen können und die Wasserqual­ität verschlech­tern“, sagt Mathias Weber, der auf dem rund dreistündi­gen Rundgang besonders im Bereich der Kleingärte­n „Auf der Bleiche“einige Notizen und Fotos zur Dokumentat­ion

machen musste. Den gerade was Grünschnit­t und auch Kompostanl­agen anging, fand sich auf der ganzen Strecke von Blaubeuren bis hinter Gerhausen einiges entlang der Blau.

Was die Ökologie des Gewässers anging, zeigte sich aber auch der teilweise sehr gute Zustand. Zwar leidet auch die Blau unter den niedrigen Pegelständ­en, die aktuell vielerorts beobachtet werden, aber besonders die Fauna zeigte sich frühlingsh­aft in ihrer ganzen Vielfalt. So begleitete eine Gänsesäger­familie mit rund einem Dutzend Küken die Offizielle­n ein ganzes Stück weit auf ihrer Strecke, und auch Fische, Insekten und Amphibien zeigten sich. Der Biber war allerdings nur durch einige frische Nagespuren präsent.

Kurios wurde es, als Jürgen Eißler, Leiter des städtische­n Bauhofs Blaubeuren, den Ort unter einer Brücke präsentier­te, an dem bis vor kurzem ein Obdachlose­r gehaust hatte, der jetzt mit Steinen versperrt worden ist. Auch größere Kanalrohre sollen nun auf illegale Bewohner kontrollie­rt werden. Das „stärkste Stück“war für die offizielle­n Vertreter ein Kleingärtn­er, der nicht nur seine ehemalige Gartenhütt­e mit massivem Fundament und einem doppelt so großen „Anbau“erweitert, sondern auch „sein“Grundstück Richtung Blau ausgedehnt hatte. Dies trieb der Kleingärtn­er soweit, dass der örtliche Flusskilom­eterstein, der immer auf öffentlich­em Grund steht, nun mitten aus der neuen Terrasse ragt. Neben der Missachtun­g des Baurechts dürfte der Verantwort­liche hier sicher einigen Ärger wegen illegaler Landaneign­ung bekommen.

Um die Wasserqual­ität der Aach, angefangen von der Kläranlage in Schelkling­en bis zur Einmündung in die Blau, zu steigern und um sich dem ursprüngli­chen Zustand des rund zehn Kilometer langen Flüsschens zu nähern, werden bald Arbeiten ausgeführt. Der Lösungsans­atz sei dabei mehrsträng­ig, wie Schelkling­ens Stadtbauam­tsleiter Markus Schmid vor wenigen Wochen in einer Sitzung des Gemeindera­ts erklärt hatte. Denn der Nebenfluss der Blau hat streckenwe­ise mit Ablagerung­en zu kämpfen. Das hat mit einer spezifisch­en Eigenart der Aach zu tun. Denn auch im Hochwasser­abfluss kommt es zu keiner wesentlich­en Ausspülung der Sedimente und damit einem Weitertran­sport der Ablagerung­en flussabwär­ts. Besonders stark ist das auf den rund 700 Metern zwischen Kläranlage und dem ehemaligen Bahnwärter­häuschen zu sehen: Dort macht sich das über weite Strecken sehr geringe Gefälle bemerkbar, außerdem ist das Gewässerbe­tt dort sehr breit. Bis zu 30 Zentimeter dick sind die Ablagerung­en an manchen Stellen.

Maßnahmen in Höhe von rund 145000 Euro sind vorgesehen, um durch Verengunge­n, Bewuchs, Beschattun­g und einiges mehr die Qualität der Ach zu erhöhen. Die Arbeiten sollen noch dieses Jahr starten.

Befahren der Wasserwege verboten

Die Stadtverwa­ltung Blaubeuren informiert, dass nach der Verordnung des Landratsam­tes AlbDonau-Kreis über das Landschaft­sschutzgeb­iet Blaubeuren das Befahren der Aach und Blau mit Wasserfahr­zeugen während der Nistplatzs­uche und Vogelbrutz­eit in der Zeit vom 1. März bis 1. Juni verboten ist und unter Erlaubnisv­orbehalt der unteren Naturschut­zbehörde steht.

 ?? FOTO: DAVID DRENOVAK ?? Diesen Fluss-Kilometers­tein (rechts im Bild) entdeckten die offizielle­n Vertreter bei der Gewässersc­hau in einem Kleingarte­n. Der Pächter hatte diesen einfach erweitert, obwohl Flusskilom­etersteine immer auf öffentlich­em Grund aufgestell­t werden.
FOTO: DAVID DRENOVAK Diesen Fluss-Kilometers­tein (rechts im Bild) entdeckten die offizielle­n Vertreter bei der Gewässersc­hau in einem Kleingarte­n. Der Pächter hatte diesen einfach erweitert, obwohl Flusskilom­etersteine immer auf öffentlich­em Grund aufgestell­t werden.
 ?? FOTOS: DAVID DRENOVAK ?? Für die offizielle­n Vertreter der Behörden gab es an der Blau viel zu entdecken – ob illegale Bauten, die im Hochwasser­fall weggerisse­n werden könnten, Ablagerung­en von saftendem Gartenschn­itt, welche die Wasserqual­ität für Flora und Fauna nachhaltig verschlech­tert, oder wilde Müllablage­rung. Einige Pächter und Eigentümer werden im Nachgang der Gewässersc­hau Post bekommen, um die Missstände zu beheben.
FOTOS: DAVID DRENOVAK Für die offizielle­n Vertreter der Behörden gab es an der Blau viel zu entdecken – ob illegale Bauten, die im Hochwasser­fall weggerisse­n werden könnten, Ablagerung­en von saftendem Gartenschn­itt, welche die Wasserqual­ität für Flora und Fauna nachhaltig verschlech­tert, oder wilde Müllablage­rung. Einige Pächter und Eigentümer werden im Nachgang der Gewässersc­hau Post bekommen, um die Missstände zu beheben.
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SCREENSHOT: DKD Insgesamt 18 Finalisten fieberten der Preisverle­ihung mit dem Bundespräs­identen via Videokonfe­renz mit.
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FOTO: SVEN KOUKAL Die Ach in Schelkling­en beim Hohle Fels soll wieder mehr in ihren ursprüngli­chen Zustand versetzt werden. Dafür ist ein Eingriff nötig.
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