Kritik am Ulmer Nato-Kommando
Aktivisten protestieren vor Kaserne gegen Beteiligung an Manöver und nehmen Rüstungsfirmen in den Blick
ULM (sz) - Bunter Protest mit Bannern und Musik vor der Ulmer Wilhelmsburgkaserne: Aktivisten haben am Wochenende in Ulm ihren Unmut über die Beteiligung des Ulmer Bundeswehr-Kommandos an einer NatoÜbung kundgetan. Außerdem erinnerten sie an den 100. Geburtstag Sophie Scholls und forderten, den 8. Mai (Nazi-Deutschland kapitulierte 1945 bedingungslos) zum gesetzlichen Feiertag zu machen.
Immer wieder seien ein paar überraschte Spaziergänger stehen geblieben und hätten zugehört. Am Samstag hielt die Gruppe „Lebenslaute“vor der Wilhelmsburgkaserne eine öffentliche Probe für ihre spätere Konzert-Aktion ab. In der Kaserne ist unter anderem das JSEC (Joint Support and Enabling Command) beheimatet. Dieses beteiligt sich an der größten Militärübung seit Jahren, „Steadfast Defender 2021“, bei der die Nato in den kommenden Wochen vor allem im südosteuropäischen Raum Präsenz und Stärke zeigen will. Das JSEC ist seit 2018 in der Wilhelmsburg-Kaserne aufgebaut worden und soll im Ernstfall vor allem die Zuführung der Nato-Verstärkungskräfte in einen operativen Einsatzraum sicherstellen. An dem Manöver nimmt Ulm in virtueller Form teil.
Die Aktivisten kritisieren dies. Das Ulmer JSEC sei „ein entscheidendes Logistik-Zentrum für Verlegung und Transport von Infanterie und gepanzerten Einheiten des Manövers“. Und das „im 80. Jahr des Überfalls von Nazi-Deutschland auf die Sowjetunion“. Dabei habe es doch nach Ende des Zweiten Weltkriegs geheißen: „Nie wieder Krieg von deutschem Boden aus.“
In der am Montag verbreiteten Pressemitteilung erinnern die Aktivisten
auch an den früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker, der festgestellt hatte: „Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung. Er hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.“Forderung der Aktivisten: Dass dieser Tag, der 8. Mai, zu einem gesetzlich verankerten Feiertag in Deutschland wird.
In diesem Sinne veranstalteten die Gruppen „Lebenslaute“und „Friedensbewegt Ulm“am Samstag dann die Konzert-Aktion auf dem Hans-und-Sophie-Scholl-Platz in
Ulm. Ungefähr 100 friedensbewegte Menschen „lauschten gebannt den verschiedenen Redebeiträgen und der Musik“.
Gleichzeitig wurde Sophie Scholl („Weiße Rose“) gedacht, die am Sonntag 100 Jahre alt geworden wäre. Lothar Heusohn schilderte nicht nur das Leben Scholls und das Wirken der „Weißen Rose“, sondern welche Auswirkungen die Bewegung auf Ulm hatte. So gründete Inge AicherScholl, die „große Schwester“, im April 1946 „im Geiste der Gemordeten“, wie es wörtlich hieß, die Ulmer Volkshochschule. In und mit dieser VHS sei die „Einmischung“von Bürgerinnen und Bürgern zu einem zentralen Kriterium von Demokratie erklärt worden. „Bildung sollte Menschen befähigen, als mündige und verantwortungsbewusste Bürger zu handeln.“
In einem Redebeitrag zeigte Christa Mayerhofer schließlich „die erschreckende Ansammlung“von Rüstungsfirmen in und um Ulm auf. Es folgte ein Aufruf an all diese Firmen, „Frieden zu schaffen und ihre Produktion von Rüstungsgütern auf zivile Produktion umzustellen“.