Autokraten-Pädagogik
Wenn die Welt aus den Fugen gerät, weil miesepetrige Machtmenschen nicht anerkennen wollen, dass nicht allein ihr Bauchbutzel der Nabel der Welt ist, dann muss ihnen die Weltgemeinschaft zeigen, dass es so nicht geht. In der Diplomatie hat sich dafür der Begriff „Sanktion“durchgesetzt. Wobei durchsetzen nicht das richtige Wort ist. Denn der Erfolg von Sanktionen, mit denen sich wirklich etwas durchsetzen lässt, ist äußerst überschaubar. Die Herren Lukaschenko und Putin sind dafür aktuelle Beispiele.
Sanktionierung – also Strafe im weiteren Sinne – ist nur noch im internationalen Staatsgebaren verbreitet, in der modernen Pädagogik indes zunehmend verpönt. Wenn zum Beispiel der kleine Jean-Claude seiner Schwester Jaqueline eins mit dem Regenschirm überbrät, dann tadeln verständige Mütter den Knirps nicht, sondern forschen nach der Ursache in der Biografie, die zu derlei Gewaltausbruch geführt haben mag. Das als menschenunwürdig geltende In-die Ecke-Stellen oder gar das OhneAbendbrot-aufs-Zimmer-Schicken kommt freilich nicht mehr infrage.
Im Fall von Alexander Lukaschenko wäre diese Art der Sanktion sowieso zwecklos, weil die Ecke erst noch erfunden werden muss, die für das unerschütterliche Ego des Diktators groß genug ist. Wladimir Putin – bekannt als hemdloser Reiter in der Taiga – wäre mit Abendbrotentzug wahrscheinlich auch nicht in die Knie zu zwingen. Bleibt nur die Kuschelpädagogik und abzuwarten, wie Jaqueline, Wladimir, Alexander und Jean-Claude sich damit entwickeln. Einen Versuch ist es wert. (nyf)