Auch das Ausnutzen von Lücken ist verwerflich
Der Fall ist noch nicht ausgestanden. Denn der Angeklagte will wohl in die nächste Instanz. Das ist sein gutes Recht. Offen- bar herrscht die Meinung vor, man habe sich rechtskonform verhalten. Ein von den Angeklagten immer wieder zu hörendes Argument: Die Lücken im Steuerrecht habe es gegeben – da könne man den Angeklagten doch nicht vorwerfen, sie auch genutzt zu haben. Doch, das kann man. Denn wie anders als eine dreiste und betrügerische Aneignung fremden Geldes soll man es verstehen, wenn jemand sich Steuern auf ein und das gleiche Geschäft doppelt oder sogar mehrfach rückerstatten lässt? Wie anders als organisierte Kriminalität soll man es nennen, wenn sich dazu mehrere Beteiligte absprechen und konzertiert agieren? Dabei wurden sie in vielen Fällen übrigens von fachkundigen Anwälten beraten, deren Branchenkollegen nun Verteidigungsreden vor Gericht halten. Man kann als Steuerzahler, der einsieht, dass Steuern für das Gemeinwesen notwendig sind, nur angewidert den Kopf schütteln. Deswegen ist es gut, dass diese Kriminellen nun vor Gericht landen. Und je nach Ausmaß ihrer kriminellen Geschäfte ist es auch gut zu sehen, dass so etwas mit Gefängnisstrafen geahndet wird. Viel Vertrauen ist bereits verloren gegangen, als die Cum-Ex-Geschäfte ans Licht der Öffentlichkeit kamen und man sich fragen musste, wie so etwas unbemerkt geschehen konnte. Angesichts dieser Tatsache stellt das Urteil wieder etwas Vertrauen her. Wer willentlich und organisiert Steuern hinterzieht, begibt sich außerhalb der Gesellschaft. Dem Angeklagten steht nun in Aussicht, darüber fünfeinhalb Jahre nachdenken zu können – außerhalb der übrigen Gesellschaft.