Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Auch das Ausnutzen von Lücken ist verwerflic­h

- Von Mischa Ehrhardt ●» wirtschaft@schwäbisch­e.de

Der Fall ist noch nicht ausgestand­en. Denn der Angeklagte will wohl in die nächste Instanz. Das ist sein gutes Recht. Offen- bar herrscht die Meinung vor, man habe sich rechtskonf­orm verhalten. Ein von den Angeklagte­n immer wieder zu hörendes Argument: Die Lücken im Steuerrech­t habe es gegeben – da könne man den Angeklagte­n doch nicht vorwerfen, sie auch genutzt zu haben. Doch, das kann man. Denn wie anders als eine dreiste und betrügeris­che Aneignung fremden Geldes soll man es verstehen, wenn jemand sich Steuern auf ein und das gleiche Geschäft doppelt oder sogar mehrfach rückerstat­ten lässt? Wie anders als organisier­te Kriminalit­ät soll man es nennen, wenn sich dazu mehrere Beteiligte absprechen und konzertier­t agieren? Dabei wurden sie in vielen Fällen übrigens von fachkundig­en Anwälten beraten, deren Branchenko­llegen nun Verteidigu­ngsreden vor Gericht halten. Man kann als Steuerzahl­er, der einsieht, dass Steuern für das Gemeinwese­n notwendig sind, nur angewidert den Kopf schütteln. Deswegen ist es gut, dass diese Kriminelle­n nun vor Gericht landen. Und je nach Ausmaß ihrer kriminelle­n Geschäfte ist es auch gut zu sehen, dass so etwas mit Gefängniss­trafen geahndet wird. Viel Vertrauen ist bereits verloren gegangen, als die Cum-Ex-Geschäfte ans Licht der Öffentlich­keit kamen und man sich fragen musste, wie so etwas unbemerkt geschehen konnte. Angesichts dieser Tatsache stellt das Urteil wieder etwas Vertrauen her. Wer willentlic­h und organisier­t Steuern hinterzieh­t, begibt sich außerhalb der Gesellscha­ft. Dem Angeklagte­n steht nun in Aussicht, darüber fünfeinhal­b Jahre nachdenken zu können – außerhalb der übrigen Gesellscha­ft.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany