Für negativen Corona-Test gibt’s einen Gutschein
Wie Unternehmen sicherstellen, dass es nach den Pfingstferien keine Infektionen in den Werkshallen gibt
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RAVENSBURG - Millionengewinne oder Kreuzfahrten – über Aussichten wie diese freuen sich US-Bürger, wenn sie sich gegen das Coronavirus impfen lassen. Damit schafft der Staat Anreize. Ein Konzept, das sich der Friedrichshafener Motorenbauer Rolls-Royce Power Systems (RRPS) abgeschaut hat und abgewandelt umsetzt: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die freiwillig nach dem Urlaub einen negativen CoronaTest vorzeigen, bekommen Gutscheine und möglicherweise Urlaub.
„Das sind Anreize, um bei der Freiwilligkeit nachzuhelfen“, sagt Wolfgang Boller. Als Pressesprecher gehört er zu den wenigen Mitarbeitern des Friedrichshafener Unternehmens, die in der Woche nach Pfingsten arbeiten. Denn fast alle anderen Angestellten haben während der Betriebsruhe frei.
Vor wenigen Wochen noch hätten die RRPS-Mitarbeiter diese Tage in der Regel wohl hauptsächlich zu Hause verbracht, doch angesichts sinkender Sieben-Tage-Inzidenzen und damit einhergehender Lockerungen ist in diesen Pfingtsferien seit Langem wieder mehr möglich: Reisen – sogar ins Ausland, Ausflüge in Freizeitsparks, Besuche bei Freunden und Verwandten. Das sind Möglichkeiten, die vor allem Familien in diesen Tagen nutzen.
Zurück in die Werkshallen bei RRPS kommen dann alle zur selben Zeit. Bei dem Motorenbauer betrifft das 5500 Mitarbeiter, die nicht im Homeoffice arbeiten. Für das Unternehmen am Bodensee war klar: Das erhöht die Gefahr für eine Ansteckung. Deshalb bekommt jeder Mitarbeiter, der nach dem Urlaub einen negativen PCR- oder Schnelltest vorlegt, einen Zehn-Euro-Einkaufsgutschein und hat die Chance auf einen Tag Sonderurlaub. Verlost wird der an drei Mitarbeiter. „Wie viele Mitarbeiter das Angebot annehmen, können wir jetzt noch nicht abschätzen“, sagt der Sprecher. „Aber wir gehen davon aus, dass es einige sind.“
Bärbel Mauch, Regionsgeschäftsführerin beim Deutschen Gewerkschaftsbund in Ulm, findet die Idee gut, ist aber für eine einfache Umsetzung zugunsten der Angestellten. Ein
Angebot, wie RRPS es macht, müsse damit verbunden sein, dass Angestellte sich an einer Station direkt bei der Arbeit testen lassen können. Außerdem müsse geregelt sein, dass die Arbeitnehmer den Gutschein nicht noch versteuern müssen. Sie glaubt, dass die Angestellten die neu gewonnenen Freiheiten jetzt nicht aufs Spiel setzen und sich weiter auch ohne Anreize an Regelungen halten.
Auf „Vertrauen statt Kontrolle“setzen andere Unternehmen, wie der Pharmadienstleister Vetter aus Ravensburg. „Wir haben unsere Mitarbeiter in den vergangenen Monaten so erlebt, dass sie nach bestem Wissen und Gewissen handeln, auch in der Urlaubszeit“, sagt ein Sprecher. Um die Mitarbeiter dennoch zu motivieren, habe Vetter im November vergangenen Jahres einen Bonus gezahlt und Gutscheine verteilt. Denn:
Testen ist und bleibt freiwillig. Zwar müssen die Unternehmen ihren Mitarbeitern Schnelltests zur Verfügung stellen, eine Pflicht, diese durchzuführen, gibt es aber nicht.
Bei Technologiekonzern Zeiss as Aalen-Oberkochen können Urlaubsrückkehrer keine extra Anreize erwarten. Gleiches gilt für den Medizintechnikspezialisten Aesculap aus Tuttlingen, den Baumaschinenhändler Zeppelin und den Autozulieferer ZF in Friedrichshafen. Die Aussagen sind überall die gleichen: Man halte sich an die Vorgaben des RobertKoch-Instituts (RKI), was Quarantäne und Testpflicht betrifft. Die Regeln des RKI besagen, dass Arbeitnehmer, die in einem Risikogebiet oder einem Hochinzidenzgebiet waren, nach dem Urlaub in Quarantäne müssen. Mittlerweile gibt es aber viele Ausnahmen. Wer geimpft oder genesen ist, ist davon in den meisten Fällen befreit.
Arbeitgeber gehen mit diesen Regeln unterschiedlich um. Beim Automobilhersteller Daimler müssen „Mitarbeiter uns über den Aufenthalt im Ausland nur dann informieren, wenn dieser Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis hat“, sagt eine Sprecherin. Sprich: Wer nicht in Quarantäne muss, weil er geimpft oder genesen ist, muss auch nichts von dem Urlaub im Risikogebiet sagen.
Bei RRPS Friedrichshafen hat man sich die Idee mit den Anreizen überlegt. Denn bisher galt die Regel: Mitarbeitern wurde der Werksausweis gesperrt, wenn sie fünf Tage oder länger im Urlaub waren. Erst, „wenn der Mitarbeiter versichert hat, sich nicht in einem Risikogebiet aufgehalten zu haben“, hatte er wieder Zugang, erklärt Wolfgang Boller. War er im Risikogebiet, musste er zwei Wochen in Quarantäne.
Wenn wie jetzt Geimpfte und Genese nicht mehr in Quaratäne müssen, sei die Regel nicht mehr zu halten, erläutert Boller. Denn, dass Mitarbeiter ihre Impfpässe RRPS vorlegen, ist aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht erlaubt. Mitarbeiter müssten „sensible Gesundheitsdaten transparent machen“, sagt Boller. „Das möchten wir aber vermeiden.“
Die Urlaubsaktion im Unternehmen sei einmalig. Welche Regelungen dann in Zukunft gelten, um Ansteckungen im Unternehmen zu vermeiden, weiß man bei Rolls-Royce noch nicht. Das hänge von der Pandemie-Lage und den Regelungen ab. Zunächst ginge es mal darum, die Mitarbeiter sicher aus der Betriebsruhe zurückzuholen.