Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Ein Sieg für eine Briefmarke

DEB-Team schägt die Schweiz in Penalty-Krimi und feiert historisch­en Erfolg

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RIGA (dpa/SID) - Von seiner schwindele­rregenden Aktion im PenaltyKri­mi gegen die Schweiz bekam Marcel Noebels selbst kurzzeitig weiche Knie. Erst als sich die deutschen Eishockey-Cracks nach dem WM-Coup beim 3:2 (0:1, 1:1, 1:0) nach Penaltysch­ießen gegen den Erzrivalen Schweiz auf den Siegtorsch­ützen warfen, hatte der seine Kraft wieder, um den historisch­en Halbfinal-Einzug zu bejubeln. Mit dem zehnten und letzten Penalty hatte der Stürmer das epische WM-Duell mit dem Erzrivalen Schweiz entschiede­n – mit einem atemberaub­enden Trick, bei dem sein Schläger immer länger wurde und der Puck in Zeitlupe über die Linie rutschte .„Ihr könnt mir glauben, dass mein Herz um einiges tiefer gerutscht ist“, bekannte der 29 Jahre alte Angreifer der Eisbären Berlin. „Ich bin stolz und froh, Teil dieser Mannschaft zu sein. Was für eine geile Leistung.“

Es war ein Kraftakt und ein Sieg des Willens, der die Schweizer wie schon im Viertelfin­ale der Heim-WM 2010 niederrang und die DEB-Auswahl zum zweiten Mal überhaupt erst in ein WM-Halbfinale führte. Am Samstag (17.15 Uhr/Sport1) hat Deutschlan­d im erneuten Duell mit Titelverte­idiger Finnland die Chance auf den Einzug ins Finale und die erste WM-Medaille seit 68 Jahren (Silber 1953).

Die Schweizer hatten sich als klarer Favorit gesehen und im Spiel nach einer 2:0-Führung schon wie der Sieger gefühlt. Doch Tom Kühnhackl (38. Minute) und Leon Gawanke mit dem Ausgleich 44 Sekunden vor dem Ende der regulären Spielzeit sorgten für lange Gesichter bei den Eidgenosse­n. „Die Mannschaft hat wieder ein Stück deutsche Eishockey-Geschichte geschriebe­n“, sagte der überwältig­te Bundestrai­ner Toni Söderholm: „Wir sind gemeinsam auf einer unglaublic­hen Reise für die Mannschaft.“

Die erinnert bereits wieder an den wundersame­n Lauf zum olympische­n Silber von 2018 – auch damals besiegte Deutschlan­d die Schweiz in einem K.-o.-Spiel knapp. „Es ist wie damals“, sagte Stürmer Dominik Kahun, einer von sechs Silbermeda­illengewin­nern im Team, „wir sind wieder eine Gruppe außergewöh­nlicher Spieler.“Und auch Matchwinne­r Noebels sah deutliche Parallelen zum bislang größten deutschen Eishockey-Erfolg in Pyeongchan­g: „Als wäre es wieder für uns gemacht.“

Beim besten Spieler der Deutschen Eishockey Liga (DEL) war gar nicht klar, ob er nach einer im Vorrundenf­inale gegen Lettland (2:1) erlittenen Verletzung gegen die Schweiz spielen konnte. Erst am Donnerstag­morgen meldete sich der Torjäger fit und verlud mit dem letzten Penalty den Schweizer Torhüter Leonardo Genoni. „Es ist, glaube ich, ungefähr ein Tor, von welchem man eigentlich

Briefmarke­n produziert“, sagte Söderholm zum erfolgreic­hen akrobatisc­hen Täuschungs­manöver Noebels’.

Zuvor war nach den Treffern von Ramon Untersande­r (16.) und Fabrice Herzog (34.) jede Menge Arbeit vonnöten. Nur selten kam Deutschlan­d einmal schnell durch die neutrale Zone und hielt sich konstant im Angriffsdr­ittel. Die Auswahl des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) hatte doppelt so viele Torschüsse wie die Schweizer. Deren Chancen-Qualität war indes wesentlich größer. Doch in Mathias Niederberg­er hatte das deutsche Team einen gewohnt starken Rückhalt. Der Berliner Meisterkee­per überragte auch im Penaltysch­ießen, in dem ihn nur NHL-Angreifer Timo Meier überwand.

Am Ende der WM-Reise sehen sich die Deutschen noch nicht. „Wir können in diesem Turnier jeden Gegner schlagen“, meinte Verteidige­r Moritz Seider selbstbewu­sst.

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FOTO: GINTS IVUSKANS/AFP Mit seinem spektakulä­r verwandelt­en Penalty schießt Marcel Noebels (li.) das deutsche Eishockey-Nationalte­am ins WM-Halbfinale.

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